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Alien Earth - Phase 2

Titel: Alien Earth - Phase 2
Autoren: Frank Borsch
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Hunderttausend
gekauert und das Korps auf Abstand gehalten hatte, das den Frankfurter Hauptbahnhof gestürmt hatte.
    Sie waren zwei Hunter gewesen, Alien-Jäger, die ihren Eid an der Menschheit verrieten, um die Menschheit zu retten. Paul hatte den Alien-Seelen das Tor in die Körper von Menschen weit geöffnet - und er hatte Ekins Seele fortgeschickt, zwischen die Sterne, in den Körper eines Aliens, womöglich ins Nichts.
    Paul fragte sich immer noch, wer von ihnen beiden es schlechter erwischt hatte. Er, Paul, der unter den Menschen geblieben war und sich ihrer Vergeltung ausgeliefert hatte? Oder Ekin, die den Sprung in den tiefsten Abgrund gewagt hatte, dem sich ein Mensch je gegenübergesehen hatte?
    Er hörte das Surren der Ambientalanlage, die seine Zelle auf Kühlschranktemperatur hielt und die Wolfs auf der eines Heizraums; das metallische Pochen, das von irgendwo im Tunnellabyrinth des unterirdischen Gefängnisses kam, sich über das Leitungsnetz fortsetzte und niemals aufhörte; die Schreie von verhörten Aliens, die aus Menschenmündern kamen, unmenschlich und in ihrem Leid zugleich so menschlich, das sie Paul in den ersten Wochen beinahe den Verstand gekostet hätten. Und hörte er in sich hinein, sagte ihm eine Stimme, dass er Schuld hatte - an allem, was geschehen war, geschah und geschehen würde. Daran, dass Menschen Aliens quälten und Menschen Menschen. Dass die Aliens überhaupt auf der Erde waren. Und Ekin nicht mehr.
    Paul drängte das Surren, die Schläge, die Schreie und seine Schuld zurück, konzentrierte sich auf das Loch.
    Er hörte ein leises Hecheln, wie das eines Hundes, den man in der Juli-Hitze im Park Stöckchen jagen ließ. Oder das eines Wolfsmenschen, dem sein Schöpfer einen schmalen, zu klein ausgefallenen Brustkorb, einen wärmenden Pelz und eine vorzügliche Anpassung an kühles Klima mitgegeben hatte - eines Wolfsmenschen, der seit Monaten bei 35 Grad plus gehalten wurde.
    »He, alter Fleischfresser!«, rief Paul. »Was hast du? Wieder
mal ein Stück zu viel Wache abgebissen, und jetzt kannst du dich nicht mehr rühren, weil dir der Bauch zu sehr spannt?«
    Der Witz war abgedroschen, wie alles, was Paul und Wolf sich nach der endlos erscheinenden Zeit zu sagen hatten, die man sie nun schon in ihrem Verlies festhielt. Schlechter Häftlingsmachismo. Es war alles, woran sie sich noch klammern konnten. Und wie alles, was sie einander sagten, sagte es mehr, als es schien. Mehr, hofften sie, als der Gefängnisrechner, der jedes ihrer Worte, jede ihrer Bewegungen und Nicht-Bewegungen erfasste und analysierte, ergründen konnte.
    Wolf antwortete nicht gleich. Das Hecheln wurde schneller, als er Kraft und Atem sammelte. »Ich weiß nicht«, drang seine Stimme durch das Loch in der Wand. »Eine von den fünf muss wohl verdorben gewesen sein.« Dann lachte er bellend. Es war dünn und klang nach asthmatischem Schoßhund.
    Paul lachte mit, um sich nichts anmerken zu lassen. Der Sensor, der irgendwo in seinem Körper implantiert war, las seinen Puls mit, seine Hirnströme, die Temperatur seiner Haut und hundert andere Werte und gab sie weiter. Jede nicht durch einen äußeren Anlass erklärbare Veränderung erregte den Argwohn des Gefängnisrechners. Lachen brachte die Werte durcheinander, warf einen schützenden Schleier über das, was tatsächlich in einem vorging.
    Paul und Wolf lachten oft.
    Fünf hatte Wolf gesagt. Fünf bedeutete »Achtung!«.
    Wolfs Verhör war kein gewöhnliches gewesen. Die Wachen hatten ihn härter angegangen als üblich. Wolf hatte nicht mehr stehen können, als sie ihn zurückgebracht hatten. Das war nicht mehr vorgekommen, seit die erste Wut über den Massenseelentransfer in Frankfurt verraucht gewesen war und das Hunter-Korps seine Leute wieder in den Griff bekommen hatte. Doch in den ersten Stunden nach dem Transfer … Paul, der Verräter an der Menschheit, hatte eine Menge einstecken müssen, vielleicht noch mehr als Wolf, das Tier, das sich angemaßt hatte, über Menschen zu bestimmen, wenn es auch nur Überschüssige gewesen waren.

    »Du lernst es nie, was?« Paul schüttelte den Kopf und begann, auf der Stelle auf und ab zu hüpfen. Es hielt warm und half mit, dass seine Messwerte atypisch blieben. »Die Gürtelschnallen sind nur das Schleifchen um den Braten. Man isst es nicht mit.«
    Wolf lachte. Hechelnd, ohne dass Paul ihn hätte auf und ab springen hören. Wolf bewegte sich so wenig wie möglich, damit ihn die Hitze nicht umbrachte. Das Hecheln
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