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Alphawolf

Titel: Alphawolf
Autoren: Sandra Henke
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können da doch nicht nur zu zweit rein. Wie viele Wölfe sind es, zehnᅠ… fünfzehn?»
    «Zu viele Köche verderben den Brei. Wir wollen die Tiere nicht noch mehr erschrecken, sondern sie ruhig aus dem Gebäude vertreiben», erklärte sie und schob die Tür, die den Labortrakt mit dem restlichen Krankenhaus verband, langsam zu.
    «Wir hätten die Biester doch erschießen sollen, aber Sie wollten ja unbedingt die Wild Protection rufen», hörte sie noch den diensthabenden Arzt aus der Notfallambulanz sagen. Die Ambulanz lag nur einen Gang entfernt. Der Arzt hatte gesehen, wie die Wölfe um die Klinik streiften, als er zum Rauchen durch den Hinterausgang in die Eiseskälte gegangen war, und den Sicherheitsdienst alarmiert.
    Was bildete sich dieser Kerl ein, dachte Tala aufgebracht. Dass er über Leben und Tod entschied?
    Tala hatte einen großen Respekt vor allen Wesen, schon durch ihre indianischen Wurzeln. Aus diesem Grund hatte Walter sie eingestellt. Vor einem halben Jahr hatte sich Tala bei Wild Protection beworben, weil sie die Tiere vor den Menschen und die Menschen vor den Tieren schützen wollte. Bis zu ihrer Einstellung zwei Monate später hatte Walter alleine gearbeitet. Aber die Tiere in den Wäldern Alaskas suchten immer öfter Anchorage auf, weil die meisten Einwohner ihren Müll nicht gut genug verschlossen, und Walt benötigte dringend Verstärkung bei seinem einsamen Kampf.
    Tala teilte seinen Idealismus. Und die Bewohner der größten Stadt Alaskas gewöhnten sich erfreulicherweise immer mehr daran, die Bären, die im Sommer, und die Elche, die sich im Winter in ihre Gärten verirrten, nicht zu erschießen, sondern Wild Protection anzurufen. Tala und Walt kümmerten sich dann darum, dass die Tiere heil zurück in ihren natürlichen Lebensraum, die Wälder, kamen.
    Was also machte ein ganzes Rudel Wölfe im Alaska Native Medical Center? Das war höchst ungewöhnlich. Die Wölfe knurrten und jaulten so aggressiv, dass Tala eine Gänsehaut bekam. «Was ist nur in die Tiere gefahren? Ob sie an Tollwut erkrankt sind?» Durch Tollwut verloren Wildtiere oft die Scheu vor Menschen.
    Walt schüttelte den Kopf. «Mir ist kein Fall bekannt. Ich glaube, sie sind hinter etwas her.»
    «Hier drinnen?» Vorsichtig machte sie einen Schritt in Richtung des Labors, in dem die Meute tobte, als wäre sie von Sinnen. «Das ist doch verrückt.»
    Während sie auf den Raum zugingen, sagte er immer wieder: «Langsam.»
    Tala fing es schon an zu nerven, als sie in ein Labor leuchtete und etwas entdeckte. «Das Rudel muss durch das Fenster reingekommen sein. Es ist zerbrochen. Aber ein Wolf würde doch nicht durch eine Scheibe springen, oder?»
    «Vielleicht um rauszukommen, aber nicht rein.» Er schnalzte.
    Ihr Puls stieg mit jedem Schritt, den sie der außer Kontrolle geratenen Meute näher kamen. «Das ist merkwürdig.»
    «Ihre Beute muss durch die Scheibe gesprungen sein, anders kann ich es mir nicht vorstellen», murmelte er und zog seine Waffe.
    Sie passte nicht zu ihm, fand Tala. Walter Sarks sah viel zu friedlich aus. Ein kleiner Fünfzigjähriger mit kurzem, überwiegend ergrautem Haar und auffällig runder Nase, der selbst im Winter nur einen Pullover trug. Der Pulli wölbte sich über seinen kleinen Bauch. Immerhin hatte er ein langärmeliges Polartech-Shirt und ein normales T-Shirt darunter an. Tala wäre das trotzdem zu wenig gewesen. Sie ging bei der Kälte nie ohne ihren Parka aus dem Haus, der einen warmen Pelzkragen besaß.
    Auch sie holte ihre Pistole aus dem Halfter. Sie hatten nicht vor, den Wölfen etwas anzutun, sondern die Waffen waren zu ihrem Schutz, eine reine Verteidigungsmaßnahme, denn es handelte sich um Schreckschusspistolen mit Kautschukmunition. Bei einem ganzen Rudel nutzten Betäubungsgewehre nichts. Mit der Taschenlampe leuchtete Tala in das Labor, in dem der Krampf tobte, konnte aber nichts Genaues erkennen. Überall waren Wölfe. Wie riesige wuselige Ameisen bevölkerten sie das Zimmer. Aber sie gehörten nicht derselben Unterart an. Es waren verschiedene, die sich zusammengeschlossen hatten, um gegen irgendetwas anzukämpfen. Noch eine Sache, die äußerst merkwürdig war.
    «Das ist kein gewöhnliches Rudel», bemerkte Tala.
    Aber Walter reagierte nicht. «Ich mache jetzt das Licht im Korridor an. Vielleicht schreckt sie das auf und sie flüchten. Wölfe sind keineswegs so aggressiv wie ihr Ruf.»
    «Diese sind anders.» Ihre Handflächen waren feucht. Sie packte die Waffe
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