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Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)

Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)

Titel: Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)
Autoren: Lisa Thomsen
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mir!«, versuchte Olga zu verdeutlichen.
    »Bei dir? Du bist 'ne Kröte. Dat wissense alle«, wurde ihr geantwortet. Und mit Entsetzen registrierte sie, dass ihr der schlimme Ruf bereits vorausgeeilt war. Man erkannte sie, ohne sie eigentlich zu kennen. Wo immer sie entlangkam, verschwanden die Mädchen in Hauseingängen und Toreinfahrten und blieben so lange verborgen, bis Olga Zunder ihren traurigen Gang fortgesetzt hatte.
    Eine ging mit ihr. Sie hieß Alma Malinke, war achtundvierzig und ein hohlwangiges Geisterwesen. Ihre Beine waren so dünn, dass die Strümpfe Trauerfalten zogen. Zweifelsohne hatte Alma Malinke einst bessere Tage gesehen.
    Auf dem Rückweg fand sich eine weitere Frau. Sie nannte sich Puppchen. Ihr Alter war schwer schätzbar. Sie hatte einen massigen, trapezförmigen Körper, der in ein bonbonrosa Gewand gehüllt war. Im Gegensatz zu allem saß auf diesem unförmigen Körper ein Liliputanerkopf mit einem verschrumpelten, puppigen Gesicht, aus dem ein knallrot bemaltes Mündchen wie eine Erdbeere leuchtete. Puppchen hatte eine unangenehm hohe Stimme, sprach viel und sehr laut. Und Olga wagte keine Unterbrechungen, aus Furcht, diese wenig ruhmreichen Errungenschaften würden ihr auch noch weglaufen können.
    Einen Klavierspieler fand Olga nicht mehr. So wurde der Plattenspieler aus ihrer Wohnung nach unten geschleppt, eine wilde Auswahl an Schallplatten aus einem Gebrauchtwarenladen besorgt. So war Olga Zunder bemüht, den Bordellbetrieb provisorisch und krampfhaft aufrechtzuerhalten. Sie verminderte das Licht im Lokal; die ältlichen Dirnen wirkten nun nicht mehr so alt. Sie waren froh, den grellen Neonlichtern entronnen zu sein. Hier im schummrigen roten Licht der Weinstube sah man ihnen das Verbrauchte erst auf den dritten Blick hin an.
    Zufrieden war Olga Zunder nicht. Aber sie lernte das Schweigen, und wie heimlich kroch ihr die Reue in die Seele. Am späten Nachmittag des folgenden Tages kamen ein paar ältere Stammkunden, und Olga musste eine Menge Lügen erfinden, um den Verbleib von Mimi, Irmchen und Dora zu erklären.
    Mit Alma ging einer nach oben. Sein Gesicht war lang und enttäuscht, als er später zurückkehrte.
    »Die ist nix«, sagte er zu Olga. »Die liegt ja wie ein Brett und hat so viele Falten in ihren Busen.«
    »Dann nimm doch Puppchen«, riet Olga und versuchte, ihre Verzweiflung hinter einem Lächeln zu verstecken.
    »Wat will ich denn mit das dicke Trampolin?« fragte der Mann. »Ich zahl ja nun nicht viel. Aber so wat, nee, Olga. Da sind ja die Weiber von hinterm Bahndamm besser!«
    Olga wusste es. Aber was sollte sie tun? Gab es für sie überhaupt eine Rettung? An jenem Abend kam noch eine kräftige Frau in den hohen Dreißigern. Sie sah nicht so übel aus, und sie hatte auch gleich ein paar Kunden. Ihren Verdienst jedoch setzte sie bei Olga sogleich in Flüssiges um. Gegen Mitternacht plumpste sie vom Barhocker. Olga und das dicke Puppchen schleiften die betrunkene Meta in die Küche und schlossen die Tür hinter ihr.
    Nach einer weiteren Woche gingen die Geschäfte leidlich. Zu allem Elend hatte Olga die Preise ein wenig angehoben. So hoffte sie, den verringerten Kundenstrom kompensieren zu können. Doch das Gegenteil war die Folge; den zum Teil recht ärmlichen Kunden wurde die Weinstube zu teuer.
    Und eines Abends brannte zwei Häuser weiter die Neonreklame. Olga hatte es zufällig bemerkt. Mit offenem Mund stand sie da und gaffte hinüber.
    »Paradiesgärtchen«, stand in hübsch geschwungener, roter Schrift quer über der ganzen Fassade. Beidseits der eleganten Messingtür glühten vielversprechend rote Lampen und tauchten das Haus in romantisches Licht.
    »Wat ist denn dat?«, fiepste Puppchen.
    »Das Neue hat auf«, sagte Olga, und es klang wie ein Urteil.
    Meta schob sich heran. Sie war bereits wieder angetrunken. Doch hatte sie an diesem Abend erst einen Kunden gehabt, so dass sich ihr Zustand noch in Grenzen hielt.
    »Da liegt wat«, sagte sie und stieß mit der Fußspitze an ein Kuvert an der Eingangstür. Darin war ein Briefkastenschlitz eingelassen, durch den das Kuvert eingeworfen worden war.
    Ächzend bückte sich Olga, drehte das Kuvert in den Händen und zog schließlich die Klappe heraus.
    »Eine Einladung«, sagte sie. »Von denen da drüben. Kost nix, heute, steht gedruckt. Vonne Besitzer. Kein Name - nix!«
    »Da sollten wir hin«, riet Meta und dachte an das Kostenlose.
    »Bei denen geh ich nicht hin!«, schnaubte Olga. »Und wennse mir den
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