Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman
Autoren: Raimund August
Vom Netzwerk:
besten gar nicht erst rein, weil dort irgendwo schon einer lauert und aufschreibt: Sebaldt hat das Kino vor Ende der Vorstellung verlassen. Dem mißfallen die Filme unserer sowjetischen Freunde. Sowas sammeln die in dicken Ordnern, die in Panzerschränken stecken.“
    Der Pfarrer nickte. „Das kann einem schon Angst machen. Andererseits“, gab er zu bedenken, „wollten die dir wahrscheinlich auch imponieren, dich einschüchtern mit ihrem Wissen en detail.“
    „Wahrscheinlich“, sagte Sebastian. „Wir wissen alles! So tönten die zu Anfang ständig. Dann dämmerte mir allmählich, woher die ihr Wissen hatten. Sie haben’s dann auch zugegeben.“ Dann sah er sich um. „Die kurze Zeit“, sagte er, „die wir hier noch zusammen sind, da will ich gar nicht erzählen wie das war in den Zellen und bei den Verhören. Ich hatte ja Schlimmes erwartet“, fuhr er fort und winkte ab, „aber lassen wir’s… Ich hab’s jedenfalls erstmal überstanden“, sagte er und wandte sich wieder dem Pfarrer zu. „Wie geht’s Ihnen, ich meine wegen der ganzen Aufregung hier?“
    „Es geht schon“, sagte der. „Man wird halt sehen…“
    Und Sebastian bemerkte den Anflug von Trauer und Besorgnis, der über des Pfarrers Gesicht ging. Herzgeschichten? Davon hatte man doch nichts bemerkt, ging es Sebastian durch den Kopf. Totila hat darüber auch nie was gesagt.
    Dann trat einer der Posten in den Raum. „Kommen Sie schon“, sagte er, „in zehn Minuten geht’s weiter.“
    „Was heißt hier weiter“, lästerte Sebastian halblaut, „wir wissen’s doch längst: Ich krieg’ zehn Jahre, du wahrscheinlich sechs oder sieben“, wandte er sich an Totila. „Und du“, sagte er zu Nehring und wiegte den Kopf, „ich denke, so ein Jahr werden die dir auf alle Fälle aufbrummen.“
    „Die Pause hat genau zwei Stunden gedauert“, warf Totila ein, „wenn die Uhr meines alten Herrn richtig geht“, setzte er hinzu.
    „War vielleicht auch gleich die Mittagspause fürs Gericht“, vermutete Nehring.
    „Mittag?“, fragte Sebastian. „Was hätten eigentlich wir essen sollen, wenn unsere Leute nichts mitgebracht hätten?“
    „Na nischt“, erwiderte Nehring. „Spion und Volksfeind und dann willste auch noch essen!“
    Die Angehörigen hatten den Warteraum bereits verlassen. Danach wurden die Angeklagten geholt. Hintereinander gingen sie, die Posten wieder zur Seite, den trübe beleuchteten Korridor entlang an gaffenden Menschen vorüber.
    Im Gerichtssaal saßen die Zuschauer bereits versammelt und starrten den einmarschierenden Delinquenten entgegen, wahrscheinlich froh, nicht selbst dort auf der Bank sitzen zu müssen, auf der die drei sich niedergelassen hatten.

    Wer weiß, wer hier schon alles gehockt hat, fuhr es Sebastian dabei durch den Kopf. Von seinem Platz aus ging sein Blick über den langen Tisch des Gerichts hinweg, der noch unbesetzt war, durch die hohen Rundbogenfenster hinaus auf ein von der Frühlingssonne beschienenes uraltes Ziegelgemäuer.
    „Das Hohe Gericht!“ ertönte da wieder der Ruf des Gerichtsdieners und alle im Saal erhoben sich.
    „Reinstes Schmierentheater“, murmelte Nehring in das Scharren und Schurren, das Rücken von Stühlen hinein. Die Richterin hatte mit den beiden Schöffen hinter dem langen Tisch Platz genommen.
    Totila grinste leicht und Sebastian nickte unauffällig.
    Dann ein erneutes Schurren und Stühlerücken und alles setzte sich.
    Die Staatsanwältin, beobachtete Sebastian, lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und blickte von dort aus gelangweilt in den voll besetzten Saal. Die weiß schon jetzt genau, daß ihre Anträge abgewandelt werden. Das haben wir wahrscheinlich der Kirche zu verdanken, sagte er sich.
    Dann sprach das Gericht in Gestalt dieser dunkel kostümierten „Volksrichterin“ dort vorn und verkündete den Ausschluß der Öffentlichkeit, „wegen Gefährdung der allgemeinen und öffentlichen Sicherheit.“
    Sebastian sah Totila an. Der verzog kurz den Mund und hob die Schultern. Wolfgang Nehring grinste breit, erst den beiden Freunden zu, dann in den Raum hinein.
    Der hat leicht lachen, sagte sich Sebastian. „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“, murmelte er. „Was sollen denn die Leute nicht hören?“
    Ihr Anwalt lehnte sich zurück und wandte sich dabei seinen Mandanten zu. „Der Ausschluß gilt nur für die Verhandlung“, sagte er, „die Urteilsverkündung ist wieder öffentlich.“
    „Das soll wohl abschreckend wirken“, meinte Sebastian.
    Der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher