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Alle jagen John Mulligan

Alle jagen John Mulligan

Titel: Alle jagen John Mulligan
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Euch jemanden mitbringen sollen; das Zeug ist verwünscht schwer.«
    »Allerdings«, sagte Rotkopf, die Tasche etwas lüftend und dann über die linke Schulter hängend, »doch es ist nicht so weit bis zu unserem Lager, und ich werde sie schon fortbringen.«
    »Rotkopf«, sagte da Gentleman John, indem er ihm vertraulich auf die Schulter klopfte, »ich habe Euch nicht umsonst hierher beschieden - ich habe noch ein Geheimnis, das ich Euch anvertrauen möchte - wenn ich eben auf Eure Verschwiegenheit und Treue rechnen könnte.«
    »Und das wäre?« rief Rotkopf, indem er überrascht zu seinem Hauptmann aufsah.
    »Ich habe hier in der Nähe Geld vergraben«, flüsterte ihm dieser zu, indem er sich wie scheu und vorsichtig dabei umsah.
    »Alle Teufel«, rief Rotkopf mit unterdrückter Stimme, »und wo da?«
    »Wir wollen zum Haus gehen, dort will ich Euch den Fleck beschreiben.«
    »Zum Haus? - Hm«, sagte der Buschranger, »ja - recht gern - aber könnt Ihr es mir nicht hier sagen?«
    »Hab ich dich, Bursche?« sagte da John lachend, indem er einen Schritt zurücktrat und sein Gewehr aufgriff, aber dabei noch immer vorsichtig ihn zwischen sich und dem Hause hielt. »Rühr dich jetzt von der Stelle, und du bist -«.
    »Teufel!« rief der also überlistete Leutnant, indem er den sich dessen nicht gleich versehenden Buschranger unterlief und mit seinen Armen umschlang, »hierher, zu Hilfe - hierher - verdammt, wenn ich dich nicht - «
    »Danke dir«, sagte Gentleman John ruhig. Mit raschem Griff hatte er aber auch in demselben Moment ein Pistol aus seiner Tasche gerissen, und während er es in das Ohr seines Leutnants abdrückte, flog sein Blick schon zu dem Haus hinüber, aus dem jetzt Tolmer mit gespannter Flinte herbeisprang, seinem Verbündeten beizustehen.
    Gentleman John wollte rasch sein eigenes Gewehr aufgreifen, Rotkopf aber riß es durch das Gewicht seines stürzenden Körpers mit sich zu Boden nieder, daß sich beide Läufe entluden, und der Buschranger sah jetzt sein Heil gegen den besser bewaffneten Feind nur in rascher Flucht. Den anderen Angreifer hielt er natürlich für einen der im Busch verlassenen Bande, der nicht wagen durfte, ihm weit gegen die Ansiedlung hin zu folgen, und in schnellem Sprung einen Baum zwischen sich und den Verfolger bringend, floh er mit raschen Sätzen den nur hier und da bewaldeten Hang hinauf.
    Tolmer feuerte sein Rohr auf ihn ab; das Gestrüpp entzog aber den Flüchtigen gleich darauf seinen Blicken, und es blieb ihm jetzt keine andere Wahl, als so rasch wie möglich seine Leute zu erreichen und den offenen Kampf gegen den Verbrecher und seinen Trupp zu beginnen.
    Sein Schuß war aber doch nicht ohne Wirkung geblieben, denn wenn er den Räuber auch nicht in seiner Flucht hemmte, hatte ihn doch ein Schrotkorn in die Seite getroffen. Trotzdem, und den Schmerz verbeißend, gewann der bald die offene Stelle der Ansiedlung und eilte in die Hütte, in der Jenny auf ihn wartete.
    Die unglückliche Frau saß am Kamin, das Haupt auf die Lehne des Stuhles gedrückt, auf dem sie ruhte, und regte sich nicht, als er die Tür öffnete.
    »Jenny!« rief John, »komm - der Augenblick zur Flucht ist da - mein Schiff liegt bereit, uns aufzunehmen. Komm, Herz, ermanne dich und laß das dumpfe Brüten. - Tot ist tot, und alle Tränen erwecken dein armes Kind doch nicht wieder zum Leben.«
    »Tot ist tot«, stöhnte da die arme Frau, indem sie das bleiche Antlitz und die tränenlosen Augen zu ihm erhob. »Sagst du mir das, Mörder meines Kindes?«
    »Unsinn, Schatz!« rief der Räuber, in aller Hast seine im Zimmer umhergestreuten wenigen Habseligkeiten und Waffen zusammenraffend. »Was kann ich dafür, daß das schwache Ding die Strapazen unseres Marsches nicht ertragen hat. Hab ich es nicht den halben Tag geschleppt? - Aber eile dich - weiß der Teufel, wie die Kunde so rasch über die Insel gekommen ist; dein Mann, mein Schatz, ist hinter uns her, und wir müssen wahrhaftig machen, daß wir an Bord kommen.«
    »Dort liegt es«, rief da plötzlich die Frau, den Arm von sich gestreckt, mit glanzlosem Blick ins Leere starrend, »dort, dort, in seinem armen, kalten Bett - in der harten, erbarmungslosen Erde, die es hält und nimmer, nimmer wiedergeben will - kein warmes Tuch dabei, seine zarten Glieder einzuhüllen - kein Kissen, das kleine, liebe Haupt darauf zu betten - nicht einmal einen kahlen, harten Sarg für das Wesen, für das ich mit Freuden mein Leben hingegeben hätte. Fort - fort von
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