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Als wir Roemer waren

Als wir Roemer waren

Titel: Als wir Roemer waren
Autoren: Matthew Kneale
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ein bisschen gelacht und gesagt, »tja, jetzt kann er uns verdammt noch mal auch nicht mehr aufhalten,
jetzt sind wir fast da.« Und dann haben wir gemerkt, dass es überhaupt nicht der Motor war, sondern Jemima, die mit einem Stift gespielt hat. Keine Ahnung, woher sie den hatte, sie darf nämlich eigentlich keine Stifte haben, weil sie immer alles vollmalt, Narrenhände eben, und sie hat mit dem Stift gegen die Tür gehauen.
    Die Zahlen auf den Schildern waren runter auf 56, wie Jemima gesagt hat, »Mummy, Mummy, ich muss Pipi.« Ich hab zu Mum gesagt, sie soll einfach weiterfahren, wir wären doch sowieso bald da, ich hab gesagt, »sag ihr, sie soll einfach in die Hose machen, du kannst ihr Handtuch in eine Plastiktüte stecken«, aber Mum hat gesagt, nein, wir müssen anhalten, also sind wir bei der nächsten Tankstelle runtergefahren, die hieß Autogrill und ging quer über die Autobahn drüber, wie eine Brücke. Nachdem Jemima Pipi gemacht hatte, haben wir alle Hunger gekriegt, deswegen haben wir Pizza mit Schinken und Käse gegessen, die war echt lecker, und dann hat Mum gesagt, »ich ruf mal lieber Franssien an«, das war ihre Freundin aus Rom von früher, wo ich noch nicht auf der Welt war.
    Also haben wir eine Telefonkarte gekauft, man musste die eine Ecke abbrechen, damit man sie benutzen kann, und dann sind wir zum Telefon gegangen. Wir mussten warten, bis ein Mann fertig war, und Mum sagte, »Himmel, ich hab schon so lange nicht mehr mit ihr geredet, womöglich ist sie umgezogen.« Aber sie war noch da, ein Glück. Mum fing an zu reden, mal in Englisch, mal auf Italienisch, und dann hat sie angefangen zu weinen, aber ich dachte, »diesmal nicht vor Traurigkeit, sondern vor Glück, ihre Augen sehen anders aus.« Und ich hatte tatsächlich recht, weil, wie sie fertig war, ist sie in die Hocke gegangen und hat Jemima und mich ganz feste gedrückt und gesagt, »es tut mir wirklich leid, dass ich bei dem Agriturismo so mies drauf war, Lesongfong, ich weiß wirklich nicht, was mit mir los war,
aber jetzt wird alles wieder gut, das verspreche ich euch, alles wird prima.«
    Dann ist was Schlimmes passiert. Wir sind runter zum Wagen gegangen und eingestiegen, aber wie Mum losfahren wollte, ist er nicht angesprungen, er hat nicht das kleinste Geräusch gemacht. Sie hats probiert und probiert, aber da kam immer noch nichts, und dann hat sie angefangen, sich Sorgen zu machen. Ich dachte, »o nein, nicht schon wieder, nicht jetzt, wo grade alles wieder gut wird.« Sie hat sich am Arm gekratzt und sich das Gesicht gerubbelt und gesagt, »o Gott, das ist eine Katastrophe. Ich hab Franssien gesagt, dass wir um sieben da sind, und es ist noch so weit.«
    Plötzlich hatte ich keine Angst mehr, bloß noch Wut. Nach allem, was ich für uns getan hatte, das Auto packen, uns bis hierher bringen, Mum im Agriturismo aus dem Bett holen und dann so was. Ich dachte, »kommt gar nicht in Frage, dass jetzt alles schiefgeht, wo wir doch fast schon da sind«, das war einfach nicht fair, ich dachte, »verdammt verdammt, das darf nicht sein.« Also hab ich mich losgeschnallt und die Tür aufgemacht, und obwohl Mum mich festhalten wollte und gesagt hat, »wo willst du denn hin?«, war ich zu schnell für sie, ich sagte, »keine Bange, Mum, lass mich nur machen.« Ich bin rüber zu den tankenden Autos gelaufen, Mum hat gerufen, aber sie konnte nicht hinter mir her, weil sie immer Angst hat, Jemima alleine im Auto zu lassen, falls sie jemand mitnimmt, obwohl ich mir das echt nicht vorstellen kann, wer will denn so eine blöde Heulsuse klauen?
    Ich kann natürlich kein Italienisch, da hab ichs eben auf Englisch gemacht. Ich hab gesagt, »Entschuldigung, würden Sie uns bitte helfen? Unser Auto springt nicht an.« Der erste Mann hat nur gelächelt und ist weitergefahren, der zweite auch, das war eine Frau, und der dritte hat mir ein kleines Geldstück gegeben, das war braun, das war eine
Überraschung, und ich habs eingesteckt. Der vierte hatte einen Schnurrbart und wollte grade in einen Laster steigen, auf dem ein großes Käsebild drauf war, darum dachte ich schon, der fährt auch weg, aber er hat sichs überlegt und ist wieder runtergeklettert. Er hat was auf Italienisch gesagt, was ich nicht verstanden hab, deswegen hab ich bloß zum Auto rübergezeigt, wo Mum gewunken und gewunken hat. Er hieß Ugo und war ein Nilpferd, weil er ziemlich dick war mit ganz dicken Armen, aber leise, er hat fast kein Wort gesagt, und er hatte ein kleines
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