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Alice im Wunderland

Alice im Wunderland

Titel: Alice im Wunderland
Autoren: L Carroll
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sehr dumm.«
     
    »Du solltest dich schämen, eine so dumme Frage zu thun,« setzte der Greif hinzu, und dann saßen beide und sahen schweigend die arme Alice an, die in die Erde hätte sinken mögen. Endlich sagte der Greif zu der falschen Schildkröte: »Fahr' zu, alte Kutsche! Laß uns nicht den ganzen Tag warten!« Und sie fuhr in folgenden Worte fort:
     
    »Ja, wir gingen zur Schule, in der See, ob ihr es glaubt oder nicht –«
     
    »Ich habe nicht gesagt, daß ich es nicht glaubte,« unterbrach sie Alice.
     
    »Ja, das hast du,« sagte die falsche Schildkröte.
     
    »Halt den Mund!« fügte der Greif hinzu, ehe Alice antworten konnte. Die falsche Schildkröte fuhr fort.
     
    »Wir gingen in die allerbeste Schule; wir hatten vier und zwanzig Stunden regelmäßig jeden Tag.«
     
    »Das haben wir auf dem Lande auch,« sagte Alice, »darauf brauchst du dir nicht so viel einbilden.«
     
    »Habt ihr auch Privatstunden außerdem?« fragte die falsche Schildkröte etwas kleinlaut.
     
    »Ja,« sagte Alice, »Französisch und Klavier.«
     
    »Und Wäsche?« sagte die falsche Schildkröte.
     
    »Ich dächte gar!« sagte Alice entrüstet.
     
    »Ah! dann gehst du in keine wirklich gute Schule,« sagte die falsche Schildkröte sehr beruhigt. »In unserer Schule stand immer am Ende der Rechnung, ›Französisch, Klavierspielen, Wäsche – extra.‹«
     
    »Das könnt ihr nicht sehr nöthig gehabt haben,« sagte Alice, »wenn ihr auf dem Grund des Meeres wohntet.«
     
    »Ich konnte keine Privatstunden bezahlen,« sagte die falsche Schildkröte mit einem Seufzer. »Ich nahm nur den regelmäßigen Unterricht.«
     
    »Und was war das?« fragte Alice.
     
    »Legen und Treiben, natürlich, zu allererst,« erwiederte die falsche Schildkröte; »Und dann die vier Abtheilungen vom Rechnen: Zusehen, Abziehen, Vervielfraßen und Stehlen.«
     
    »Ich habe nie von Vervielfraßen gehört,« warf Alice ein. »Was ist das?«
     
    Der Greif erhob beide Klauen voller Verwunderung. »Nie von Vervielfraßen gehört« rief er aus. »Du weißt, was Verhungern ist? vermuthe ich.«
     
    »Ja,« sagte Alice unsicher, »es heißt – nichts – essen – und davon – sterben.«
     
    »Nun,« fuhr der Greif fort, »wenn du nicht verstehst, was Vervielfraßen ist, dann bist du ein Pinsel.«
     
    Alice hatte allen Muth verloren, sich weiter danach zu erkundigen, und wandte sich daher an die falsche Schildkröte mit der Frage: »Was hattet ihr sonst noch zu lernen?«
     
    »Nun, erstens Gewichte,« erwiederte die falsche Schildkröte, indem sie die Gegenstände an den Pfoten aufzählte, »Gewichte, alte und neue, mit Seeographie; dann Springen – der Springelehrer war ein alter Stockfisch, der ein Mal wöchentlich zu kommen pflegte, er lehrte uns Pfoten Reiben und Unarten, meerschwimmig Springen, Schillern und Imponiren.«
     
    »Wie war denn das?« fragte Alice.
     
    »Ich kann es dir nicht selbst zeigen,« sagte die falsche Schildkröte, »ich bin zu steif. Und der Greif hat es nicht gelernt.«
     
    »Hatte keine Zeit,« sagte der Greif; »ich hatte aber Stunden bei dem Lehrer der alten Sprachen. Das war ein alter Barsch, ja, das war er.«
     
    »Bei dem bin ich nicht gewesen,« sagte die falsche Schildkröte mit einem Seufzer, »er lehrte Zebräisch und Greifisch, sagten sie immer.«
     
    »Das that er auch, das that er auch, und besonders Laßsein,« sagte der Greif, indem er ebenfalls seufzte, worauf beide Thiere sich das Gesicht mit den Pfoten bedeckten.
     
    »Und wie viel Schüler wart ihr denn in einer Klasse?« sagte Alice, die schnell auf einen andern Gegenstand kommen wollte.
     
    »Zehn den ersten Tag,« sagte die falsche Schildkröte, »neun den nächsten, und so fort.«
     
    »Was für eine merkwürdige Einrichtung!« rief Alice aus.
     
    »Das ist der Grund, warum man Lehrer hält, weil sie die Klasse von Tag zu Tag leeren.«
     
    Dies war ein ganz neuer Gedanke für Alice, welchen sie gründlich überlegte, ehe sie wieder eine Bemerkung machte. »Den elften Tag müssen dann Alle frei gehabt haben?«
     
    »Natürlich!« sagte die falsche Schildkröte.
     
    »Und wie wurde es den zwölften Tag gemacht?« fuhr Alice eifrig fort.
     
    »Das ist genug von Stunden,« unterbrach der Greif sehr bestimmt: »erzähle ihr jetzt etwas von den Spielen.«
     
     
Zehntes Kapitel - Das Hummerballet.
 
    Die falsche Schildkröte seufzte tief auf und wischte sich mit dem Rücken ihrer Pfote die Augen. Sie sah Alice an und versuchte zu
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