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Alles über Elfen (German Edition)

Alles über Elfen (German Edition)

Titel: Alles über Elfen (German Edition)
Autoren: Jonas Wolf
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auftauchen, die gleichermaßen positive wie negative Züge aufwiesen. Sie neigten zu derben Späßen mit unschuldigen Menschen, waren dabei jedoch für gewöhnlich nicht wirklich durch und durch bösartig. Ihr Verhalten hatte eher etwas von gelangweilten Kindern oder Höflingen, die Schabernack mit dem einfachen Volk treiben – beispielsweise den Kopf eines Schlafenden in den eines Esels zu verwandeln. Dabei waren sie körperlich jedoch nicht gerade abstoßend, sondern vielmehr betörend, sodass man sich als Mensch mit Leichtigkeit Hals über Kopf in sie verlieben konnte. Wie man dieser Liebe dann körperlich Ausdruck verliehen hätte, ist ziemlich mysteriös, denn diese Feen waren klein genug, um mit Insekten verwechselt zu werden und sich in gewöhnlichen Blüten häuslich einzurichten. Ob nun beabsichtigt oder nicht, Shakespeare trug maßgeblich dazu bei, dass sich das Bild des Elfen unter uns Menschen ein weiteres Mal wandelte – und diesmal beinhaltete dieser Wandel eine Einschrumpfung, über die die Elfen erst sehr viel später wieder hinauswachsen sollten.

Vorsicht! Jetzt wird’s romantisch …
    Nachdem die Elfen im Mittelalter nun also verteufelt oder den Feen zugeschlagen worden waren, mussten sie bis zum Ende des 18.Jahrhunderts darauf warten, dass man sich ihrer wieder etwas freundlicher annahm. Überall in Europa wuchs mit Beginn der Industrialisierung und der damit verbundenen, teils ungemein rasanten gesellschaftlichen Umwälzungsprozesse der Wunsch nach einer gewissen Entschleunigung. Die Menschen hatten sich bisher ungekannten Zwängen zu unterwerfen, sich mit neuen Regeln abzufinden und sich in größere soziale Strukturen einzufügen, worauf sich als Gegenreaktion das dringende Bedürfnis manifestierte, aus Zwängen auszubrechen, gegen Regeln zu rebellieren und statt des Kollektivs das Individuum zu feiern. Ausgelebt wurde dieser Drang natürlich auch in der Kunst: Es entwickelte sich nach und nach in den unterschiedlichsten Disziplinen jene Epoche, die man heute als Romantik bezeichnet.
    Der für uns vielleicht wichtigste Ansatz im künstlerischen Schaffen jener Zeit ist der folgende: Die Romantiker suchten auch und insbesondere in der Vergangenheit nach Antworten auf die Fragen, die sich ihnen in ihrer Gegenwart stellten. Dabei kamen sie um das Mittelalter natürlich nicht herum, und sie neigten dazu, es mit seinen edlen Rittern, weisen Königen und schönen Burgfräuleins als »gute alte Zeit« zu verherrlichen. [Christiansen: Um nicht zu sagen: zu romantisieren ] Ich möchte an dieser Stelle nicht über Sinn und Unsinn dieser Vorgehensweise sprechen. Für unsere Betrachtungen ist viel relevanter, dass dieses neu erwachte Interesse am Mittelalter sich auch in besonderem Maße auf alten Volksglauben erstreckte – frei nach dem Motto »Was die Ururururgroßmutter noch wusste«. Plötzlich wurde bis dahin nur mündlich Überliefertes über allerlei Fabelwesen schriftlich festgehalten. Die allseits bekannten Grimms Märchen sind nur ein Beispiel für diesen Trend. Bei der Aufarbeitung des Vergangenen und teils Vergessenen durch die Romantiker blieben Elfen und Feen nicht unbeachtet. Es wurde allerhand Material gesammelt und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Eine nahezu einmalige historische Chance eröffnete sich, zu den Wurzeln des Elfentums vorzustoßen und es vom Ballast vieler unbeabsichtigter Fehldeutungen sowie boshafter Unterstellungen zu befreien. Studiert man nämlich die Quellen aus der Romantik, findet man dort an so mancher Stelle ein herrlich differenziertes Bild von Feen und Elfen vor. Positives – die Attraktivität, die Heilkunst und die Bereitschaft, magisches Wissen zu teilen – wird mit Negativem – der konsequenten Vergeltung menschlicher Vergehen oder der Gefahr, sich auf elfischem Terrain unrettbar zu verirren, wenn man ungefragt in den Lebensraum dieses Volkes eindringt [Christiansen: Da gibt es aber in manchen Geschichten noch weitaus Negativeres. Beispielsweise Elfenritter, die unschuldige Jungfrauen schänden, oder Elfenkönige, die kranken Knaben den Tod bringen. Plischke: Bedauerliche Einzelfälle, derentwegen man unmöglich die Elfen an sich verdammen kann!] – versöhnt.
    Aus welchem Grund festigte dann aber das Wirken der Romantiker ausgerechnet das Bild vom Elfen als harmlose, niedliche Figur? Weil den Menschen jener Zeit offenbar die alten und neuen Geschichten eher lagen, in denen der Elf in unbedrohlicher Weise auftrat. Sie hatten
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