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Als die schwarzen Feen kamen

Als die schwarzen Feen kamen

Titel: Als die schwarzen Feen kamen
Autoren: A Beer
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wollte den Vorwurf in der Finsternis seiner leeren Augenhöhlen nicht sehen. Es war ein letzter, verzweifelter Schritt. Und sie würde ihn gehen, egal was der Maskierte davon hielt. Für ihn– und auch für sich selbst.
    Suchend wandte sie den Kopf, versuchte in den dichten Schwaden die Feen zu entdecken, aber vergeblich. Doch sie waren da. Lea konnte es spüren.
    » Erzählt mir davon!«, rief sie mit fester Stimme.
    Und der Nebel füllte sich mit Licht.

Erstes Kapitel: Schneewalzer
    Die Mädchen am Tresen lachten und redeten.
    In irgendeiner Tasche in der Umkleidekabine klingelte ein Handy. Am anderen Ende der Theke klirrten Gläser, und ein Verschluss löste sich zischend vom Hals einer Colaflasche. Im Saal spielte noch Musik. Theresa ließ sich dort drin von Johannes Rumba beibringen. Und draußen vor dem Fenster schneite es. Seit Stunden schon fielen dicke Flocken vom Himmel und hüllten ganz Hamburg in einen kalten weißen Pelz.
    Marie starrte gedankenverloren in das grau-weiße Gestöber. Egal, wie laut es ist, dachte sie. Der Schnee macht alles still.
    Mit einem leisen Seufzer stützte sie das Kinn in die Hand und sah durch die Glastür den Tänzern zu. Theresa war jetzt schon fast zwanzig Minuten im Tanzsaal und schien Marie nicht besonders zu vermissen. Ziemlich lang, wenn man bedachte, dass Marie selbst nur hier war, weil Theresa sie bei ihrer neuesten Leidenschaft unbedingt hatte dabeihaben wollen.
    » Ich habe beschlossen, dass Tanzen mir im Blut liegt«, hatte sie gesagt und Marie mit ihren großen, braunen Rehaugen angesehen. Um Verständnis bettelnd, aber gleichzeitig wild entschlossen. » Du musst mir dabei helfen, ja?«
    Marie kannte Theresa schon seit dem Kindergarten und sie wusste genau: Wenn ihre Freundin sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann war sie davon nicht mehr abzubringen. Durch nichts auf der Welt, auch durch Marie nicht. Und obwohl Marie selbst Tanzkurse schrecklich fand und nach einigen Tanzstunden erwiesenermaßen keinerlei Talent dafür besaß, war sie nach einer Weile guten Zuredens mitgegangen. Sie hatte es sogar geschafft, sich irgendwie darauf zu freuen. Es war ein bisschen wie Karneval: Für zwei Stunden ließ sie ihre vertrauten Kapuzenpullis und Baggypants im Schrank und zog sich Klamotten an, in denen sie sich sonst niemals in die Öffentlichkeit gewagt hätte. Blusen und figurbetonte Tops, Röcke und hochhackige Schuhe– so etwas war Theresas Stil, nicht Maries, und sie würde sich niemals wirklich wohlfühlen in so einer Aufmachung. Aber wenn sie damit ihrer besten Freundin eine Freude machen konnte, dann würde sie sich eben auch mal als Prinzessin verkleiden. Immerhin war Dienstag Theresas und ihr Tag, seit Jahren schon, und daran würde auch ein Tanzkurs nichts ändern. Hatte Marie gedacht.
    Doch zu diesem Zeitpunkt hatte sie natürlich noch nicht gewusst, dass Theresa gleich am ersten Kurstag auf Johannes treffen würde. Johannes, der Turniertänzer. Johannes, der immer direkt nach dem Anfängerkurs mit seiner Partnerin zum Training in die Tanzschule kam. Einundzwanzig war er schon, sechs Jahre älter als Marie und Theresa. Und er war in festen Händen, denen seiner Partnerin Kathrin nämlich. Aber das hielt Theresa nicht im Geringsten davon ab, sich Hals über Kopf in ihn zu verlieben. Und so hatte Theresa, nachdem ihre Bemühungen, sich » das Tanzen ins Blut zu prügeln«, die ersten Früchte trugen, gleich den nächsten unumstößlichen Entschluss gefasst: Sie würde sich wenigstens mit Johannes anfreunden. Natürlich hatte Marie sie dazu ermutigt, wie es sich für eine beste Freundin gehörte. Aber in Wirklichkeit…
    In diesem Moment wurde die Tür zum Tanzsaal schwungvoll aufgestoßen und Theresa kam mit leuchtenden Augen und geröteten Wangen an die Theke gestürmt.
    » Na, wie geht’s?« Sie griff nach Maries Apfelschorle und trank einen gierigen Schluck.
    Marie zuckte unbeteiligt die Schultern und hob eine Augenbraue. Diese lässige Geste hatte sie vor zwei Jahren immer wieder vor dem Spiegel geübt, als sie durch einen Psychotest in einer Zeitschrift herausgefunden hatte, dass sie › Die coole Unnahbare ‹ war. Mittlerweile fand sie solche Psychotests albern, aber die Geste war ihr so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie sie meist nicht einmal mehr bemerkte. Davon abgesehen war sie sehr hilfreich, wenn Marie nicht wollte, dass jemand ihre wahren Gefühle bemerkte– so wie jetzt. Natürlich würde sie sich nicht darüber beschweren, allein
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