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Alles kam ganz anders

Alles kam ganz anders

Titel: Alles kam ganz anders
Autoren: Berte Bratt
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starb – wie viele Tränen hat sein Tod gekostet! – war mein erster Babysitter, mein Kindermädchen, mein Reit- und Zugtier. Als Barry gestorben war, hat uns das Schicksal Ingos Cora über den Weg geschickt, und später bekam ich dann Bisken, Coras urkomisches Söhnchen.
    Und dann haben wir, wie gesagt, unseren alten Kater Anton. Er ist dreizehn Jahre alt, was für einen Kater beinahe ein biblisches Alter ist. Aber er ist noch in guter Verfassung und kennt seine Pflichten. Die einzigen Tiere, die sich bei uns nicht wohl fühlen, sind Mäuse, denn die werden von Anton fachmännisch erlegt und verspeist.
    Mein Bruder Marcus hat sein erstes Schuljahr hinter sich, er hat den festen Plan, Fernfahrer zu werden. Er weiß schon mehr über Autos als ich jemals gewußt habe, und sein Wissen über Flugzeuge ist auch beachtlich.
    „Es ist ja gut, wenn man feste Berufspläne hat“, schmunzelte Papa, als Marcus ihm seinen Zukunftstraum mitgeteilt hatte. „Ich wünschte, daß meine Tochter genauso entschlossen wäre!“
    „Bin ich doch, Papa!“ sagte ich. „Ich werde euch zuliebe mein Abitur machen, und dann – mir selbst zuliebe – Ingo heiraten!“
    Das mit dem Abitur war auch so eine Sache. Es war Papa, der mich davon überzeugt hatte, daß ich es machen sollte.
    „Wenn ich nun Keramikerin werde, Papa“, hatte ich gesagt, „dann brauche ich doch kein Abitur!“
    „Du weißt gar nicht, ob du Keramikerin wirst“, antwortete Papa. „Vielleicht wirst du plötzlich ganz andere Wünsche haben. Wünsche, die eine bessere Ausbildung notwendig machen. Denk daran, Elaine: Es ist besser, etwas zu haben, was man nicht braucht, als etwas zu brauchen, das man nicht hat!“
    Diese Logik war so einleuchtend, daß ich mich dazu entschloß, das Abitur zu machen.
    „Schön und gut, daß du heiraten wirst“, sagte Papa ein andermal. „Aber eine Ausbildung mußt du doch haben! Etwas, worauf du zurückgreifen kannst, falls… nun ja, falls es notwendig wird, daß du Geld verdienst. Wenn Ingo krank werden sollte, oder, was Gott verhüte…“
    „Sprich nicht weiter, Papa!“ rief ich. „Ich weiß, was du sagen wolltest. Na gut, ich werde mir schon überlegen, was ich sozusagen als Nothilfe lernen könnte – aber es hat ja Zeit! Noch fehlt mir ein Jahr Schule! Aber ich habe das Gefühl, daß ich bei der Keramik bleibe! Dann kann ich Kopien von all den antiken Gefäßen machen, die Ingo ausbuddelt!“
    „Davon wirst du kaum leben können“, meinte Papa. „Aber es stimmt, du hast noch ein Jahr Zeit. Vergiß bloß nicht, daß du Hausbesitzerin bist. Es kostet Geld, ein Haus zu halten, und wenn wir dir nicht mehr helfen können.“
    „Dann kann Ingo!“ meinte ich. „Wenn er erst eine feste Anstellung kriegt, und wenn ihr doch zurück nach Frankfurt müßt, dann müssen Ingo und ich zusehen, daß wir mein Haus halten und erhalten und behalten!“
    „Und du erwartest vielleicht, daß Ingo hier in der unmittelbaren Nähe eine gutbezahlte Anstellung bekommt?“ fragte Papa. „Ich fürchte, es wird wohl so werden, daß es nur euer und hoffentlich auch unser Ferienhaus wird. Also, Elainchen, unter allen Umständen werdet ihr Geld brauchen, und dann siehst du wohl ein, daß du auch die Möglichkeit haben mußt, etwas dazu zu verdienen. Kannst du folgen?“
    „Ja“, seufzte ich. „Ich sehe die Probleme wie eine große dicke Wolke am Horizont! Aber vorläufig sind wir hier und haben es gut und sind glücklich – und ich werde mir noch einmal durch den Kopf gehen lassen, was ich anfangen könnte – etwas, das mir liegt und mir in der Zukunft Geld bringen kann!“
    „Sieh zu, daß du ein gutes Abitur machst“, ermahnte mich Papa.
    „Das hängt davon ab, wie oft und wie intensiv du mir bei Mathematik hilfst“, sagte ich.
    „Hab ich mir schon gedacht“, seufzte mein vielgeplagter Vater.

Warum ich unterbrochen wurde
     
     
    Gestern räumte ich meinen Schreibtisch auf. Es war bitter nötig. Und dabei fand ich diese beschriebenen Bogen. Seit mehr als einem Jahr liegen sie ganz unten im linken Schreibtischfach. Ich habe das gelesen, was ich damals schrieb, und ich denke zurück. Damals war ich siebzehn. Es war Anfang der Ferien. Ich hatte wohl die Absicht, weiterzuschreiben, aber es kam alles ganz anders. Denn gerade an dem Tag, als ich das erste Kapitel abgeschlossen hatte, begannen die Ereignisse sich zu überstürzen, und meine Gedanken drehten sich um alles andere als Tagebuchschreiben, oder wie man nun mein Gekritzel nennen
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