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Alien Earth - Phase 2

Titel: Alien Earth - Phase 2
Autoren: Frank Borsch
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»Junior-Minister für Wasserbewirtschaftung und Bewässerung. Anknüpfpunkte beruflich/privat: mit dem Problem vorzeitiger Alterung der Turbinenschaufeln der Nilkraftwerke befasst/Faible für mitteleuropäische Kultur.«
    Rainer deutete eine Verbeugung an und entschlüpfte durch eine Lücke zwischen zwei Gästegruppen dem dunkelhäutigen Mann mit dem mächtigen Schnurbart.
    Wieder vibrierte sein Namensschild. »Bob Waszynski«, las er. »Risikogeldgeber, Rang 123 auf der Forbes/Al Dschasira-Liste der einflussreichsten Impulsgeber der amerikanisch-arabischen Wirtschaft. Anknüpfungspunkte beruflich/privat: spezialisiert darauf, Talent an ungewöhnlichen Orten zu finden/ zweiter Sohn (7) liegt nach Badeunfall im Koma.«

    Rainer duckte sich weg, entging den herzlich ausgestreckten Armen Waszynskis. Er stieß einige Wartende zur Seite - zum Glück niemanden, auf den sein Namensschild angesprochen hätte, also niemand Wichtigen - und brachte einen Teller und Besteck in seinen Besitz. Sodann reihte er sich in die Schlange am Buffet ein. Sein Namensschild vibrierte. »Jane Safa’ El-Din«, las er. »Gattin. Anknüpfungspunkte beruflich/privat: keine/ gesellschaftliches Netzwerken, Tratsch & Klatsch.« Rainer wollte auf dem Absatz kehrt machen, aber die Frau hatte sich bereits umgewandt. Ihr Namensschild musste ihn ins das Visier ihrer Datenbrille gebracht haben. »Ah, Sie sind der Deutsche, nicht?«, fragte sie, als hätte sie die Information nicht längst von ihrem eigenen Display abgelesen.
    »Ja«, murmelte Rainer.
    Sie gab ihm die Hand. »Freut mich, Sie kennenzulernen. Wie geht es Ihrer Tochter?«
    Mahmut musste Blitz in sein öffentliches Profil aufgenommen haben. Mahmut glaubte an rückhaltlose Offenheit. »Wie kann man einander kennenlernen, wenn man die wichtigen Dinge für sich behält?«, fragte er immer. Und wenn Rainer ihm nicht augenblicklich zustimmte, fuhr er fort: »Außerdem hast du nichts zu verbergen, mein Freund, oder? Dir und Blitz ist gelungen, was den wenigsten gelungen ist. Ihr seid der Barbarei des unrettbar im Niedergang begriffenen Europas entflohen. Du solltest stolz sein!«
    »Nun…?«, hakte Jane Safa’ El-Din nach, offenbar entschlossen, wenigstens einen einzigen Brocken verwertbaren Klatsch aus ihm herauszuholen.
    »Blitz … oh, es geht ihr gut«, zwang Rainer höflich hervor. Kairo war ein Dorf. Und in einem Dorf war es keine gute Idee, jemanden vor den Kopf zu stoßen. »Den Umständen entsprechend. Mahmut sorgt dafür, dass es ihr an nichts fehlt. Er ist sehr großzügig.«
    »Das ist er! Seine Empfänge sind die gelungensten in ganz Kairo. Was sage ich? Im ganzen Watan! Und er lädt immer so interessante Gäste ein. Schauen Sie, da drüben!« Sie zeigte auf
eine Blondine in einem kurzen Kleid. »Die fünfte Frau des Gouverneurs. Es heißt, sie …«
    Rainer erfuhr alles über die Frau des Gouverneurs und ihre Vorlieben für Affären mit hochgestellten Offizieren. Es hieß, flüsterte Jane Safa’ El-Din ihm zu, dass die Einsatzbereitschaft der Armee bereits gefährdet war. Zu viele fähige Offiziere fanden sich längst auf verlorenen Wüstenposten wieder, auf die sie der Zorn des betrogenen Gatten katapultiert hatte.
    Nach einer Viertelstunde gelang Rainer mit dem Hinweis auf seinen leeren Teller die Flucht. Er tauchte in der Menge unter, drückte seinen Teller einem Diener in die Hand, ignorierte das Dauersummen seines Namensschilds, das ihn aufforderte, sich zu vernetzen, sich zu etablieren, Teil der Elite der größten Nation zu werden, welche die Erde je gesehen hatte. Er drückte sich durch die Menschentrauben und schlüpfte durch eine der großen Flügeltüren aus dem Ballsaal.
    Draußen erwarteten ihn der Nil, der träge unterhalb der Terrasse dahinfloss, die warme, aber frische Luft der Frühsommernacht, Ungestörtheit - und die Sterne. Er setzte sich auf eine der Stufen, die zum Ufer und dem privaten Badeplatz Mahmuts führten, und sah zu ihnen hinauf. In seinem alten Leben hatte er die Sterne bestenfalls mit einem Seitenblick gewürdigt. Sie waren Lichtpunkte am Himmel gewesen, weit entfernt, bedeutungslos. Sie hatten ihm nichts zu bieten gehabt. Jetzt, in seinem neuen Leben, in dem alles - und mehr! - in Erfüllung gegangen war, was er sich je erträumt hatte, konnte er den Blick nicht mehr von ihnen abwenden. Irgendwo dort hatten sich die Seelen von 100.000 armen Teufeln wiedergefunden, auf Sigma V, wenn die Aliens nicht gelogen hatten. Wolf, der Wolfsmensch, war seinem
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