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Alptraumland

Alptraumland

Titel: Alptraumland
Autoren: Horst Ronald M. und Pukallus Hahn
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auch ganz allgemein.
    LOVECRAFT: Bei unserer ersten Begegnung machte Mr. Ashton einen zurückhaltenden Eindruck auf mich, was aber, wie ich heute weiß, daran lag, daß er meiner Person übergroßen Respekt entgegenbrachte. Wie ich im späteren Verlauf des Abends erfuhr, war er ein literarischer Aspirant … das heißt, er hatte den Ehrgeiz, ein bekannter Schriftsteller zu werden. Er war damals als Texter in einem Reklame-Bureau tätig und schrieb in seiner Freizeit. Später dann …
    THORNHILL: Verzeihen Sie, wenn ich unterbreche, Mr. Lovecraft, aber worauf war der von Ihnen zitierte übergroße Respekt Mr. Ashtons vor Ihnen denn zurückzuführen?
    LOVECRAFT: Nun, Sir, wie Mr. Ashton mir später eingestand, als unsere Freundschaft sich vertiefte, hatte es damit zu tun, daß ich für ihn all das verkörperte, was zu sein er sich wünschte. Er wußte freilich nicht …
    THORNHILL: Ja?
    LOVECRAFT: … daß ich mich längst nicht in der Position befand, in der er mich sah. Im Gegensatz zu ihm hatte ich damals schon eine Handvoll Skizzen und Erzählungen in meist von Amateuren herausgegebenen Publikationen veröffentlicht, was mich in seiner Phantasie über Gebühr erhöhte. Was mich selbst betrifft, so habe ich meine Arbeiten nie sonderlich hoch eingeschätzt, und außerdem …
    THORNHILL: Ja, Sir?
    LOVECRAFT: … bestand der Hauptteil meines literarischen Einkommens darin, daß ich Texte anderer, stilistisch noch ungeschliffener Autoren korrigierte.
    THORNHILL: In wessen Auftrag?
    LOVECRAFT: Im Auftrag der erwähnten Autoren, Sir. Manche dieser Herrschaften … schrieben nicht um des Schreibens willen, sondern …
    THORNHILL: Ja, Mr. Lovecraft?
    LOVECRAFT: … um des Publizierens willen.
    THORNHILL: Also aus Eitelkeit?
    LOVECRAFT: Wenn Sie es so nennen wollen, Sir. Für mich war meine Tätigkeit eher das Hobby eines Gentleman. Die kommerzielle Seite war mir immer zutiefst zuwider.
    THORNHILL: Setzen Sie Ihre Aussage bitte an der Stelle fort, Mr. Lovecraft, wo ich Sie unterbrochen habe.
    LOVECRAFT: Bis 1920 hatte sich Mr. Ashtons Stil soweit entwickelt, daß seine Geschichten nicht nur in bei Mr. Wright, dem Redakteur von Weird Tales, sondern auch bei anderen Verlegern und beim Film großen Anklang fanden. Obwohl seine Eigenart, seine Werke unter Pseudonymen erscheinen zu lassen, ihn beim Publikum namentlich nicht sehr bekannt machte, gelang es ihm, binnen weniger Wochen einige Dutzend seiner Produkte zu verkaufen.
    THORNHILL: Welcher Art waren diese Werke, Mr. Lovecraft?
    LOVECRAFT: Nun, Sir, um ein Urteil darüber abgeben zu können, müßte man sie alle gelesen haben. Und das kann ich von mir nicht behaupten.
    THORNHILL: Welcher Art waren die Werke, die Sie gelesen haben, Mr. Lovecraft?
    LOVECRAFT: Es waren vorwiegend Werke der phantastischen Literatur. Mr. Ashton pflegte in besonderem Maße die interplanetarische Erzählung, wie sie Ihr Landsmann George Griffith populär gemacht hat. Ich glaube, hierzulande nennt man sie auch wissenschaftliche Romanzen. Er versuchte sich aber auch auf einem Feld, das nicht zuletzt mein Freund Howard erfolgreich bestellt hat. Ich möchte es als prähistorisches Abenteuer bezeichnen.
    THORNHILL: Offen gesagt, Mr. Lovecraft, offenbart mir dies – und das gilt wahrscheinlich ebenso für den Ausschuß – nur wenig. Meinen Sie mit interplanetarischer Erzählung jene Art der Unterhaltung, die Mr. Wells gelegentlich pflegt?
    LOVECRAFT: Ja, Sir, in etwa.
    THORNHILL: Und Mr. Ashtons Phantasien sind Ihnen niemals … nun, sagen wir, merkwürdig vorgekommen?
    LOVECRAFT: Oh, doch, Sir! In der Tat, das sind sie.
    THORNHILL: Würden Sie so weit gehen, seine Phantasien als Ausgeburten eines kranken Geistes zu bezeichnen, Mr. Lovecraft?
    LOVECRAFT: Nein, Sir. Ich bin mir zwar sehr deutlich der Tatsache bewußt, daß Phantasien dieser Art landläufig so bewertet werden, aber … Es ist ein Fehler, davon auszugehen, daß Autoren, die derlei Dinge beschreiben, auch an sie glauben müssen. Mit dem gleichen Recht etwa könnte man auch Ihrem Landsmann – dem hochgeschätzen Mr. Wells – vorwerfen, eine kranke Phantasie zu kultivieren.
    THORNHILL: Nun hat Mr. Wells freilich neben Krieg der Welten und Die Zeitmaschine auch eine ganze Reihe anderer und ernstzunehmenderer Werke verfaßt. Außerdem gilt er nicht nur hierzulande als literarische Persönlichkeit.
    LOVECRAFT: Ich bin zwar der Meinung, daß Mr. Ashtons Werke weit davon entfernt sind, die literarische Qualität derer von Mr. Wells zu erreichen,
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