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Alles kam ganz anders

Alles kam ganz anders

Titel: Alles kam ganz anders
Autoren: Berte Bratt
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Irrläufer, er ist wohl versehentlich zusammen mit meiner Post nach Frankfurt umadressiert. Wir sind ungeheuer gespannt, ruf uns gleich an. In aller Eile, dein alter Papa.
    Der Brief war von der Tierärztlichen Hochschule.
    Mein Herz klopfte, daß ich es hören konnte! Mit zitternden Fingern riß ich den Briefumschlag auf.
    Die Buchstaben flimmerten vor meinen Augen, aber Ingo, der über meine Schulter mitlas, sah sie anscheinend sehr deutlich. Denn plötzlich bekam ich eine Umarmung, daß mir die Puste wegblieb, und Ingos Stimme klang wie Musik – und was für eine Musik! – in meinem Ohr: „Gratuliere, mein Schatz! Gratuliere, Frau stud, vet.! Gratuliere, Frau werdender Doktor!“
    Ich war an der Tierärztlichen Hochschule aufgenommen worden. Es dauerte mehrere Minuten, bis ich wieder im Zusammenhang reden konnte.
    „Ingo, ich kann es noch nicht fassen! Ich bin ja so glücklich, so unwahrscheinlich glücklich! Wie habe ich das alles bloß verdient?“
    „Verdient“, wiederholte Ingo. „Doch, Lillepus, du hast es verdient. Denk daran, wie du geschuftet hast! Denk an die Zeit, als du deine Mutter pflegtest, den ganzen Haushalt machtest, das Waschen und Kochen…“
    „Dein Glück!“ unterbrach ich ihn. „Ohne diese Erfahrungen könnte ich jetzt nicht dich bekochen!“
    „Laß mich ausreden, holdes Weib! Ich wollte sagen, daß du gar nicht unverdient zu diesem Glück gekommen bist. Du hast wie eine Irre geschuftet, du hast – genau wie Simone – auf alles verzichtet, was andere Mädchen als ‚selbstverständliche kleine Annehmlichkeiten’ betrachten. Daß du glücklich bist, das verstehe ich, aber du hast letzten Endes dir selbst das Glück zu verdanken.“ Ich schüttelte den Kopf.
    „Nein, Ingo. Ich habe es anderen Menschen zu verdanken, anderen, unsagbar guten Menschen. Als es ganz schlimm war, ich meine, als Mama nichts tun konnte, da hat Jessica geholfen und Dr. Sager, gesegnet sei er. und Antje und mein Lateinlehrer, der mir die Unterrichtsbänder besprach – und du, weil du dich mit winzig kleinen Kartengrüßen statt mit Briefen begnügt hast, und dann Simone!“
    „Ja, siehst du“, nickte Ingo. „Wir hören und lesen so viel über Grausamkeiten und Verbrechen, über böse Menschen, über egoistische Menschen. Wir dürfen nicht vergessen, daß es auch gute Menschen auf der Welt gibt – man muß sie nur finden!“
    „Ich habe eine ganze Menge gefunden, Ingo. Und jetzt rufe ich die beiden allerbesten an!“
    Worauf ich zum Telefon ging und Papas und Mamas neue Frankfurter Nummer wählte.
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