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Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim

Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim

Titel: Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim
Autoren: Jack McDevitt
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fiel schnell zurück. Später behaupteten viele, Ausstrahlungen von dem an Bord befindlichen Sender aufgefangen zu haben, die einen populären Nachtklub-Komiker dieser Zeit präsentierten. Kurz nach dem Frühstück erreichte sie den Sprungstatus in der Nähe des äußersten Planeten, einem nackten Felsbrocken, und drang planmäßig in den Armstrong-Raum ein. Sie nahm zweitausendsechshundert Seelen, Passagiere und Crew, mit sich.
    – Machias,
    Chroniken, XXII
     
    An dem Abend, an dem wir hörten, daß die Capella dem Vergessen anheimgefallen sei, feilschte ich mit einem wohlhabenden Kunden um eine Sammlung von viertausend Jahre alten Tontöpfen. Wir unterbrachen unseren Handel, um die Nachrichten zu verfolgen. Es gab eigentlich nur wenig zu vermelden, abgesehen davon, daß die Capella nicht wie erwartet in den Linearraum zurückgefallen, die Verspätung mittlerweile beträchtlich sei und jeden Augenblick eine Erklärung erwartet würde, derzufolge das Schiff offiziell als vermißt gelte.
    Es erschienen die Namen prominenter Passagiere: Ein paar Diplomaten waren an Bord, ein paar Sportler, ein Musiker, der unzweifelhaft vor ein paar Jahren den Verstand verloren hatte, dessen Werk durch diese Erfahrung jedoch nur gewonnen zu haben schien, ein paar Studenten, die irgendeinen Wettbewerb gewonnen hatten, und eine wohlhabende Mystikerin mit ihrem männlichen Gefolge.
    Den Verlust der Capella umgab fast augenblicklich jene seltene Aura einer Legende. Sicher hatte es schon viel schlimmere Katastrophen gegeben. Doch die zweitausendsechshundert Menschen an Bord des großen Interstellarschiffs waren nicht in normalem Sinn gestorben. Vielleicht waren sie sogar überhaupt nicht gestorben. Niemand weiß das. Und darin liegt die Faszination des Ereignisses.
    Der Kunde, an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnere, schüttelte angesichts der Unbillen des Lebens traurig den Kopf und wandte sich schnell wieder den zum Verkauf stehenden Artefakten zu. Wir schlossen zu einem Preis ab, der seinen Vorstellungen näher lag als meinen.
    Die Capella war das Flaggschiff der neuesten Klasse der Interstellarraumer gewesen, ausgestattet mit jeder erdenklichen Sicherheitsvorkehrung, befohlen von einem Kapitän mit aktenkundiger Intelligenz. Der Gedanke schmerzte, daß es still und leise auf den Status eines Gespensts reduziert worden war.
    Es war schon zuvor geschehen. Aber niemals mit einem so großen Schiff. Und mit so vielen Menschen. Fast sofort hatten wir ein Lied in den Hitparaden. Und jede Menge Theorien.
    Das Schiff sei in einen Zeitknoten geraten, behaupteten einige, und würde später wieder auftauchen, ohne daß die Passagiere und Crew etwas Ungewöhnliches bemerkt hätten. Natürlich hatten wir nun schon seit verteufelt langer Zeit Schiffe verloren, und noch nie war eins wieder aufgetaucht. Falls sie also wirklich einen Zeitsprung machten, dann aber über eine gewaltige Distanz.
    Die am weitesten verbreitete Meinung besagte, die Armstrongs seien gleichzeitig ausgefallen, und das Schiff müsse nun auf ewig dahinziehen, ungesehen, ungehört. (Das war wohl das Tröstendste, was man den Familien der Reisenden sagen konnte.)
    Es gab eine Menge anderer Ideen. Die Capella sei in einem anderen Universum aufgetaucht. Oder eine Strömung habe sie in eine andere Galaxie getragen (oder wahrscheinlicher in den Abgrund zwischen den Galaxien). Mir schien die Findling-Theorie am wahrscheinlichsten: daß der Armstrong-Raum eben kein perfektes Vakuum ist und die Capella mit etwas zusammengestoßen war, das zu groß für ihre Deflektoren war.
    Natürlich weiß ich nicht mehr darüber als alle anderen auch. Aber es war trotzdem beunruhigend. Und es war ein weiterer Grund dafür, weshalb ich mit den verdammten Dingern nur flog, wenn es unbedingt sein mußte.
     
    Während der folgenden Tage war das Netz voll von den üblichen Geschichten über Einzelschicksale. Der Mann, der verschlafen, den Shuttle und daher auch den Flug verpaßt hatte, erwähnte, wie dankbar er einem Allmächtigen sei – der anscheinend mit den anderen zweitausendsechshundert nicht so nachsichtig gewesen war. Der Kapitän war auf seinem letzten Flug und wäre in den Ruhestand versetzt worden, nachdem das Schiff Saraglia Station, den letzten Anlaufhafen, erreicht hätte. Eine Frau auf Rimway behauptete, am Abend vor der Katastrophe vom Verlust der Capella geträumt zu haben. (Sie baute diese Behauptung schließlich zu einer lukrativen Karriere aus und wurde eine der führenden
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