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Alles ist erleuchtet

Alles ist erleuchtet

Titel: Alles ist erleuchtet
Autoren: Jonathan Safran Foer
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den zahllosen winzigen Dörfern, die seit dem Krieg ausharren. Ich sehnte, neue Dinge zu sehen. Ich sehnte, große Dinge zu erfahren. Und ich war elektrisch, einen Amerikaner kennen zu lernen.
    »Ihr werdet Essen für die Reise mitnehmen, Schapka«, sagte Vater zu mir. »Nenn mich nicht so«, sagte ich. »Und auch Trinken und Landkarten«, sagte er. »Es sind fast zehn Stunden nach Lwow, wo ihr den Juden am Bahnhof aufnehmt.« »Wie viel Geld werde ich für meine Arbeit kriegen?«, erkundigte ich mich, weil diese Frage für mich sehr ernst war. »Weniger als du denkst, dass du verdienst«, sagte er, »und mehr als du verdienst.« Das nervte mich sehr, und ich sagte zu Vater: »Dann will ich es vielleicht nicht tun.« »Mir ist egal, was du willst«, sagte er und streckte den Arm aus, um die Hand auf meine Schulter zu legen. In meiner Familie ist Vater der Weltmeister im Beenden von Unterhaltungen.
    Wir alle waren uns einig, dass Großvater und ich um Mitternacht am 1. Juli aufbrechen würden. Das würde uns fünfzehn Stunden geben. Wir alle - bis auf Großvater und mich - waren uns einig, dass wir zum Bahnhof von Lwow fahren würden, sobald wir Lwow erreicht hatten. Vater war sich einig, dass Großvater geduldig im Wagen herumsitzen sollte, während ich an den Schienen herumstehen sollte, wo der Zug mit dem Helden ankommen würde. Ich wusste nicht, wie seine Erscheinung sein würde, und er wusste nicht, wie groß und aristokratisch ich bin. Das war etwas, über das wir später viele witzige Dinge sagten. Er war sehr nervös, sagte er. Er hatte sich ins Hemd gemacht. Ich sagte zu ihm, dass ich mir auch ins Hemd gemacht hatte, aber wenn Sie wissen wollen, warum: Es war nicht, weil ich ihn nicht erkennen würde. Ein Amerikaner in der Ukraine ist ohne Anstrengung zu erkennen. Ich machte mir ins Hemd, weil er ein Amerikaner war, und ich sehnte ihm zu zeigen, dass ich auch ein Amerikaner sein konnte.
    Ich habe ungewöhnlich viele Gedanken darüber, dass ich nach Amerika umziehen werde, wenn ich gealtert bin. Ich weiß, dass es dort viele bessere Schulen für Buchführung gibt. Das weiß ich, weil Gregorij, ein Freund von mir, der mit einer Freundin von dem Neffen des Mannes verkehrt, der neunundsechzig erfunden hat, mir erzählt hat, dass es in Amerika viele bessere Schulen für Buchführung gibt, und Gregorij weiß alles. Meine Freunde sind zufrieden, ihr ganzes Leben in Odessa aufzuhalten. Sie sind zufrieden, wie ihre Eltern zu altern und Eltern zu werden wie ihre Eltern. Sie sehnen nicht mehr als das, was sie haben. Das ist gut, aber nicht für mich und auch nicht für Klein-Igor.
    Ein paar Tage bevor der Held kommen sollte, erkundigte ich mich bei Vater, ob ich nach Amerika aufbrechen kann, wenn mein Studium zu Ende ist. »Nein«, sagte Vater. »Aber ich will das«, sagte ich. »Mir ist egal, was du willst«, sagte er, und das ist gewohnheitsmäßig das Ende der Unterhaltung, aber diesmal nicht. »Warum?«, fragte ich. »Weil für mich nicht wichtig ist, was du willst, Schapka.« »Nein«, sagte ich, »warum kann ich nicht nach Amerika aufbrechen, wenn mein Studium zu Ende ist?« »Wenn du wissen willst, warum du nicht nach Amerika aufbrechen kannst«, sagte er und machte die Eisschranktür auf, um nach Essen zu forschen, »dann sage ich dir: weil dein Urgroßvater aus Odessa ist und weil dein Großvater aus Odessa ist und weil dein Vater, also ich, aus Odessa ist und weil deine Söhne aus Odessa sein werden. Außerdem wirst du bei Heritage Touring schuften, wenn dein Studium zu Ende ist. Das ist eine notwendige Anstellung, erstklassig genug für Großvater, erstklassig genug für mich und erstklassig genug für dich.« »Aber wenn das etwas ist, das ich nicht sehne?«, sagte ich. »Wenn ich nicht bei Heritage Touring schuften will, sondern lieber an einem anderen Ort, wo ich etwas Ungewöhnliches tun kann und sehr viel Geld einnehme anstatt einen winzigen Betrag? Wenn ich nicht will, dass meine Söhne hier aufwachsen, sondern statt dem an einem größeren Ort mit mehr und größeren Dingen? Wenn ich Töchter habe?« Vater nahm drei Stücke Eis aus dem Eisschrank, schloss die Eisschranktür und gab mir einen Schlag. »Leg die auf dein Gesicht«, sagte er und gab mir die Eisstücke, »damit du nicht furchtbar aussiehst und in Lwow eine Katastrophe machst.« Das war das Ende der Unterhaltung. Ich hätte schlauer sein sollen.
    Und ich habe noch nicht erwähnt, dass Großvater forderte, Sammy Davis jr. jr. mitzunehmen. Das
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