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Als wir Roemer waren

Als wir Roemer waren

Titel: Als wir Roemer waren
Autoren: Matthew Kneale
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die Sonne schien, der Himmel war blau, und die ganzen Büsche und Bäume und Blumen und Häuser hatten total schöne Farben, dass man sich vorkam wie in einem Zeichentrickfilm. Und auf einmal hat Mum ganz laut gelacht, und das war ein Gefühl, wie wenn sie singt, und sie hat gesagt, »hurra hurra, wir sind in Italien.« Das war komisch, ein paar Minuten sind wir an einem großen See langgefahren, und da waren Bäume mit schlappen Blättern, die bestimmt den Dinosauriern geschmeckt hätten, und wir haben immer wieder gerufen, »hurra hurra, wir sind in Italien.«
    Dann waren die Berge zu Ende, und alles war so platt wie ein Bügelbrett, bis Mum nach vorne gezeigt und gesagt hat, »guckt mal da vorne, eine Kirmes.« Und ich hab das Riesenrad gesehen. Ich dachte, »eine Kirmes wäre klasse, aber Mum hats eilig, wir fahren bestimmt vorbei.« Aber das war ein Irrtum. Mum sagte, »habt ihr Lust?« Manchmal ist sie so, dann hat man richtig Spaß mit ihr, wie auf einer Party. Also sind wir runter von der Autobahn, haben die Maut bezahlt, was man in Frankreich und Italien nämlich machen muss, und geparkt. Dann hab ich Angst gekriegt und gesagt, »und was ist mit Hermann, wir können ihn doch nicht
einfach dalassen«, aber Mum hat gesagt, »keine Bange, dem passiert schon nichts, Lawrence, wir schließen ab.« Ich war nicht ganz überzeugt, ich dachte, »Mum ist klug«, und ich hab genau aufgepasst, ob sie auch wirklich nicht vergisst, das Auto abzuschließen, aber die kleinen Knubbeldinger sind runtergegangen, und ich dachte, »hoffentlich kommt er klar.«
    Zuerst sind wir Riesenrad gefahren, und von da oben konnte ich den Parkplatz sehen, aber die Autos sahen alle gleich aus, sie waren ganz klein, und ich wusste nicht, welches unseres war. Und außerdem dachte ich, »keine Ahnung, was ich machen soll, wenn ich einen Dieb sehe, ich stecke hier oben fest, ich kann nicht runter.« Jemima hat angefangen zu heulen und gesagt, »ich mag das nicht, es ist zu hoch«, aber Mum hat gesagt, »sei nicht albern, Lamikin«, und dann hat sie was Komisches gemacht, sie hat Jemimas Hände genommen und ist mit ihr so irgendwie hin und her getanzt, bis sie aufgehört hat zu weinen und gelacht hat. Aber ich fand dieses Rumgetanze gar nicht schön, weil dadurch alles so geschaukelt hat, und ich dachte, »und wenn es nun abbricht?« Aber Mum hat gemerkt, dass ich Angst hab, und hat auch mit mir hin und her getanzt, und obwohl ich immer noch Schiss hatte, war es auch lustig. Ich hab ein bisschen gelacht, und abgebrochen ist auch nichts, und dann ging es wieder runter.
    Hinterher sind wir Karussell gefahren. Jemima wollte ihr eigenes Pferd haben, und ich dachte mir, »super, dann kann ich mit Mum fahren«, aber dann hat sie es sich mal wieder anders überlegt, die alte Nervensäge. Dann sind wir an die Wurfbude gegangen, aber Jemima hat überhaupt nichts getroffen, und da hab ich zu Mum gesagt, »der würd ich keine Bälle kaufen. Das Geld kannst du dir sparen.« Aber das Beste an der Kirmes war, dass Mum Italienisch gesprochen hat. Erst mit dem Kartenverkäufer vom Riesenrad,
dann mit der Karussellfrau und dann mit dem Mann von der Wurfbude, und sie haben auch geantwortet, wie wenn Mum jeden Tag Italienisch sprechen würde. Jemima hat so gestaunt, dass sie ihr blödes Mondkalbgesicht aufgesetzt hat, und ich hab auch gestaunt. Echt ein komischer Gedanke, dass Mum dieses Italienisch die ganze Zeit mit sich rumgetragen hat, wie ein Geheimnis.
    Wie wir wieder beim Auto waren, ging es Hermann gut, genau wie Mum gesagt hat, keiner hatte ihn geklaut, und ich hab ihm frisches Wasser und ein paar Nüsse gegeben. Dann sind wir weitergefahren, und Jemima und ich haben zwischen den Taschen auf Hermanns Käfig ein Loch gemacht und ein komisches Spiel erfunden. Ich hab an ihren Händen gezogen und sie an meinen, und dann haben wir plötzlich losgelassen und gerufen, »Hilfe, Hilfe, ich falle.« Jemima ist eine Nervensäge, ein blödes Kleinkind, aber manchmal ist sie auch in Ordnung. Nach dem Mittagessen hat Mum gesagt, »es ist noch ziemlich früh, sollen wir bis in die Tosskana durchfahren?« Ehrlich gesagt, hatte ich noch nie was von dieser Tosskana gehört, aber jetzt fand ich alles aufregend, ich weiß auch nicht wieso, und Jemima und ich haben geschrien, »au ja, hurra hurra, wir fahren in die Tosskana.« Aber es hat ewig gedauert, viele, viele Stunden, und es wurde schon dunkel, wie Mum gesagt hat, »guckt mal da, das Schild, wir sind in der Tosskana«,
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