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Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)

Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)

Titel: Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)
Autoren: Lisa Thomsen
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Zunder in der Dämmerung in einem grauen Tuchmantel das Haus verlassen und an den Häuserwänden entlangschleichen.
    Die Dirnen verzichteten darauf, die Frau zu beschimpfen; sie zogen es vor, ihre Fenster zu schließen, wenn Olga Zunder einmal vorbeikam und straften sie dadurch mit galliger Verachtung.
    Eines Morgens sah man Olga mit einigen Brettern, mit Hammer und Nägeln hantieren. Sie nagelte die Fenster im Untergeschoss des Hauses zu. Und seit jenem Abend brannte auch die Laterne vor der Tür des Hauses nicht mehr. Vor sich hinrostend, schaukelte sie müde im Wind, und das Quietschen der Eisenkette sang das Lied von Olgas Untergang, während drüben aus dem »Paradiesgärtchen« die Klänge des weißen Flügels von neuen Zeiten erzählten.
     
    *
     
    »Gehste mal für mich auffe Bank?«, fragte Frieda an jenem Morgen.
    »Ich - auffe Bank?«, erkundigte sich Franz erschrocken. »Wieso ich denn, Frieda?«
    »Ach Gottchen, weil ich nun mal keine Zeit habe«, sagte sie seufzend und zählte ihm auf, was sie noch alles zu erledigen hatte. Nein, sie gönnte sich kaum Ruhe. Von morgens bis wiederum in die frühen Morgenstunden hinein war sie auf Trab und dabei eigentlich immer bester Laune.
    »Das tu ich gar nicht gerne, Frieda. So von wegen dem Geld!«
    »Ja, meinste ich hätte kein Vertrauen zu dir?«, fragte sie. »Wo du doch so wat bist wie mein Mann«, setzte sie hinzu und gab ihm einen zärtlichen Stups. »Nee, Franz, mach dir mal keine Sorgen. Du hast mein Vertrauen schon verdient. Ich wüsste ja gar nicht, wat ich ohne dich anfangen sollte.«
    Er hatte direkt Tränen der Rührung in den Augen. Nein, seiner Meinung nach hatte er das Vertrauen nicht verdient. Sein Problem war jenes, dass er den Bahnhof seit Monaten nicht mehr betreten hatte. Er wohnte ja bei Frieda, die sich, so wie einst Olga, es unter dem Dach bequem gemacht hatte. Elli war in dem Haus zurückgeblieben und verdiente sich etwas als Platzanweiserin in einem Kino. Bisweilen besuchte sie die alte Freundin und bekam von ihr etwas zugesteckt.
    »Du sollst ja nur die Einnahmen vorbeibringen«, sagte Frieda nun zu Franz. »Du gibst dat einfach ab und unterschreibst. Mehr musste doch wirklich nicht machen. Geh, sei ein Schatz, Franzemännchen!«
    »Na gut«, gab er schließlich seufzend nach. »Aber ich will so mit deinem Geld nichts zu tun haben, Frieda.«
    Er hoffte inständig, auf dem Bahnhof würde ihm niemand über den Weg laufen. Unterwegs rechnete er sich aus, dass er ganz schnell über den Haupteingang hineingehen, zwischen den Säulen hindurchhuschen und den Schalterraum durch den Nebeneingang betreten würde. Und hoffentlich konnte er ungesehen diesen brisanten Ort auf gleichem Weg wieder verlassen ...
    Mit ganz weichen Knien betrat Franz die Bahnhofshalle und huschte, wie er es sich vorgenommen hatte, zwischen den Säulen hindurch. Aufatmend stand er schließlich in der Bank und erfüllte seinen Auftrag. Dann ging er hinaus. Er sah sich um. Alles fremde Gesichter.
    Plötzlich ergriff ihn eine Hand von hinten.
    »Na, Freundchen?«
    »Ka – Kalle!«, stotterte Franz Schulze. Er sah sich von etlichen zerlumpten Gestalten umringt. Sie rochen nach allem möglichen, jedoch nicht nach Alkohol. In diesem Zustand waren sie gefährlich. Sie waren wie Tiere. Langsam näherten sich die Leute aus der Subkultur des Bahnhofs.
    »Wie geht es dir denn, ha?«, erkundigte sich Kalle. »Haste sie abgesahnt, die olle Paluschke?«
    »Nee!«, sagte Franz und musste schlucken.
    »Nee?« fragte ein anderer. Sie nannten ihn Messer-Otto, und Franz wusste vom Hörensagen, dass dieser kleine Dicke sehr ungemütlich werden konnte, wenn man ihn reizte. »Und die feinen Klamotten? Die haste wohl bei die Heilsarmee gekriegt, ha? Und die goldene Uhr ist wohl vons Rote Kreuz, ha ...«
    »Ich ...«
    Weiter kam er nicht. Messer-Otto hatte zugeschlagen. Ein Blutfaden rann Franz aus dem Mundwinkel.
    »Angeschissen haste uns!«, knurrte Kalle wie ein bissiger Hund und rückte langsam näher. Sein Gesicht war wie weißgekalkt. Übergroß standen die schwarzen Augen darin.
    Franz blickte nach rechts und links.
    Die Reisenden strömten an ihnen vorüber, wichen ihnen aus und nahmen keine Notiz von diesen Vorgängen. Nein, damit wollte niemand etwas zu tun haben. Das war eine andere Welt.
    »Rück rüber mit die Kohle«, verlangte nun ein bullig gewachsener Kerl, der irgendwann zu diesem Haufen gestoßen sein musste. Sie kamen ja zusammen wie die herrenlosen Hunde und trennten sich
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