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Als die schwarzen Feen kamen

Als die schwarzen Feen kamen

Titel: Als die schwarzen Feen kamen
Autoren: A Beer
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die Erinnerung an sie übrig blieb. Nur noch das Wissen, dass es sie einmal gegeben hatte, steckte wie ein scharfkantiger Splitter in Leas Bewusstsein. Und obwohl es ihr wehtat, klammerte sie sich mit aller Kraft an diesem Splitter fest.
    Der Maskierte musste bei ihr bleiben! Auch wenn er seinen Namen und sein Gesicht bereits dem Nebel geopfert hatte– sie musste einen Weg finden, ihn zu retten, bevor es endgültig zu spät war.
    In diesem Augenblick wurde der Griff der Finger an ihrer Schulter plötzlich fester, grub sich durch den Mantel in Leas Haut. Alarmiert wandte sie sich um. Der Maskierte war neben ihr zu einer reglosen Silhouette erstarrt, wachsam und angespannt, den Kopf lauschend zur Seite geneigt. Seine rechte Hand lag auf dem Griff seines Schwertes, bereit, sie zu verteidigen.
    Und im nächsten Moment hörte Lea es auch: Das Rascheln zarter Flügel, jedes für sich so fein, dass es für menschliche Ohren nicht wahrnehmbar war. Und doch war die Luft nun von einem singenden Rauschen erfüllt, das sich in Kopf und Ohren festsetzte, bis für nichts anderes mehr Raum darin blieb. Übelkeit drückte Leas Kehle zusammen, und Gänsehaut kroch über ihre Arme. Sie wusste, wer sich dort näherte. Und instinktiv wusste sie auch, dass sie sie heute mehr denn je fürchten musste. Sie kamen in einem dichten Schwarm, wie eine schimmernde Wolke riesiger schwarzer Schmetterlinge, jede so groß wie eine Männerhand, und ließen sich auf den Fenstersimsen und Giebeln der nahen Häuser nieder. Die hauchdünnen Flügel vibrierten.
    Feen. Es mussten Hunderte sein.
    Lea rückte einen Schritt näher an den Maskierten heran. Es war nicht das erste Mal, dass sie die Schwarzen Feen sah. Aber noch nie waren sie so nah gekommen. Und noch nie waren es so viele gewesen. Normalerweise huschten sie allenfalls kurz durch das Blickfeld, hielten sich von allem Lebenden fern und näherten sich nur den Geistern. Doch jetzt waren sie hier. Unzählige schwarz glänzende Augen beobachteten Lea und ihren Beschützer– die letzten lebenden Menschen in der Obsidianstadt.
    Unwillkürlich beschattete Lea ihr Gesicht mit der Hand. Die Feen waren von einem weißlich blauen Licht umgeben, das von den Nebelschwaden um ein Vielfaches verstärkt zurückgeworfen wurde.
    » Was wollt ihr von uns?« Ihre Stimme kippte und brach im singenden Flügelrauschen, das langsam an ihren Nerven zu zerren begann, bis sie sich am liebsten die Finger in die Ohren gesteckt und laut geschrien hätte, um es zu übertönen.
    Sie hatte es kaum ausgesprochen, als eine der Feen wie ein schwarzer Blitz vorschoss und nach Leas Haaren griff. Erschrocken keuchte sie auf und wollte nach dem Wesen schlagen– da spürte sie plötzlich die liebkosende Berührung winziger Hände an ihrer Wange.
    Keine Angst.
    Wie erstarrt hielt Lea in ihrer Bewegung inne. Eine Welle von Ekel überschwemmte sie, und nur mit Mühe konnte sie ein Würgen unterdrücken. Ein schwerer Geruch, süßlich und bitter zugleich, wehte ihr entgegen. Keine Stimme war zu hören, und doch konnte sie das Gesagte deutlich verstehen. Die Worte bebten im Schwirren der vielen hundert Feenflügel und drangen in jede Faser ihres Körpers.
    Du suchst einen Weg aus der Einsamkeit? Wir helfen.
    Lea wurde schwindelig. Ihr Herz stolperte, während es sich vergeblich bemühte, in seinen normalen Rhythmus zurückzufinden. Die Fee schwebte bewegungslos nur wenige Zentimeter von ihrer Nase entfernt. Lea konnte die spitzen Zähne in dem dunklen, faltigen Gesicht leuchten sehen, und die knorrigen, von ledriger Haut bedeckten Glieder. Die körperlose Stimme berührte etwas in ihr. Etwas Unangenehmes, ohne dass Lea es genauer hätte beschreiben können. Es griff nach ihr und lief kalt ihren Rücken hinab, dass sie sich am liebsten geschüttelt hätte. Wie von selbst ballte sich ihre Hand zur Faust. Sie durfte sich keine Angst machen lassen. Was auch immer die Feen wollten, wenn sie sich ihrer Furcht hingab, war sie ihnen ausgeliefert.
    » Was wisst ihr von meiner Einsamkeit?«
    Allein wirst du deinen Freund nicht vor dem Nebel retten. Wir helfen.
    Der Maskierte griff erneut nach ihrer Schulter, energischer diesmal, als ob er Lea zum Gehen bewegen wollte. Sein Schwert hatte er losgelassen. Es wäre ja doch nutzlos gegen diese schiere Übermacht.
    Schmutzig, dachte Lea plötzlich, ohne zu wissen, wie das Wort in ihren Kopf gelangt war. Die Feen fühlten sich schmutzig an.
    In diesem Moment verzerrte sich das Gesicht der Fee zu einem
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