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Alles über Elfen (German Edition)

Alles über Elfen (German Edition)

Titel: Alles über Elfen (German Edition)
Autoren: Jonas Wolf
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Verhängnis, dass sie sich bei grober Misshandlung oder Einmischung in ihre eigenen Angelegenheiten an den Menschen rächten. Über Jahrtausende hatten sie auf solche Affronts damit reagiert, den Menschen wertvolle Kleinode zu stehlen, Vieh mit Krankheiten zu belegen oder ähnlich lästige Streiche zu spielen. Plötzlich wurde dieses Verhalten anders beurteilt: Aus einer nachvollziehbaren Antwort auf Respektlosigkeiten wurden dämonische Umtriebe. Am deutlichsten lässt sich diese Neubewertung der Elfen an einem bestimmten Begriff ablesen, der bis heute zu unserem Wortschatz gehört: der Albtraum . Heute beschreibt dieser Ausdruck für die meisten Menschen nur einen besonders schlimmen, bösen Traum, aus dem man schweißgebadet und mit pochendem Herzen hochschreckt. Man wundert sich womöglich oder ist sogar entsetzt, was das eigene Unterbewusstsein einem da an schrecklichen Visionen vorgegaukelt hat, während man ihm im Schlaf hilflos ausgeliefert war. Früher suchte man den Schuldigen für diese unbehagliche Erfahrung nicht in sich selbst. Dafür hatte man den Alb, der sich nachts ins Zimmer schlich, um sich einem auf die Brust zu setzen und quälende Träume zu bescheren. [Christiansen: Die spürbaren Auswirkungen dieser unfreundlichen Sitzplatzwahl sind im veralteten Begriff Albdruck sehr schön zusammengefasst, der exakt das Gleiche bezeichnet wie Albtraum] Beim Alb handelte es sich um eine garstige Kreatur von kleinem Wuchs und mit schwarzer Haut, die wenig mit dem heutigen Elfenbild zu tun hat. Das Phänomen des Albenschusses – das, was man inzwischen als Hexenschuss kennt, da jede Zeit ihre eigenen Vorurteile gegen Randgruppen mit sich bringt – hat da immerhin noch eine lose Verbindung: Der treffsichere, hinterlistige Alb schießt seinen nichtsahnenden Opfern mit seinem Bogen fies in den Rücken.
    Wo es zuvor noch viele Namen unter den Menschen gab, in denen der Elf steckte, starben diese nun nach und nach aus. Alwin (»der Elfenfreund«) und Alfred (»der den Rat der Elfen hat«) mögen dieser Entwicklung ein wenig getrotzt haben; viele andere – wie etwa der bereits erwähnte Alberich (»der Elfenherrscher«) – taten dies nicht. Und wer würde sein Kind auch schon nach einem Geschöpf benennen wollen, das schlechte Träume bringt?
    Bedeutet all das, dass die positiveren Attribute der Elfen in jenen Tagen völlig ignoriert wurden? Überraschenderweise nicht. Die Eigenschaften, die man an Elfen bewunderte – vor allem ihre strahlende Schönheit – wurden einfach auf eine andere Kategorie von Geschöpfen übertragen: auf die Feen. [Plischke: Nebenbei findet sich noch längere Zeit im Deutschen das Adjektiv »elbisch«, um Objekte oder Personen als geisterhaft oder überirdisch zu bezeichnen, in dem eine blasse Erinnerung daran mitschwingt, dass an den Elfen eben nicht alles schlecht im Sinne von teuflisch oder dämonisch ist.]
    Diese Wesen, die in der deutschen mittelalterlichen Dichtung auch als die Feien oder Feinen bekannt waren, sind Hybride. Sie vereinen in sich Merkmale und Züge verschiedener, aber dennoch ähnlicher Kreaturen aus Sagen und Legenden. In ihnen verschmelzen Schicksalsgöttinnen, Nymphen und Dryaden, aber auch Lichtalben zu einer neuen Form. Lassen Sie mich einige Eigenschaften auflisten, die als typisch für frühe Feen erachtet werden:
Sie können sich unsichtbar machen, wenn sie nicht von Menschen gesehen werden wollen.
Sie leben an entlegenen Orten wie etwa in Felsschluchten oder tief in Wäldern.
Sie sind von besonderer Schönheit.
Sie sind mit ewiger Jugend gesegnet.
Sie verfügen über immense Zauberkräfte.
Sie tun gern Gutes, aber manchmal muss man als Mensch aufpassen, dass man sich nicht zu lange in ihrer Nähe aufhält: Wer zu lange mit ihnen tanzt, vergisst alles andere, und ehe man sich versieht, sind hundert Jahre vergangen. Hat man Glück im Unglück, bedeutet das »nur«, dass die Braut oder der Bräutigam, der daheim auf einen wartet, längst verstorben ist; hat man Pech, ist man selbst binnen einer einzigen Nacht zum Greis oder zur Vettel geworden.
    Darin lassen sich unsere Elfen also noch relativ leicht wiedererkennen. Was in der Folge jedoch für einige Verwirrung sorgte, ist der Umstand, dass nach und nach die Begriffe Fee und Elf(e) auch als Synonyme füreinander verwendet wurden. Daran nicht ganz unschuldig war ein gewisser William Shakespeare, worüber sich ja auch bereits Jacob Grimm indirekt beklagte. Shakespeare ließ in seinen Stücken Feenwesen
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