Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alfons die Weihnachtsgans

Alfons die Weihnachtsgans

Titel: Alfons die Weihnachtsgans
Autoren: Kari Koester-Loesche
Vom Netzwerk:
nicht benutzt werden.
    Tore musterte jedes einzelne Paket der Eltern, versuchte Größe und Gewicht abzuschätzen und was sie wohl enthalten würden. Aber nicht einmal der Empfänger war angegeben. Seine Mutter war mit äußerster Schläue vorgegangen, damit er ja nicht riet, was drin war. Dass ein Hund nicht als Paket verpackt werden konnte, war ja klar, aber es fehlte auch das winzige Päckchen, nach dem er insbesondere Ausschau hielt. »Kein Handy?«, platzte er schließlich enttäuscht heraus. Das war sein heißester Wunsch gewesen.
    »Ich weiß von keinem Handy«, sagte sein Vater knurrig und reichte ihm als Letztes einen alten gefütterten Bundeswehrschlafsack.
    »Was soll ich denn mit dem?«, erkundigte sich Tore und beäugte ihn misstrauisch.
    »Dich warmhalten«, antwortete der Vater. »Du schlüpfst bei Beginn der Fahrt hinein! Es fehlte noch, dass du dich zu Weihnachten erkältest ...!«
    »Ich erkälte mich nicht!« Tore blitzte seinen Vater wütend an.
    »... dann auf der Hallig die Grippe bekommst«, fuhr der Vater mit erhöhter Lautstärke fort, »und Opa oder Oma gefährdest. Die Krankheit ist ansteckend, vor allem für ältere Leute. Hast du mich verstanden?«
    Der Blick in Vaters Gesicht belehrte Tore, wie ernst es ihm war. Er wusste von Onkel Calle. Auch hatte er schon gehört, dass eine alte Frau aus Ockholm im Krankenhaus an der Grippe gestorben war. »Also gut«, sagte er widerwillig. »Versprochen!«
    »Gut. Dann müssen wir hoffen, dass Opa Fedder bald zurückkommt.«
    Noch froren sie in der Lore nicht, wenn auch Fedder auf sich warten ließ.
    Einige Minuten später brauste ein schwarzer Opel heran, der auf dem eisigen Boden den letzten Meter im Bogen herumschlitterte und schließlich neben der Postschifferlore stehenblieb.
    Tore betrachtete den Wagen mit Interesse. Cool, wie der auf seinen Sommerreifen ankam. Mit einer Stopptechnik wie Pinguine auf Eis.
    Ein junger Kerl sprang aus dem Wagen, mit spärlichen blonden Barthaaren, eine schwarze Weste über dem karierten Oberhemd. Ohne Tore und seinen Vater zu beachten, riss er die hintere Tür auf und zerrte eine Kiste von der Rückbank. Die setzte er im Fußraum der Lore ab, mit ziemlichem Karacho, anscheinend passte ihm etwas nicht. Dann nickte er herüber, warf sich in seinen Wagen und haute mit Vollgas ab.
    Tore sah dem jungen Mann nach, bis er in die Straße einbog, die zur Bundesstraße führte. Die Kiste nahm ganz schön viel Platz weg, aber der Kerl hatte sich gar nicht erkundigt, ob sie überhaupt erwünscht war. Oder mitgeteilt, dass alles mit Opa abgesprochen war. Tore fand die Kiste überflüssig. Bis er das Gitter in der Vorderfront bemerkte. Dahinter bewegte sich etwas Weißes.
    »Eine Gans«, stellte er erfreut fest und schlüpfte aus demAuto. Auf diesem ungemütlichen, menschenleeren Platz, auf dem es nichts als Geleise, Loren, eine Werkhalle und ein Bürogebäude gab, abgesehen von einem Riesenhaufen zugebundener Müllsäcke und eingesammelter Fischkästen, war er ganz bestimmt der einzige Sachverständige für Gänse. Ganz cool schlenderte er hin.
    Vorsichtig steckte Tore einen Finger durch das Maschengitter. Ein Trumm von Gans. Bestimmt ein Ganter, auf den zu Weihnachten eine Schar von Gänsen wartete, die er in Zukunft über die Hallig führen konnte. Er war jedenfalls zahm, das merkte Tore sofort, weil er ans Gitter kam, um sich am Halsgefieder kraulen zu lassen. Ein Leitganter, er ähnelte seinem Liebling Alfons wie ein Ei dem anderen.
    Tore stand vor der Lore und unterhielt sich leise mit dem Ganter, der eine Weile höflich zuhörte und dann antwortete. Der Junge nickte verständnisvoll. Dann überlegte er, ob die Gans unterwegs nicht durstig werden würde. Aber wahrscheinlich würde das Wasser sowieso zu Eis frieren. Noch war es bestimmt nicht über Null.
    Plötzlich entstand hinter ihm Bewegung, der Vater sprach, und jemand umarmte ihn von hinten.
    Opa Fedder. Ein Riese von Mann, der trotz seines Alters kräftig zupackte. Sein grauer Bart kitzelte Tore am Ohr. Grässlich, so von Erwachsenen eingefangen zu werden! Einem Kuss entging er glücklicherweise, weil er sich mit seiner neuen sportlichen Technik aus der Umarmung herauswinden konnte.
    »Donnerwetter! Du bist ja ganz schön stark geworden«, sagte Fedder bewundernd. »Und wieder gewachsen.«
    »Ja, beides«, behauptete Tore, noch ein wenig verärgert wegen seines Überfalls. »Ich bin jetzt in der Handballgruppe der Schule. Und nicht der Schlechteste.«
    »Ja, das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher