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Alien Earth - Phase 2

Titel: Alien Earth - Phase 2
Autoren: Frank Borsch
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Themengärten und den Nilterrassen führten, öffneten sich. Hunderte von Köpfen wandten sich um, darunter der Rainers. Zwanzig Männer traten ein und verneigten sich. Jeder von ihnen war ein Riese mit Oberlippenbart, trug einen exquisiten Kunstseidenanzug und war - unverwechselbar und einzigartig - Mahmut, der Prächtige.
    »Natürlich ist nur einer von ihnen der wahre Mahmut al-Shalik«, fuhr Mahmut fort. Die Köpfe wandten sich wieder der Bühne zu. Sie war verlassen. Verwirrt sahen sich die Gäste um, nicht wenige von ihnen ungehalten darüber, dass der gro ße Mahmut al-Shalik wieder einen seiner Scherze mit ihnen trieb. »Helfen Sie mir, ihn zu finden«, drang Mahmuts Stimme aus dem Soundsystem des Ballsaals. »Derjenige, der heute um Mitternacht den wahren Mahmut al-Shalik benennt - und seine Wahl stichhaltig begründen kann -, soll mit einer lebenslangen Apanage belohnt werden!«
    Die zwanzig Mahmuts traten in den Saal und mischten sich Hände schüttelnd und lächelnd unter die Gäste.
    »Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen!«, rief der unsichtbare Mahmut, »und begrüße William Harry Dickerson VI., Konteradmiral
der Nil-Flottille, der ein Grußwort der US Navy übermitteln wird. Ich bitte um Applaus!«
    Die Gäste klatschten. Der Admiral betrat die Bühne. Er war ein Mann in den 50ern, kerzengerade, mit einem scharfen, von tiefen Furchen gezeichneten Gesicht. Ein Mann, der es gewohnt war, dass man seinem Wort Gehör schenkte. Nach dem virtuosen, lebenslustigen Mahmut wirkte er hölzern und fehl am Platz.
    »Meine Damen, meine Herren …«, begann er - und das war alles, was Rainer Hegen von dem Konteradmiral wahrnahm, dem Herrn über eine kampfstarke Flotte, die ohne die regelmäßige Belieferung durch Mahmut al-Shaliks Firmen innerhalb von Tagen ihrer Einsatzbereitschaft verlustig gehen würde. Rainer wandte sich ab und suchte Zuflucht am Buffet, wo die aufgeregten Gespräche mit den 20 Mahmuts und über sie die Rede im Saal übertönten. Rainer konnte Reden ebenso wenig ausstehen wie sein Gönner.
    Beinahe sieben Monate hielt er sich nun in Kairo auf. Manchmal kam es ihm so vor, als ob es bereits sieben Jahre wären - und er sich nicht mehr auf der Erde, sondern auf einem anderen Planeten befände. Kairo, die 17-Millionen-Stadt und Kultur- und Geistesmetropole des Watan, des arabischen Teils der Union, aber auch die Gastfreundschaft Mahmut al-Shaliks muteten wie ein Traum an. Rainer Hegen genoss die sauberen Straßen der Stadt, ihre märchenhafte Sicherheit, die es gestattete, zu jeder beliebigen Tages- und Nachtzeit die Parks aufzusuchen, die ambientisierten Untergrundviertel, die sich im inzwischen 50 Jahre anhaltenden Post-Vereinigungsboom viele Kilometer weit in den Wüstenboden vorgearbeitet hatten. Ja selbst den motorisierten Verkehr, der einen flüchtigen Beobachter an Wahnwitz erinnern musste, bei dem es sich in Wirklichkeit jedoch um ein von einem Rechnerverbund sorgfältig choreographiertes Ballett handelte.
    Und da war Mahmut al-Shalik selbst, der Spross dieser prächtigen Stadt. Mahmut hatte Rainer die Ausreise aus Europa ermöglicht, als das Fluchtgeld, das Rainer von Wolf erhalten
hatte, zur Neige gegangen war. Er hatte ihn in seinem Haus aufgenommen, ihn eingekleidet und ausgestattet, ihm einen persönlichen Arabisch- und Englischlehrer zur Seite gestellt und eine Forschungsstelle an der American University verschafft. Vor allem aber hatte er sich etwas von seiner unschätzbar wertvollen Zeit für ihn genommen, den abgerissenen Flüchtling aus dem verarmten, zurückgebliebenen Europa, um sich seine Geschichte in aller Ausführlichkeit anzuhören. Fassungslos hatte er den Kopf geschüttelt: »Furchtbar! Wie kann man Menschen so etwas nur antun? Sie Überschussmenschen zu nennen, sie in Züge zu sperren und darauf zu warten, dass sie einander umbringen? Ist die Tünche der Zivilisation tatsächlich so dünn? Sind wir denn Tiere?«
    Rainer Hegens Namensschild vibrierte, als er sich der Menschentraube näherte, die gleich ihm am Buffet Zuflucht vor den Ergüssen des Konteradmirals suchte.
    »Janet Artado«, las er im Display seiner Datenbrille. »Aufsichtsratsvorsitzende von Trans-Artery Shipping. Anknüpfpunkte beruflich/privat: Interesse an verbesserter Treibstoffeffizienz /Seglerin.«
    Rainer Hegen nickte der gewichtigen Frau in den besten Jahren freundlich zu und setzte seinen Weg fort. Sein Namensschild vibrierte wiederum innerhalb weniger Schritte.
    »Falah Hadeed«, las er.
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