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Alle jagen John Mulligan

Alle jagen John Mulligan

Titel: Alle jagen John Mulligan
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Buschkleider, die durch die Känguruh-Dornen überdies arg mitgenommen worden waren. So glich er denn allerdings eher einem Buschranger als einem Polizeibeamten, und das wollte er jetzt ausnutzen.
    »Wenn Ihr das von mir erfahren wollt«, erwiderte er deshalb mit angenommener Ruhe, »so gebt mir erst etwas zu essen, denn wenn ein Mensch wie ich tagelang in dem verdammten Busch da drüben am festen Land umhergehetzt und dann in See beinahe verhungert und verdurstet ist, nur um die Insel zu erreichen, hat er nicht viel Kräfte mehr übrig und braucht eine Stärkung. Habt Ihr einen Schluck Brandy?«
    »Nicht einen Tropfen. Aber wer hat Euch gehetzt, mein Bursche?« setzte Rotkopf hinzu und betrachtete sich den Fremden aufmerksam vom Kopf bis zu den Füßen. »Ich dächte doch, die Buschranger sind drüben ziemlich dünn geworden, seit wir fort sind.«
    »Wer? - Nun, die verdammte Polizei!« sagte Tolmer ärgerlich.
    »Oh, die habt Ihr hinter Euch gehabt? Ja, das kann ich mir denken«, sagte der Buschranger lachend. Mr. Tolmer soll ein trefflicher Führer sein.«
    »Wer?« sagte Tolmer mit angenommenem Erstaunen.
    »Oh, Ihr kennt den Mann wohl nicht«, meinte Rotkopf trocken, »schade, daß ich keinen Spiegel hier habe, ich könnte Euch sonst eine vortreffliche Beschreibung seiner Person geben.«
    »Einen Spiegel?« fragte Tolmer, und fast unwillkürlich suchte seine Hand das versteckte Pistol, denn einmal erkannt, wußte er sich auch verloren.
    »Laßt die Waffen nur stecken, Mr. Tolmer«, sagte da Rotkopf, in aller Muße die Hähne seines Gewehres in Ruhe setzend und dem Polizeibeamten fest ins Auge schauend, »ihr seht, ich kenne Euch und schieße Euch weder über den Haufen, noch rufe ich meine Leute, daß sie sich vielleicht einen besonderen Spaß mit Euch machten. Aber - die Wahrheit ist, Ihr kommt mir da wie gerufen, und dem allein habt Ihr's auch zu danken, daß ich Euch nicht gleich, als wir hier ankamen und ich Euch im Baum bemerkte, eine Ladung Posten durch den Leib jagte.«
    »Und wenn ich nun nicht jener Tolmer wäre?« sagte dieser.
    »Beruhigt Euch darüber, erwiderte ihm der Räuber, »ich habe Euch einmal gesehen, als ich vor vier Jahren, gerade frisch eingefangen, vor Euch gebracht wurde, und ich habe ein verdammt gutes Gedächtnis für alte Bekannte. Doch zur Sache. Ihr seid zur Känguruh-Insel gekommen, um unseren Gentleman John einzufangen, wie?«
    »Ja«, sagte Tolmer nach kurzem Zögern mit entschlossener Stimme. »Zum Henker noch einmal, ich sehe jetzt keinen Grund mehr, Euch ein Geheimnis daraus zu machen.«
    »Gesprochen wie ein Mann«, sagte der Buschranger lachend, »aber - ich kann mir nicht gut denken, daß Ihr die ›Kleinigkeit‹ allein solltet unternommen haben.«
    »Ich habe Hilfe«, erwiderte Tolmer, aber doch nicht ohne einiges Zögern.
    »Bei der Hand?«
    »Nicht weit.«
    »Hm«, sagte der Buschranger, »aber Ihr wißt, wie ungewiß Euer Erfolg ist, wenn John den geringsten Verdacht schöpft.«
    »Allerdings«, erwiderte Tolmer, der den Plan des Burschen jetzt leicht durchschaute und freier Atem schöpfte, »aber Ihr wißt auch, welchen Preis die Regierung dem zugedacht hat, der uns den Verbrecher überliefern hälfe. Fort könnt Ihr nicht mehr; der Schoner ist schon beobachtet und kann nicht mehr auslaufen, und die Insel hier ist nicht groß genug, Euch lange Zuflucht zu gewähren.«
    »Hm, ja«, erwiderte Rotkopf, »wenn's auch vielleicht noch nicht so schlimm ist, wie Ihr es macht; denn die Geschichte von dem Schoner habt Ihr doch nur erst oben im Baum gehört.«
    »Er liegt am Kap Borda«, erwiderte Tolmer ruhig, »ist von einem Bruder Bloomes, der das Fahrzeug navigieren soll, in Adelaide gekauft, und Bloome glaubt, daß er zwischen Sydney, Neuseeland und der Insel Handel treiben soll.«
    »Alle Teufel!« rief Rotkopf überrascht, »dann hat die Polizei also doch Wind davon bekommen. Aber das«, fuhr er, die Zähne aufeinanderbeißend, fort, »wißt Ihr nicht, daß Gentleman John, Verräter der er ist, beabsichtigt, uns hier im Stich zu lassen und Hals über Kopf den Schoner in See haben will, um uns loszuwerden.«
    »Ich weiß vielleicht noch mehr als das«, sagte Tolmer lächelnd, »aber das sind Nebensachen, die hier mit unserem Geschäft nichts zu tun haben. Wollt Ihr mir beistehen, diesen Gentleman John einzufangen?«
    »Ja! - Aber Ihr sichert mir freien Pardon?« fragte der Buschranger, ihn dabei scharf ansehend.
    »Den sichere ich Euch, und außerdem den halben Fangpreis,
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