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Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel

Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel

Titel: Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel
Autoren: Cornelia Funke
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Weihnachtsmann.«
    Auf einen Spazierstock gestützt humpelte Bens Vater herein. Die Krücke, die der Arzt ihm gegeben hatte, stand im Schrank. Er weigerte sich sie zu benutzen.
    »Reichlich voll!«, stellte er fest, als er den Weihnachtsbaum sah – und fing sich einen warnenden Blick von Bens Mutter ein.
    »Wie spät ist es?«, fragte sie.
    »Zwölf.«
    »Oje, so spät schon? Da hätte ich ja längst mit dem Kochen anfangen müssen.« Schwups, war sie in der Küche verschwunden.
    Zu Weihnachten kochte Bens Mutter immer »etwas Ausgefallenes«. Sein Vater liebte das, Ben nicht. Er mochte keine ausgefallenen Sachen, und er mochte es nicht, dass seine Mutter fast den ganzen Heiligabend in der Küche stand und er sich mit seinem Vater die Zeit vertreiben musste. Denn das konnte ziemlich anstrengend sein. Meist flüchtete Ben deshalb an den Weihnachtsnachmittagen zu Willi, aber der war immer noch beleidigt wegen Charlotte.
    Bens Vater ließ sich mit einem tiefen Seufzer auf dem Sofa nieder. »Wie wär’s mit einem kleinen Spielchen?«, fragte er.
    Die Frage hatte Ben befürchtet. Sein Vater mochte Spiele, aber nur ganz bestimmte, die mit den Fragekärtchen. Wissensspiele nannte er sie und er nahm sie sehr ernst. Bei jedem Kärtchen spitzte er genüsslich die Lippen, bevor er Ben die Frage stellte. Und kannte der die Antwort nicht, dann hatte das unweigerlich einen langen Vortrag zur Folge.
    Nein. Ben hatte keine Lust auf ein Spielchen.
    »Ich muss noch Geschenke einpacken«, sagte er.
    »Ach, die bringt nicht der Weihnachtsmann?«, fragte sein Vater. »Na ja, dann gib mir mal die Fernbedienung. Vielleicht gibt es ja ausnahmsweise was Interessantes.«
    Na ja, immer noch besser als Weihnachten auf Mallorca, dachte Ben und verzog sich auf sein Zimmer. Er setzte sich an den Schreibtisch vors Fenster, packte die Autozeitschrift für seinen Vater und das Kochbuch für seine Mutter ein und sah hinaus in den fallenden Schnee. Oh, Julebukk, dachte er, Julebukk, wann kommst du?
    Er zog Charlottes Geschenk aus der Hosentasche. Das Marzipan war zerdrückt, aber schmecken tat es immer noch. Und das Rentier sah wirklich ein bisschen wie Sternschnuppe aus. Ben setzte es unter den Strauß aus Tannenzweigen, den seine Mutter ihm auf den Schreibtisch gestellt hatte. Dann sah er wieder aus dem Fenster, hinaus auf den verschneiten Garten und die weißen Dächer. Aus der Küche drang Weihnachtsmusik herauf und Topfgeklapper.
    Das schlechteste Weihnachten ist es nicht, dachte Ben, aber ein bisschen besser könnte es schon noch werden.

Der Weihnachtsmann
    Es wurde dunkel und Julebukk kam nicht. Sie aßen sich durch drei Gänge Weihnachtsessen und Julebukk war noch nicht da. Sie machten sich an die Bescherung – und Julebukk kam immer noch nicht.
    »Gefallen dir deine Geschenke?«, fragte Bens Mutter und gab ihm einen Kuss. Sein Vater summte ein Weihnachtslied und guckte seine Autozeitschrift an.
    »Ja, ganz toll.« Ben schubste seine neuen Autos lustlos über den Teppich. Eins nach dem andern verschwand unter dem Sofa.
    »Obwohl der Weihnachtsmann sie nicht persönlich gebracht hat?«, fragte sein Vater und lachte. Ben hätte ihm am liebsten auf sein Gipsbein gehauen.
    »Irgendwie guckst du traurig«, sagte seine Mutter und sah ihn besorgt an. »Sollen wir zusammen einen schönen Schneespaziergang machen? Was meinst du?«
    Ben schüttelte den Kopf und drehte ihr den Rücken zu. Vielleicht kam Julebukk doch noch. Er musste einfach kommen. Sonst war ja alles umsonst gewesen, die Nussknacker und Wichteltod und das alles, alles umsonst.
    Bens Mutter stand auf, um das zerrissene Geschenkpapier einzusammeln. Sie fing immer gleich nach der Bescherung an aufzuräumen. Da klopfte es an der Haustür.
    Bens Eltern sahen sich an.
    »Ich mach auf!«, rief Ben, stolperte über seine Weihnachtsgeschenke und rannte zur Tür. Er kriegte kaum die Klinke runter, so zittrig war er.
    »Frohe Weihnachten, mein Junge«, rief Julebukk, schüttelte die große Glocke in seiner Hand und machte eine so tiefe Verbeugung, dass sein Wattebart die Fußmatte berührte.
    Ben lächelte. Er war so glücklich, so zum Platzen glücklich.
    »Lässt du mich rein?«, fragte Julebukk und zwinkerte ihm zu. »Auch ein Weihnachtsmann schneit nicht gerne ein.«
    »O ja, na klar.« Verlegen trat Ben zur Seite und ließ Julebukk herein.
    Er sah wunderbar aus, einfach wunderbar, mit seinem Wattebart und der roten Kapuze über dem dunklen Haar. Sogar seine Stiefel hatte er geputzt. Sein
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