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Alfons die Weihnachtsgans

Alfons die Weihnachtsgans

Titel: Alfons die Weihnachtsgans
Autoren: Kari Koester-Loesche
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von Gänsen befand sich hier noch, obwohl sie nun wohl allmählich lieber im Stall gewesen wären. Zumindest stellte sich Tore es so vor. Sie schnatterten zur Begrüßung und marschierten heran, vorweg Alfons, der einen besonderen Ton hatte. Ihn hörte man immer heraus.
    »Gibt es bei euch auch Weihnachtsgans?«, fragte Onkel Calle, während er mit schnell steif werdenden Fingern den Knoten am Tor zur Fenne aufzuknüpfen versuchte.
    Tore machte eine betroffene Miene. »Sollen alle deine Gänse zu Weihnachten gebraten werden? Bei meinen Elterngibt es Langkohl mit geräucherter Schweinebacke und süßen Bratkartoffeln.«
    Calle wusste, was seinen jungen Freund bewegte. »Zu dem Zweck ziehe ich die Gänse auf, ja. Ich schlachte und verkaufe sie. Damit bessere ich meine Rente auf, weißt du? Nicht alle Menschen mögen Schweinebacke. Und die Schweine müssen auch geschlachtet werden, wenn sie ihre Backen liefern sollen.«
    Das stimmte zwar, aber im Augenblick war es Tore egal. »Aber Alfons schlachtest du doch nicht, oder?«
    »Doch, auch Alfons«, antwortete Calle ehrlich und ein bisschen bedauernd. »Er ist vorbestellt.«
    Tore sah ihm entsetzt ins Gesicht. Das hatte er nicht gewusst. Jetzt wollte er beim Füttern nicht mehr helfen. Er drehte sich um und rannte zur Warft zurück, wo er sich im Garten seiner Eltern hinter dem breiten Kastanienstamm versteckte.
    Nicht lange danach kehrte auch Onkel Calle zurück, unter jedem Arm fest eingeklemmt eine Gans, die Schnäbel in den Fäusten. Er betrat seine Scheune.
    Tore zitterte vor der Ahnung, was jetzt gleich kommen würde. Mit den Händen über den Ohren stürzte er ins Haus. Wenigstens war Alfons heute noch nicht bei den künftigen Braten gewesen.
Kapitel 2
    P almen!« Anke schüttelte schmunzelnd den Kopf, als sie an Calles Prophezeiung zurückdachte. So weit war die Klimaveränderung nun doch noch nicht vorangeschritten. ImGegenteil! Es war immer kälter geworden, das Hochdruckgebiet hatte sich an Ort und Stelle festgebissen. Und es trug ausgerechnet den alten nordfriesischen Namen Engeline. Welcher Wissenschaftler wohl auf eine solch merkwürdige Idee gekommen war? Jedenfalls schickte sich der Winter an, so zu werden, wie er immer gewesen war.
    Anke stellte die gerade fertig gewordenen braunen Pfeffernüsse zum Abkühlen auf den Küchentisch, überlegte, dass sie in den nächsten Tagen der Reihe nach weiße Pfeffer-, Schmalz- und Sirupnüsse backen würde, vergewisserte sich, dass Kurt ausreichend frisches Wasser im Napf hatte, und ging, um sich für ihren Spaziergang warm anzuziehen. Es herrschte ein leichter Ostwind, und es gab keine Spur von Nebel.
    Das Telefon klingelte.
    Anna.
    Sie war gestern Abend erst spät mit der Lore vom Festland zurückgekommen und hatte ihre Mutter nicht mehr stören wollen. »Die Hebamme war gar nicht da, nur ein Arzt, den ich nicht kannte und der meint, das Kind könnte etwas früher kommen«, meldete sie ein wenig unglücklich. »Hoffentlich nicht gerade an Weihnachten – Dumm ist auch, dass unsere Halligschwester Urlaub hat. Ich meine, nur so für alle Fälle ...«
    »Nimm es, wie es kommt«, empfahl Anke. »Als besonderes Geschenk. Zu ändern ist daran ja nichts. Und Käte hat aus ihrer Zeit als Krankenschwester viel Erfahrung, sie wird die Halligschwester gut vertreten. Ich sage es auch nur so, für alle Fälle ... Ich besuche dich heute Nachmittag. Jetzt muss ich erst einmal Wind und Wetter schnuppern.«Draußen war es still. Anke blickte nach oben. Keine Möwe am strahlend blauen Himmel. Die Reetdächer waren von feinem weißen Raureif bedeckt, ebenso wie die nackte schwarze Gartenerde. Nachbar Krischan hatte in seinem Garten schon einen Tannenbaum aufgestellt, in dem ein Vogelhäuschen befestigt war. Sicher hatte er gefüttert, genau wie sie selbst, aber für die Vögel war es an diesem Tag wohl zu unwirtlich. Weder Amseln noch Spatzen oder Meisen waren zu sehen.
    Anke seufzte leise, schlug die Ohrenklappen ihrer wetterfesten Mütze herunter, um sie unter dem Kinn festzubinden, und machte sich auf den Weg zum Südufer.
    Das Gras auf der Weide war schwarz, niedergedrückt vom letzten Land unter und glitschig vom Frost. Sie war dankbar, als sie nach ein paar Minuten den Steindeich an der Badestelle erreicht hatte und über die See schauen konnte.
    Unter ihr stapelten sich bereits die Eisschollen, die bei auflaufendem Wasser auf das Ufer hochgeschoben wurden. Und die Steinbuhne, die neben dem Westerwehl in die See ragte, war unter
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