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Alphawolf

Titel: Alphawolf
Autoren: Sandra Henke
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Finsternis standen sie vor ihr, im Wohnzimmer verteilt, als wollten sie jeden Winkel des Zimmers sichern und Tala umzingeln oder in eine Ecke drängen. Ihre Mienen waren verschlossen. Nichts deutete darauf hin, was sie von Tala wollten.
    Warum sagte niemand etwas? Auf was warteten sie? Oder auf wen?
    Plötzlich kam ein Mann in den Raum. Er trug einen schwarzen Crown Coat und blieb einen Schritt von der Tür entfernt stehen. Das Licht aus dem Treppenhaus warf dunkle Schatten auf sein Gesicht, es ließ ihn grausam aussehen. Tala konnte jedoch nicht abstreiten, dass der Fremde attraktiv war, auf eine düstere Art und Weise. Er erinnerte sie an Wolverine, nur dass er keinen Bart trug, aber er wirkte ebenso entschlossen. Äußerlich war er ruhig, aber die Muskelstränge an seinem Hals bewegten sich, als würde es in ihm brodeln.
    Tala hielt die Stille im Haus nicht mehr aus. «Wo ist mein Wolf?»
    « Dein Wolf?», fragte er und hob eine Braue. Seine Mundwinkel kräuselten sich amüsiert, aber das Lächeln erreichte seine Augen nicht, Augen, die Tala an die eines Wolfes erinnerten, weil sie stolz und erhaben blickten.
    «Der Rotwolf, der dort gelegen hat.» Sie gab ihrer Stimme etwas mehr Schärfe, um furchtloser zu erscheinen, als sie tatsächlich war, und zeigte auf die Decke. Der Junge hatte sie sich um die Hüfte geschlungen. Er errötete stark und senkte seinen Blick.
    Der Mann, der offensichtlich der Rädelsführer war, drehte sich zu den anderen um und jede seiner Bewegungen war erstaunlich geschmeidig, denn er war von stattlicher Statur, groß gewachsen, mit breiten Schultern. Spöttisch meint er: «Fremde stehen in ihrem Wohnzimmer und sie macht sich Sorgen um ein Tier.»
    Tala straffte ihre Schultern, damit dieser arrogante Kerl nicht spürte, dass sie Angst hatte. Was immer er von ihr wollte, sie würde es ihm nicht einfach machen. «Der Wolf steht unter meinem Schutz. Ich habe ihm versprochen, mich um ihn zu kümmern, und das werde ich auch.»
    «Das erledigt schon seine Familie.»
    Hatten die Männer hinter ihm leicht genickt? Tala wusste es nicht mit Bestimmtheit, die Dunkelheit verschleierte alles.
    «Wir sind seine Familie», fügte er hinzu und seine Worte klangen hart, als gäbe es daran nichts zu rütteln.
    Sie versuchte, sich nicht von ihm beirren zu lassen. «Er muss zu seinem Rudel zurück. Sobald er sich erholt hat, werde ich ihn zurück in die Wälder bringen.»
    «Hast du mir nicht zugehört?», fuhr er sie an. Seine Beherrschtheit bröckelte. «Wir sind sein Rudel. Du weißt es. Du hast im Alaska Native Medical Center mehr gesehen, als du hättest sehen sollen.» Er machte einen Schritt auf sie zu, einen einzigen, und blieb dann stehen, doch dieser Schritt hatte eine Wirkung auf Tala, als hätte er eine Waffe gezogen.
    Sie wich rückwärts in die Küche aus. Heftig schüttelte sie ihren Kopf. «Ich habe gar nichts gesehen», log sie.
    «Dante.» Erneut kam er näher.
    Und sie entfernte sich von ihm, damit sich der Abstand zwischen ihnen ja nicht verringerte. «Wer ist Dante?»
    «Der Wolfsmann.» Wieder ein Schritt vorwärts. «Dein Schicksal ist nun unwiderruflich mit seinem verbunden.»
    Tala verstand kein Wort. Gehörte der Rotwolf zu besagtem Wolfsmann? Lebte dieser Mann mit den Wölfen? Studierte er vielleicht das Rudel? Sie prüfte, ob die Tür, die in die Diele führte, frei war. War sie nicht. Ein bulliger Mann baute sich im Rahmen auf und versperrte ihr den Fluchtweg. Sie vermutete, dass er Frankokanadier war, denn die Flagge von Québec – ein gelbes Segelschiff auf blauem Hintergrund – zierte seine Jacke.
    «Du hast ihn gesehen, als er geflüchtet ist, ich weiß es.» Er kam näher. «Hast dir seine Spuren angeschaut.» Noch näher. «Und ihm geholfen zu entkommen.»
    «Der Wachmann des Krankenhauses hatte Wild Protection alarmiert», stellte sie klar und stieß mit dem Rücken gegen die Arbeitsplatte der Küchenzeile. Ihr Blick suchte die Messer. Sie standen rechts hinter ihr, aber leider noch nicht in Greifweite. «Gehört er zum Personal?»
    Ein Bild tauchte vor ihrem geistigen Auge auf. Ein Wesen, das auf zwei Beinen durch das Schneegestöber lief, gekrümmt, glaubte sie zumindest, und an Fell erinnerte sie sich. Aber kein Mensch war schnell genug, um Wölfen zu entkommen, besonders nicht im Schnee. War das Dante gewesen?
    «Davon spreche ich nicht. Tu nicht so naiv!» Er starrte sie an wie ein Tier, das seine Beute fixierte, um es jeden Moment anzuspringen und
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