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Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel

Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel

Titel: Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel
Autoren: Cornelia Funke
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Dezember kam und war ein wunderbarer Tag. Schon vor Sonnenaufgang fing es wieder an zu schneien. Als Ben zum Frühstück runterkam, zündete seine Mutter gerade ein paar Kerzen an und auf jedem Teller lag ein Schokoladenstern.
    »Frohe Weihnachten, Ben«, sagte sie.
    Sogar sein Vater brachte ein schiefes Lächeln zustande und hatte sich eine rote Schleife ums Gipsbein gebunden. Aus dem Radio kam Weihnachtsmusik.
    »Was meint ihr?« Bens Mutter nahm sich ein Brötchen. »Bescherung um vier? Nach dem Essen?«
    Ben runzelte die Stirn. »Vier ist zu früh.«
    »Wieso?«, fragte sein Vater. »Sonst kannst du es doch immer nicht abwarten.«
    Verlegen sah Ben auf seinen Teller. »Zu früh für den Weihnachtsmann, mein ich.«
    »Ach ja, den hatte ich völlig vergessen!« Sein Vater trommelte mit seinem kleinen Löffel auf der Tischkante herum. Vorsicht, hieß das. »Ben, ich finde, du solltest mit dem albernen Spielchen aufhören. Ich weiß, es ist ein verkorkstes Weihnachtsfest, aber mit so einem Kinderkram machst du es nicht besser.«
    Ben sagte nichts. Er bohrte den Finger in sein Brötchen und kniff die Lippen zusammen.
    »Ach, kommt«, sagte seine Mutter. »Es ist Weihnachten, also streitet euch nicht schon wieder, ja?«
    »Wir streiten uns gar nicht«, sagte Bens Vater. »Aber ich möchte wissen, warum er immer wieder mit diesem Weihnachtsmanngerede anfängt.«
    Es klingelte an der Haustür.
    »Geh schon«, sagte Ben.
    Vor der Tür stand Charlotte. Ihr Haar war voller Schneeflocken.
    Wutz stieß Ben freundschaftlich mit der Schnauze gegens Knie.
    »Frohe Weihnachten!«, sagte Charlotte und gab Ben mit verlegenem Lächeln ein Päckchen. »Kannst es ruhig schon auspacken.«
    »Danke!« Ben kraulte Wutz den dicken Kopf. Er war furchtbar verlegen, weil er kein Geschenk für Charlotte hatte.
    »Willst du deine Freundin nicht hereinbitten?«, fragte seine Mutter.
    »Danke, aber ich muss gleich zurück«, sagte Charlotte. »Wir müssen meine Tante noch vom Bahnhof abholen.«
    »Wie nett! Na dann, frohe Weihnachten!«, sagte Bens Mutter und verschwand wieder in der Küche.
    »Leider ist meine Tante kein bisschen nett!«, flüsterte Charlotte. »Was meinst du, wann kommt er?«
    Ben zuckte die Schultern. »Wenn’s dunkel wird.«
    »Oje!«, seufzte Charlotte. »Das ist noch lange hin, was? Nun pack schon aus. Ich muss los.«
    Ungeschickt fummelte Ben mit der Schleife herum. Als er das Papier auseinanderriss, fielen ein Marzipanbrot und ein kleines Plastikrentier heraus. Ans Geweih hatte Charlotte kleine Glöckchen gebunden.
    »Zur Erinnerung«, flüsterte sie Ben zu.
    »Danke«, murmelte Ben. »Ich mein …«
    »Schon gut«, sagte Charlotte. »Bis bald, ja? Und fröhliche Weihnachten.«
    »Fröhliche Weihnachten.« Ben sah ihr nach, als sie durch den Schnee davonstapfte. Sein Blick wanderte zu Julebukks Wagen.
    Nichts rührte sich dort. Nur der silbrige Rauch stieg immer noch in den Himmel.
    Scheußlich, diese Warterei, dachte Ben – und zuckte zusammen, als seine Mutter ihm auf die Schulter tippte.
    »Wo bist du denn mit deinen Gedanken? Nettes Mädchen. Aber jetzt Tür zu, es wird kalt.« Sie strich Ben durchs Haar und schob ihn ins Wohnzimmer. »Komm, wir schmücken den Baum.«
    Ben mochte den komischen kleinen Baum immer noch nicht besonders, aber mit jeder Kugel, die er auf die stachligen Zweige hängte, wurde ihm ein bisschen weihnachtlicher zumute. Sonst redete seine Mutter ihm immer dazwischen, wenn sie zusammen den Baum schmückten. »Nein, das ist zu viel Lametta!« oder »Die Kugel hängst du besser dahin, mein Schatz.« Aber heute ließ sie ihn einfach machen. Nur als Ben den dicken Weihnachtsmann, der genauso aussah wie Waldemar Wichteltod, einfach im Karton ließ, protestierte sie.
    »Aber den setzen wir doch immer auf die Spitze. Wieso magst du den plötzlich nicht mehr?«
    »Der, der …«, Ben hängte einen kleinen Holzengel an die Spitze, »der sieht nicht echt aus.«
    »Nicht echt?« Seine Mutter holte den Weihnachtsmann aus dem Karton und hielt ihn Ben unter die Nase. »Aber wie soll denn ein Weihnachtsmann sonst aussehen?«
    »Na, eben – anders«, sagte Ben.
    Seine Mutter schüttelte den Kopf. »Also, Ben, manchmal bist du wirklich etwas wunderlich«, murmelte sie, aber der Waldemar-Weihnachtsmann kam zurück in seine Schachtel.
    Als der Baum fertig war, legte sie Ben den Arm um die Schultern und drückte ihn an sich. »Schön!«, sagte sie. »Du wirst sehen, es wird ein schönes Weihnachten – auch ohne
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