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Als wir Roemer waren

Als wir Roemer waren

Titel: Als wir Roemer waren
Autoren: Matthew Kneale
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ich, es würde Stunden dauern. Am anderen Ende waren wir in Frankreich, Mum hat gesagt, da bin ich schon mal gewesen, aber das ist schon viele Jahre her, und ich kann mich wahrscheinlich nicht mehr daran erinnern. Konnte ich auch nicht. Wir haben angehalten und Mittag gegessen, ich hatte Hähnchen mit Pommes, das war echt lecker, und Mum hat gesagt, »wisst ihr was? Als ich in Rom gelebt hab, hätte ich fast in einem Film mitgespielt.« Das wusste ich natürlich längst, das hatte sie uns schon ganz oft erzählt. Sie hat einen Mann kennengelernt, der einen Film gedreht hat über eine Frau, die im Krieg auf einer Insel wohnt, und er wollte, dass Mum da drin mitspielt. Sie sollte eine andere Frau spielen, die in einem Boot sitzt und
winkt, aber sie konnte nicht, weil sie da gerade mit Dad wieder nach England ziehen wollte, sie hat ihn nämlich in Rom kennengelernt, und ich hab gesagt, »ja, Mum, das hast du mir schon erzählt.«
    Dann sind wir ewig lange auf der französischen Autobahn gefahren, wir haben an einer Tankstelle was zu Abend gegessen, und danach bin ich eingeschlafen und hab geträumt, dass ich ins Kino gehe und Mum in dem Film über die Insel im Krieg sehe, wir haben einen großen Zaun gebaut, damit auf die Insel keiner draufkann, und sie hatte ihr Handy dabei, damit sie uns warnen kann, wenn er auftaucht, deswegen konnte uns gar nichts passieren. Wie ich aufgewacht bin, war es dunkel, und wir waren immer noch auf der Autobahn, und da hab ich mir aus dem Fenster Frankreich angeguckt, wo alles anders war, die Häuser hatten andere Dächer und Fenster, und sogar die Schrift auf den Schildern war anders, mit komischen Strichen oben auf den Buchstaben. Ich dachte, »soll ich Mum sagen, dass ich aufgewacht bin?«, aber dann dachte ich, »nein, lieber nicht, ich bleib lieber heimlich wach.« Und deswegen hab ich kein Wort gesagt. Ich hab mir den Himmel angeguckt, und es gab Sterne, und ich hab mir eine schwarze Stelle in der Mitte ausgesucht und gedacht, »bist du das, Großer Attraktor?« Jemima war im Land der Träume, Mum ist gefahren. Hermann hat in seinem Rad rumgetrappelt, und der Automotor hat gebrummt, aber sonst war alles ganz ruhig. Und das war echt ein schönes Gefühl, nur wir drei, wie wir mit unserem Auto in Frankreich durch die Nacht gefahren sind.
    Später bin ich aufgewacht, der Wagen stand, und Mum hat mich gerüttelt und gesagt, »komm, Lawrence, komm, Jemima, hier übernachten wir.« Es war ein Hotel mit großen Fenstern wie in der Stadtbücherei, und ich war so müde, dass ich am liebsten sitzen geblieben wär, und Jemima war
auch müde, sie sagte, »ich will wieder nach Hause.« Aber schließlich sind wir doch reingegangen. Und dann war es komisch, weil ich vor lauter Müdigkeit nicht einschlafen konnte. Ich lag im Bett und hab zugehört, wie Mum atmet, ich hab zu den Vorhängen rübergeguckt, und wenn ein Auto vorbeigefahren ist, hat sich das Licht an den Rändern bewegt, wie Augen, die hin und her rollen, und ich hab mir Sorgen gemacht wegen Hermanns Haustierpass. Ich dachte, »und wenn uns der Mann von der Passkontrolle anhält und sagt, nein, er muss hier in Frankreich bleiben, gebt ihn bei einer Zoohandlung ab.«
    Dann bin ich wieder aufgewacht, und alles war besser. Es wurde schon hell, und Mum war schon angezogen, und sie sagte, »kommt, Lesongfong, wir wollen früh los.« Also sind wir wieder ins Auto gestiegen und auf die Autobahn gefahren, bis zu einer riesengroßen Tankstelle, da haben wir gefrühstückt, es gab Kroassongs. Und plötzlich hatte ich gar keine so große Angst mehr um Hermann, ich dachte, »Mum ist echt klug, sie weiß alles. Das mit dem Haustierpass stimmt bestimmt.«
     
    Der Weltraum ist so groß. Wir sind im Sonnensystem, das besteht aus Erde, Mars, Venus usw. usw. Das Sonnensystem ist in einer Galaxie, die heißt Milchstraße und ist riesig, da sind fünfzig Milliarden Sterne drin, und von einem Ende bis zum anderen sind es hunderttausend Lichtjahre. Das heißt, wenn man mit Lichtgeschwindigkeit fliegt, was aber nicht geht, weil kein Raumschiff so schnell fliegen kann, sondern bloß das Licht, braucht man hunderttausend Jahre, um einmal quer durchzukommen. Mum sagt, vor hunderttausend Jahren haben die Menschen noch in Höhlen gelebt.
    Aber eigentlich ist unsere Galaxie winzig. Die Wissenschaftler sagen, im Weltall gibt es hundert Milliarden Galaxien. Wenn man also am Rand vom Universum steht
und nach unserer Galaxie sucht, kann man sie gar nicht finden, sie
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