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Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)

Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)

Titel: Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
Autoren: Unheilig
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mein Instrument kaputt machen könnte. Aber ich klatschte aus reiner Höflichkeit ein wenig mit.
    In den folgenden Wochen und Monaten konnte ich schon bald gute Fortschritte erkennen. Ich lernte beidhändig zu spielen und wurde auch immer schneller. Allerdings hasste ich die Musik, die ich spielen sollte. Deutsches Liedgut der guten alten Schule. Im Grunde genau die Lieder, die wir in der Grundschule aus der sogenannten Mundorgel , einem Liederbuch, schon singen mussten. Ich lernte brav die Standards, spielte aber – wann immer ich mit dem Üben fertig war – meine eigenen Melodien und Stücke.
    Ich hatte damit angefangen, Melodien und Rhythmen in meinen Gedanken zu hören und dann versucht, diese auf der Orgel zu klimpern. Auch wenn ich einen Film gesehen hatte, spielte ich die Musik nach, die noch lange in meinem Kopf herumschwirrte, und lernte so für mich deutlich mehr als nur schnöde Fingerfertigkeit und braves Orgelspielen. Besonders Western-Filme von Sergio Leone hatten es mir angetan. Die liefen zu jener Zeit ständig im Fernsehen – in der Hauptrolle meistens Clint Eastwood und die Musik von Ennio Morricone. Das war meine Welt – nicht jedoch die der Mundorgel .
    Im Laufe der Zeit hatte ich immer häufiger das Interesse verloren, die Dinge zu üben, die mir der Orgellehrer beibrachte, denn im Grunde war ich mir selbst der bessere Lehrer geworden. Und so kam es nach etwa zwei Jahren zur Trennung. Keine Marschmusik und keine Volkslieder mehr! Wozu nach Noten spielen, wenn ich die Melodien doch in meinem Kopf hörte und sie nur nachspielen musste? Mein Lehrer hatte mir eine Menge beigebracht – das weiß ich bis heute sehr zu schätzen, aber es war Zeit geworden, meine eigenen Wege zu gehen.
    Ich hatte es genossen, Musik zu machen, und ich fand es einfach nur schön, wenn meine Familie mir dabei zuhörte. Ich musste nicht sprechen, konnte mich aber trotzdem ausdrücken – und die Menschen hörten mir zu. Ich fing in jenen Jahren an, mich in die Musik und die Melodien, die ich jeden Tag für mich neu entdeckte, zu verlieben, und wollte unbedingt noch mehr.
    Das allerdings konnte auf meiner Heimorgel nicht länger funktionieren. Was Sounds, Rhythmen und Töne anging, war dieses Instrument mittlerweile viel zu langweilig geworden. Überdies hatte ich derart viele Melodien und Lieder ausgedacht, die ich jedoch nicht aufnehmen konnte.
    Dummerweise hatten meine Eltern die Orgel in der Zwischenzeit gekauft und nun wollte ich sie nicht mehr haben. Ich hatte davon gehört, dass es Synthesizer und Drumcomputer geben würde, und genau so etwas musste es nun auch für mich sein. Mein Gejammere und Wehklagen müssen herzzerreißend und vor allem zermürbend gewesen sein, denn nach einiger Zeit wurde die Orgel tatsächlich verkauft und von dem Geld ein Synthesizer, ein Drumcomputer und ein kleines Mischpult angeschafft. Der nächste Schritt in eine neue Welt. In meine Welt …
    Alles war kleiner und cooler als die große Orgel. Ich konnte plötzlich Gitarre, Klavier, Streicher, Bass und Instrumente, die ich bis dahin zum Teil noch gar nicht kannte, einstellen und spielen. Nachdem ich alles angeschlossen und gelernt hatte, den Synthie zu programmieren, entstand mein erstes Lied, das ich einspielen, programmieren und am Ende dann auf Kassette aufnehmen konnte. Den Song habe ich glücklicherweise heute noch, da ich zu einem späteren Zeitpunkt alle meine alten Lieder einmal digital überspielt habe.
    Der Titel war ambitioniert: »Success«.
    Die Musik machte von diesem Moment an alle anderen Hobbys für mich unmöglich. Es gab nur noch eines: Ich schrieb Lieder, machte Musik und nahm alles auf Kassetten auf. Die Zeichnerei geriet immer mehr in Vergessenheit und auch der Sport spielte von da an zunächst keine große Rolle mehr. In jeder freien Minute saß ich nur noch vor meiner Anlage und beschäftigte mich mit Sounds und Melodien. Neben meinen eigenen Instrumentalkreationen hatte ich auch damit begonnen, bekannte Musikstücke nachzuspielen und sie so zu programmieren, dass meine Musik fast wie die Originale klang. Ich wollte spielen wie die richtigen Musiker …
    An der Wand meines Kinderzimmers hingen Rocky- Poster. Mein Held. Zu jener Zeit kamen die ersten Videorekorder auf den Markt und es herrschte ein Glaubenskrieg zwischen den Systemen. VHS oder Video 2000, das war die große Frage. Mein Vater setzte auf Video 2000 und musste sich am Ende geschlagen geben. Aber nur, was die Filme-Auswahl in den Videotheken
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