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Alphawolf

Titel: Alphawolf
Autoren: Sandra Henke
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hatte, und selbst das taten sie nur widerwillig, denn auf den Kosten blieb die Klinik sitzen.
    Alles drehte sich um Geld, das machte Tala wütend.
    Sie bat den diensthabenden Tierarzt, dem Wolf eine Beruhigungsspritze zu geben, denn war der Kleine am Medical Center noch benommen gewesen, so versuchte er in der Klinik, trotz Schmerzen schon wieder vom Behandlungstisch zu springen, mit einer Angst in den Augen, die Tala dazu veranlasste, ihn beruhigend zu streicheln. Das war gefährlich gewesen, denn auch kleine Wölfe besaßen scharfe Zähne, doch das Tier hatte es sich gefallen lassen.
    Tala hatte die Spritze aus eigener Tasche bezahlt und den Rotwolf mit nach Hause genommen. Offensichtlich hatte das Beruhigungsmittel nicht lange gewirkt. Wer sonst sollte eine Etage tiefer kratzen? Das Klacken von Pfoten auf dem Holzfußboden war zu hören.
    Seufzend stand sie auf. Im Haus war es kalt, weil sie die Heizung auf minimale Temperatur einstellte, wenn sie sich schlafen legte. Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper, stolperte in den Flur und tastete nach dem Lichtschalter. Während sie die Treppe herunterstieg, rieb sie ihre Oberarme. Sie trug nur ein dünnes, wenn auch langärmeliges Schlafanzugoberteil und auch die Hose spendete keine Wärme. Hätte sie doch nur einen Pullover übergestreift!
    Aber mittlerweile stand sie bereits im Untergeschoss und hatte keine Lust, noch einmal nach oben zu gehen. Der Wolf konnte womöglich schon sein neues Revier markieren oder auf der Suche nach etwas Essbarem die Schränke durchwühlen oder den Inhalt des Mülleimers in der Küche verteilen oder die Tür zerkratzen, weil er rauswollte, oder über Tische und Bänke gehen vor Panikᅠ…
    Sie hatte mit vielem gerechnet, doch keinesfalls damit!
    Als sie in ihr Wohnzimmer kam, stand dort, wo der Wolf auf seiner Decke – eine braune Hundedecke mit beigefarbenen Pfotenabdrücken – gelegen hatte, ein Junge. Sein Alter konnte Tala schwer einschätzen. Wahrscheinlich stand er schon auf der Schwelle zum Jugendlichen, aber er sah mitgenommen aus und wirkte dadurch jünger. Seine Haut war blass, er hatte Abschürfungen und Kratzer an der rechten Seite, von der Hüfte bis unter die Achsel, und ein Feuermal auf der rechten Wange. Es war nicht groß, zog aber die Blicke auf sich. Seine Haare klebten am Kopf. Für sein Alter war er ungewöhnlich stark behaart, auch wenn der blonde Flaum nicht direkt ins Auge fiel. Er war schwach auf den Beinen – nackt – und er hielt sich die Decke vor den Unterleib.
    Tala wollte gerade fragen, wo der Wolf war und was der Junge in ihrem Haus machte, als ein Mann neben ihn trat. Sie ließ sich nicht von seinem grauen Haar und seinen Altersflecken täuschen, denn seine Haltung war aufrecht. Unter seinem Anorak, da war sie sich sicher, steckte ein athletischer Körper. Der Fremde war durchtrainierter als es in seinem Alter normalerweise üblich war. Schweigend beobachtete er sie aus zusammengekniffenen Augen und stützte den Jungen.
    Sie spähte in die Küche, in die sowohl vom Wohnzimmer als auch von der Diele eine Tür hineinführte. Das Licht im Treppenhaus erhellte den Raum spärlich. Dennoch konnte Tala den Messerblock sehen. Dies war kein großes Haus. Walter hatte es ihr vermittelt. Eigentlich hatten die Besitzer Jane und Philipp Fairstream es verkaufen wollen, aber er überredete sie dazu, es an Tala zu vermieten. Die Eigentümer stimmten nur zu, weil sie hofften, dass Tala sich eines Tages doch entscheiden würde, es zu kaufen. Und natürlich wegen ihrer Freundschaft zu Walt.
    Fünf Schritte, schätzte Tala die Entfernung zu den Messern ein. Sie war bisher nur noch nicht losgerannt, weil die beiden Fremden keinerlei Anstalten machten, sie anzugreifen.
    «Was –» Ihre Stimme brach ab. Zwei weitere Männer tauchten aus den dunklen Winkeln des Wohnzimmers auf.
    Tala wich aus und stand nun in der Küchentür. Ihr Körper war angespannt. Sie sah keine Waffen bei den Fremden, aber die brauchten sie auch gar nicht, um eine alleinstehende Frau zu überwältigen.
    Mit Schrecken entdeckte sie eine weitere Person in einer der Ecken, doch die Dunkelheit versteckte sie so gut, dass Tala nicht einmal sagen konnte, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelte.
    Immer mehr Männer traten aus der Finsternis hervor. Sie kamen jedoch nicht näher, sondern standen einfach nur schweigend da. Eine stumme Bedrohung. Sie waren dunkel gekleidet, als wollten sie sich die Nacht zunutze machen. Wie eine Armee der
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