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Als wir Roemer waren

Als wir Roemer waren

Titel: Als wir Roemer waren
Autoren: Matthew Kneale
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ausgekippt hatte, vielleicht war es eine davon. Aber das Seltsame war, dass Mum nicht geantwortet hat, kein Wort. Ich dachte, »vielleicht ist sie im Badezimmer«, aber dann hab ich sie unter der Bettdecke liegen sehen und gedacht, »das ist komisch.« Jemimas Stimme wurde irgendwie quietschig, und sie hat gesagt, »Mummy, was hast du?«, und da bin ich aufgestanden und hab nachgeguckt, was los war. Das war komisch, das war schrecklich, weil, ich stand genau vor Mum, ich hab sie richtig angeguckt und gesagt, »was hast du, Mum?«, aber es war so, wie wenn sie mich nicht sieht, wie wenn ihre Augen gar nicht richtig angeschaltet sind, wie wenn sie überhaupt nichts erkennen können.
    Ich wusste, wie Mum aussieht, wenn sie sich Sorgen macht, aber so wie hier hatte ich sie noch nie gesehen, das hier war schlimmer. Ich sagte, »aufstehen, Mum. Willst du denn kein Frühstück?« Aber sie hat ganz, ganz leise gesprochen, ich konnte sie fast nicht hören, nicht viel lauter, wie wenn sie gähnt, und sie sagte, »ich glaube, ich bleibe hier, Lawrence, ich bin ein bisschen müde.« Ich sagte, »das geht doch nicht, Mum. Wir müssen doch nach Rom.« Aber sie hat nichts gesagt, lag bloß da im Bett und hat mit den Augen an die Decke geguckt. Ich hab ganz schnell geatmet, und Jemimas Lippen fingen an zu zittern, wie wenn sie gleich losplärrt, und sie hat gesagt, »was hat Mummy denn?«, und ich wusste nicht, was ich machen soll. Ich dachte, »aber wir müssen doch frühstücken«, ich dachte,
»ich weiß nicht, wo es Frühstück gibt, ohne Mum können wir nicht gehen«, und plötzlich war mir auch zum Weinen. Aber dann ist mir was eingefallen, wie wenn es eine ganz neue Idee wäre, ich dachte nämlich, »ich darf mich jetzt nicht auch noch aufregen, sonst ist gar keiner mehr übrig.« Ich dachte, »ich probiers einfach noch mal, und diesmal tu ich so, wie wenns ein Spiel ist«, und ich hab zu Jemima gesagt, »los, Jems, holen wir sie aus dem Bett«, und ich hab angefangen, Mum an den Füßen zu kitzeln. Davon musste Jemima lachen, und dann hat sie Mum an den Schultern gekitzelt und sie sogar ein bisschen an den Haaren gezogen, wir sagten, »los, Mum, komm, wir müssen frühstücken.« Aber es hat immer noch nicht geholfen, was schade war, sie hat uns bloß weggeschoben und sich umgedreht und ihr Gesicht festgehalten, wie wenn sie Kopfschmerzen hat.
    Danach sah Jemima wieder ganz verzweifelt aus, und ich hab mir was anderes einfallen lassen. Ich hab sie ganz ernst angeguckt und sie gefragt, »was meinst du, Jemima, was sollen wir jetzt machen?« Ich wollte nicht, dass sie heult, aber ich wollte auch wissen, was sie dazu meint. Jemima ist ja zwar fast noch ein Kleinkind, aber manchmal weiß sie trotzdem was. Das hat funktioniert, sie hat mich auch ganz ernst angesehen und überhaupt nicht geheult und gesagt, »ich finde, wenn sie will, soll sie im Bett bleiben, dann gehts ihr bestimmt bald wieder besser.«
    Und weil ich inzwischen einen Riesenhunger hatte, hab ich mich angezogen und bin nach unten gegangen, und zum Glück konnte die Giraffenfrau Englisch, wenn Mum nicht Italienisch geredet hat, und sie hat gesagt, natürlich können wir auf unserem Zimmer frühstücken. Sie hat uns ein Tablett gebracht und Mum ganz lange angeguckt, wie wenn sie sich Sorgen macht, und es war echt lecker, obwohl Mum fast nichts gegessen hat, nur ein Plätzchen und davon auch bloß die Hälfte, und Jemima hat Schwarze
Johannisbeermarmelade aufs Laken gekleckert, die Flecken kriegt man nie wieder raus. Wie wir fertig waren, hab ichs noch mal versucht und gesagt, »okay, Mum, jetzt haben wir gefrühstückt, jetzt können wir nach Rom fahren«, aber sie hat nichts gesagt, bloß die Augen zugemacht. Die Frau kam rauf und hat das Tablett geholt, ich glaube, sie hat Jemimas Johannisbeerflecken nicht gesehen, was ein Glück war, sie hat Mum angeguckt und gesagt, »Sie brauchen einen Arzt«, aber Mum hat was auf Italienisch geantwortet, und da ist sie wieder gegangen.
    Später hat sie uns Suppe gebracht, zum Mittagessen, die war wirklich lecker. Am Nachmittag war ich nett zu Jemima, sie durfte mir helfen, Hermanns Käfig und seinen Wassernapf sauber zu machen. Hinterher hab ich mein Weltraumbuch gelesen und ein Bild von Mum gemalt, wie sie im Bett liegt. Mrs. Pierce sagt, ich bin sehr gut in Kunst, und Mr. Simmons sagt, meine Handschrift ist ganz hervorragend.
    Jemima hat mit ihrem Puppenhaus gespielt, ich habs ihr aus dem Auto geholt, aber sie war sehr laut,
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