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Alexander

Alexander

Titel: Alexander
Autoren: Klaus Mann
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erwarteten. Es erschienen Abgesandte der hellenischen Länder, auch Mazedonen. Die einen beklagten sich über Olympias, über Antipatros die anderen. Die beiden lagen beständig im Streite, man hatte die Holle bei Hof. In alles und jedes mischte sich die Königin-Mutter, sie wollte nichts so, wie der Reichsverweser es wollte. Dabei berief sie sich ständig auf den Willen ihres Sohnes, von dem sie geheime Aufträge zu haben vorgab. Antipatros seinerseits, ein pedantischer und starrköpfiger Alter, behauptete in fast allen Angelegenheiten noch Weisungen von Philipp her zu haben.
    Es kamen Gesandte der Etrusker und der Karthager, der Lybier, Iberier, der europäischen Skythen, der Kelten, Äthiopen, auch der italischen Völker. Alle überbrachten die Komplimente ihrer Herren, manche auch Angebinde: goldene Kränze, Prunkmäntel, gezähmte Raubtiere, Körbe ausgefallener Leckereien. Die Überbringer berührten mit ihren Stirnen den Boden vorm Throne der Majestät und sagten, er sei von allen Sterblichen der Größte, Sohn der Gottheit, Beherrscher der Welt. Er, unter dem Baldachin, dankte mit stolzem Nicken.
    Solange die Botschafter bei ihm waren, blieb er ganz starre Würde. Das großflächige, angemalte Gesicht, in dem unter dunklen Lidern die Augen beinah geschlossen schienen, wirkte schlaff und ermüdet, dabei von unangreifbarem und tyrannischem Selbstbewußtsein.
    In Wahrheit gab es hinter dieser Maske nichts mehr als Angst. Kaum hatten die Gesandtschaften, Abordnungen, Bittsteller ihn allein gelassen, bestellte er die Magier, um nach den Resultaten der vielen Opfer zu fragen.
    Die Zukunft konnte man aus allem lesen, wußte man nur die rechten Methoden. Alles wurde bedeutungsvoll, aus allem war die geheime Absicht der Gottheiten zu erraten und festzustellen: aus dem Fluge der Vögel, vor allem aus dem der Störche; aus dem Ziehen der Wolken, dem Schwanken des Nebels, den Strahlen der Diamanten, aus dem Inneren mancher Blume, ganz besonders aber aus den Träumen. Die unruhigen Gesichte seiner Nacht merkte der König sich mit angstvoller Sorgfalt. Hatte der Traum etwas mit Hephaistion zu tun gehabt, wurde er fröhlich; dann konnte alles noch gut werden.
    Es mußte alles gut werden, denn seine Pläne waren ungeheuer. Noch lange nicht die ganze Welt war erobert. Sie mußte aber ganz erobert sein, denn es kam darauf an, alles zu wissen. Nur wer alles erobert hat, weiß alles.
    Der wichtigste Plan war die Umsegelung Arabiens. Die streitbaren Küstenvölker der enormen Halbinsel mußten besiegt, das Land dem Weltreich eingegliedert werden.
    Es sollte in Arabien, nach Berichten, die ihm zugekommen, köstliche und seltene Gewürze geben, Myrrhen und Weihrauch, Narden und Zimt. Was die Götter anging, so verehrte man dort nur zwei, den Uranos und den Dionysos, letzteren ausdrücklich wegen seiner Fahrt nach Indien, die man glorreich in Erinnerung hatte. Alexander, der weiter als Dionysos gekommen war, erklärte einigen arabischen Gesandten kurz und bündig: er halte sich für geeignet, als dritte arabische Gottheit angebetet zu werden.
    Er arbeitete fieberhaft, besprach sich mit Schiffsbaumeistern, Militärs und Gelehrten. Der Auftrag für die neu zu bauende Flotte wurde nach Phönizien vergeben. Jeder, der neue Mitteilungen über Bedingungen und Gegebenheiten des arabischen Landes beibringen konnte, wurde von Alexander empfangen, angehört und belohnt.
    Inzwischen mußte auch das Landheer vergrößert werden, denn es galt Krieg gegen verschiedene Völker zu führen, die entschieden noch zu selbstherrlich waren. In Italien schien es Widersacher der Weltmonarchie zu geben, die mußte man ducken. Vor allem aber Karthago, das die einzige in Frage kommende Finanzkraft der bewohnten Erde, neben der seinen, war. Da es ihm gelungen war, Karthagos fette Mutterstadt Tyros zu nehmen, würde auch die aufgeblähte Tochter fallen müssen. –
    Er saß inmitten seiner riesengroßen Pläne und Berechnungen, nachts schlief er kaum, er arbeitete ununterbrochen, dazwischen opferte er, empfing Wahrsager. Auszugehen wagte er nicht, er hatte Angst vor dem süßlichen Gestank der Gassen, der ihn schon das letztemal so mitgenommen hatte; außerdem auch davor, ermordet zu werden.
    Gegen Morgen ließ er sich von Bagoas das Schlafmittel geben, das nur der abgefeimte Zwitter bereiten konnte. Wenn der König einschlief, mußte Bagoas bei ihm liegen, ihn streicheln, beruhigen, liebkosen, ihn ins Ohr und auf die Stirne küssen. Der einschlafende
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