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Allein unter Muettern - Erfahrungen eines furchtlosen Vaters

Allein unter Muettern - Erfahrungen eines furchtlosen Vaters

Titel: Allein unter Muettern - Erfahrungen eines furchtlosen Vaters
Autoren: Tillmann Bendikowski
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kräftigen Schuhfachverkäuferinnen-Daumen mit aller Wucht auf die Stelle, wo ich den großen Zeh meines Sohnes vermute (eine geradezu klassische Handbewegung der Kulturgeschichte, der leider immer noch keine eigenständige Publikation gewidmet ist). Der wehleidige Aufschrei des Jungen zeigt auch ihr, dass der Zeh dort liegt. »Na ja.« Wir nehmen die Schuhe.
    Einige Tage später kehre ich als verdeckter Ermittler in das Schuhgeschäft zurück. Meine Vermutung bestätigt sich: Die Verkäuferinnen behandeln Väter und Mütter unterschiedlich, wenn sie mit ihren Kindern kommen. Den Müttern reichen sie die Schuhe für ihre Kinder an (oft genug trauen sie ihnen sogar zu, die Schuhgröße ihrer Kinder zu kennen), bei den Vätern schreiten sie fast kommentarlos selbst zur Tat, ziehen den Kindern die Schuhe aus, an und wieder aus – inklusive zwischenzeitlichem Auf-den-großen-Zeh-Drücken. Das dümmere Geschlecht wird also auch hier entsprechend seinen Bedürfnissen bevorzugt behandelt.
    Nur einmal gelang es mir übrigens, die starren Fronten aufzubrechen: Ich lenkte das Gespräch mit einer Schuhverkäuferin vorsichtig auf das Thema Kindererziehung im Allgemeinen – zugegeben ein in der Regel etwas seifiges Terrain, aber die Dame bewies auch hier Stehvermögen. Als es nämlich um die Mütter von heute ging: Die hätten – also mal so unter uns gesagt – ihre Kinder meistens gar nicht (mehr) im Griff. Disziplin und Ordnungssinn (warum ist mir bis zu diesem Moment entgangen, dass ein Schuhladen mit seinen sauberen, akkurat in Reihen stehenden und immer etwas traurig dreinschauenden Schuhen wie kein anderes Geschäft für diese Sekundärtugenden steht?) würden die Frauen von heute halt nicht mehr an ihre Kinder vermitteln. Die meisten von ihnen erzögen ihre Kinder halt gar nicht mehr richtig. Ich nutzte die Vorlage: Ob sie denn nicht fände (so ganz unter uns), dass wir Männer manchmal die besseren Mütter seien? »O ja!«
    Aber noch einmal zurück zum Drogerie-Fachmarkt: Wegen unserer Zwillinge war ich angesichts ihrer anfangs unterschiedlich raschen körperlichen Entwicklung gezwungen, zeitweilig zwei Pakete Windeln zu erwerben, und zwar in unterschiedlichen Größen: maxi und maxi-plus. Kaum war ich mit beiden Paketen an der Kasse angekommen, kam wie erwartet die liebevolle Intervention der Kassiererin: Das seien aber zwei unterschiedliche Größen. Nun schreien Windelpackungen durch ihr Design den Käufer geradezu an: quietschrot die Maxi-Version, Frühlings-Lila die Maxi-plus-Variante – abgesehen davon, dass für den alphabetisierten Teil der männlichen Käuferschaft zusätzlich noch die Produktnamen sowie die Größen in gut sichtbaren Lettern draufstehen und sogar das Gewicht der zu Wickelnden aufgedruckt ist (zudem die unterschiedlichsten Tiere wie Bärchen, Giraffen, Enten und ähnliches Gefleuch, das Designerinnen und Marketingexpertinnen vermutlich für besonders niedlich erachten). Ich tue mal nicht eingeschnappt und erwidere der Verkäuferin freundlich, ich wisse sehr wohl, dass das zwei unterschiedliche Größen seien – ich hätte halt zwei Säuglinge zu Hause. Ob sie mich versteht?
    Den ultimativen Hinweis zu diesem Thema verdanke ich übrigens meinem ältesten, damals erst sechsjährigen Sohn (!). Auf den Seitenrändern der Deckel von Babybrei-Gläschen finden sich Pfeile, um die richtige Richtung für das Öffnen zu markieren. Ich wollte es nicht glauben, durchforstete die Küche nach vergleichbaren Verpackungen – doch weder Honiggläser noch die Behältnisse für Preiselbeeren, saure Gurken, Erdnussbutter oder Perlzwiebeln wiesen diese Hilfestellungen auf. »Papa, warum ist nur auf diesen Gläsern draufgemalt, in welche Richtung man die aufschraubt?« Doch wohl nicht, weil sie zumeist von Müttern gekauft werden?

DAS SCHWEIGEN DER SÖHNE
    Mütter reden viel. Das ist selbstverständlich erst einmal eine gute Sache; ein altes Sprichwort sagt schließlich, dass, wer miteinander spricht, nicht aufeinander schießt. Aber darum geht es hier ja nicht. Es geht vielmehr um die Frage, warum Mütter augenscheinlich ständig mit den Kindern reden, genauer: auf sie einreden. Ein Kind ist den fortwährenden (oder immerwährenden) Kommunikationsversuchen der Mutter ausgesetzt. Betrachten wir einmal einen normalen Fünfjährigen (wobei wir allerdings keine Debatte um den Begriff des Normalen eröffnen wollen) in seiner kommunikativen Beziehung zu seiner Mutter. Da zieht sich das Einreden auf den Knaben im
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