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Als wir Roemer waren

Als wir Roemer waren

Titel: Als wir Roemer waren
Autoren: Matthew Kneale
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Weihnachten besucht, aber bloß zum Mittagessen, länger konnten wir nicht bleiben, weil wir so laut waren, dass
Tante Clarissa Kopfschmerzen gekriegt hat. Außerdem macht Mum sich immer Sorgen, dass Jemima Onkel Harrys alte Teller kaputtmacht, die an der Wand hängen wie Bilder und viel Geld gekostet haben. Aber Mum hat den Kopf geschüttelt und gesagt, »sie sind verreist, sie sind im Skiurlaub. « Ich dachte, »so ein Mist«, ich dachte, »irgendwo müssen wir doch hinkönnen«, aber es war nicht so einfach, weil Mum nicht viele Leute kennt, normalerweise sind wir immer nur zu Hause, wir drei. Ich dachte, »so schnell geb ich nicht auf, nachdem grade alles so gut läuft und wir das ganze Essen eingekauft haben.« Also sagte ich: »Können wir nicht nach Kew, zu Grandma und Grandpa?«
    Mum hat noch mal den Kopf geschüttelt und geblinzelt, sie sagte, »da würde er uns finden …« Aber dann hat sie auf einmal die Stirn gerunzelt, wie wenn ihr ein Gedanke gekommen ist, und gesagt, »es sei denn …« Das war schon besser, wenigstens sagte sie nicht gleich, »nein, das bringt nichts«, also hab ich gefragt, »es sei denn, was?« Und da hat sie es dann gesagt, sie sagte, »es sei denn, wir fahren ganz weit weg. Wo er uns niemals finden kann. Nach Rom zum Beispiel.« Und dabei hat sie geblinzelt, wie wenn sie es selbst nicht ganz glauben kann, und gesagt, »möglich wäre es. Wir haben noch unsere Reisepässe, von damals, als wir fast nach Frankreich gefahren wären.«
    Das war mal ganz was Neues, das war eine Riesenüberraschung. Mum hat uns manchmal was von Rom erzählt, wo sie vor vielen Jahren gewohnt hat, wie ich noch nicht auf der Welt war, und dass wir da mal irgendwann alle zusammen hinmüssen und uns die herrlichen Brunnen ansehen und das köstliche Essen probieren, aber ich hatte nie geglaubt, dass wir da wirklich mal hinkommen würden und dann so plötzlich. Und noch eine Überraschung war, dass Mum nicht mehr so besorgt ausgesehen hat, sie hat sogar ein kleines bisschen gelächelt, was gut war. Natürlich
wollte ich nicht, dass sie gleich wieder ein trauriges Gesicht macht, natürlich nicht, aber ich konnte nicht anders, es musste raus. Also sagte ich, »und was ist mit der Schule?« Weil nämlich das Schuljahr bald zu Ende war und wir noch Klassenarbeiten schreiben mussten und weil ich auch noch für Mr. Simmons, meinen Lieblingslehrer, ein Weltraumprojekt fertig kriegen musste. Aber es hat ihr nichts ausgemacht, was auch gut war, sie wurde doch nicht wieder traurig. Sie sagte, »wir nehmen deine Schulbücher einfach mit, dann kann ich mit dir für die Arbeiten üben und dir bei deinem Projekt helfen. Und es wäre ja auch nicht für lange, nur bis euer Dad wieder weg ist. Ich ruf in der Schule an und sag, dass du immer noch erkältet bist.«
    Ich dachte, »na dann, und wenn es nicht für lange ist. Ich kann mein Weltraumbuch mitnehmen, das ich von Onkel Harry und Tante Clarissa zu Weihnachten geschenkt gekriegt hab. Das kann ich für mein Projekt gut gebrauchen. « Ich dachte, »schade, dass ich Tania Hodgsons kleine Kätzchen nicht sehen kann«, aber dann dachte ich, »ich freu mich schon auf die schönen Brunnen.« Bevor ich sonst noch irgendwas denken konnte, flog mit einem Knall die Tür auf, und Jemima kam rein und sagte, »Robot Wars ist zu Ende.« Wahrscheinlich hatte sie erraten, dass wir ohne sie was besprechen wollten, das sah man an ihrem Spitzelblick. Jede Wette, dass sie am Schlüsselloch gelauscht hatte und nichts hören konnte. Man darf Jemima nie aus den Augen lassen, weil sie immer überall ist. Mum hat so getan, wie wenn sie schon längst mit Jemima gerechnet hat, und in die Hände geklatscht, wie wenn sie eine große Überraschung für sie hat, und gesagt, »Jemima, wir haben dir etwas ganz, ganz Wichtiges zu sagen. Wir haben uns überlegt, dass wir wegfahren wollen.«
    Ich dachte, »ich muss Mum helfen«, also sagte ich, »ja, ist das nicht aufregend? Wir fahren nach Rom. Toll, was?« Ich
glaube eigentlich nicht, dass Jemima irgendwas von Rom wusste, aber sie hat ihr Mondkalbgesicht gemacht, wie wenn sie ganz genau Bescheid weiß, und sie hat geklatscht und gerufen, »au ja, Rom Rom.«
    Und plötzlich war es ein richtiger, fertiger Plan. Mum hat sich so gefreut, sie hat gestrahlt und gestrahlt, was gut war, was wunderbar war, weil sie schon seit Wochen kaum noch gelächelt hatte, seit ich krank geworden war und Dad heimlich aus Schottland runtergekommen ist. Irgendwie ist es so richtig
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