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Aleph

Aleph

Titel: Aleph
Autoren: Paulo Coelho
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nächste Woche in Sofia sein kann«, unterbreche ich Monica. Und auf Portugiesisch füge ich hinzu: »Ich erkläre es dir später.«
    Monica merkt, dass ich es ernst meine, doch die Verlegerinnen sind sich noch nicht so sicher. Sie fragen, ob ich nicht noch warten möchte, damit sie entsprechende Werbung machen können.
    »Nächste Woche«, wiederhole ich. »Oder aber wir müssen es auf unbestimmte Zeit verschieben.«
    Erst jetzt verstehen sie, dass ich keinen Witz gemacht habe. Sie schauen Mönica an und warten auf ihre Reaktion. Genau in diesem Augenblick kommt mein spanischer Verleger an den Tisch. Wir unterbrechen unser Gespräch, ich stelle alle einander vor, und schon heißt es wieder:
    »Und wann kommen Sie wieder nach Spanien?«
    »Gleich im Anschluss an meinen Besuch in Bulgarien.«
    »Und wann wird das sein?«
    »In zwei Wochen. Wir können eine Signierstunde in Santiago de Compostela und eine weitere im Baskenland planen. Mit anschließenden Partys, zu denen wir auch ein paar Leser einladen werden.«
    Die bulgarischen Verlegerinnen trauen der ganzen Sache immer noch nicht, und Monica lächelt schief.
    »Lass dich ein«, hatte J. gesagt.
    Die Bar füllt sich allmählich. Bei den meisten großen Messen, egal in welcher Branche, logieren die Fachbesucher in zwei oder drei Hotels, und ein großer Teil der Geschäfte wird in der Lobby oder bei Abendessen wie jenem abgeschlossen, das an diesem Abend stattfinden soll. Ich begrüße alle meine Verleger und nehme jede Einladung in ihr jeweiliges Land dankend an. Damit Monica mich nicht fragen kann, was in mich gefahren sei, versuche ich, die Gespräche so lange wie möglich am Laufen zu halten. Ihr bleibt nur noch, alle Termine, die ich abmache, in ihren Kalender einzutragen.
    Irgendwann unterbreche ich das Gespräch mit dem arabischen Verleger, um zu hören, wie viele Besuche ich inzwischen zugesagt habe.
    »Du bringst mich in eine unmögliche Lage«, antwortet Monica ärgerlich auf Portugiesisch. »Sechs Länder, fünf Wochen. Du weißt doch, dass diese Messe eine für Verleger und keine für Schriftsteller ist! Du brauchst überhaupt keine Einladung anzunehmen, ich übernehme das!«
    Der portugiesische Verleger tritt auf uns zu, und wir können nicht auf bewährte Weise weiterreden. Als er außer den üblichen Begrüßungsfloskeln nichts mehr sagt, ergreife ich die Initiative:
    »Wollen Sie mich nicht nach Portugal einladen?«
    Er gesteht, dass er in der Nähe gestanden und unfreiwillig das Gespräch zwischen mir und Monica mitbekommen hat.
    »Es ist mir Ernst. Ich würde gern in Guimaräes und in Fätima Bücher signieren.«
    »Solange Sie nicht in letzter Minute absagen…«
    »Ich werde nicht absagen. Versprochen.«
    Er ist einverstanden, und Monica schreibt »Portugal« in den Kalender: weitere fünf Tage. Schließlich gesellen sich meine russischen Verleger - ein Ehepaar - zu uns und begrüßen uns. Monica ist erleichtert, denn jetzt kann sie mich endlich von hier weglotsen und ins Restaurant bringen.
    Während wir auf das Taxi warten, zieht sie mich zur Seite.
    »Bist du verrückt geworden?«
    »Das bin ich doch schon vor vielen Jahren«, sage ich lachend. Und dann erzähle ich ihr die Geschichte vom chinesischen Bambus.
    »Und was hat das mit dem zu tun, was du hier gerade abgezogen hast?«
    »Vor einem Monat hatte ich ein Gespräch mit J., ich werde dir später ausführlich darüber berichten. Im Moment ist nur wichtig, dass es mir genauso ging wie dem Bambus: Ich hatte Arbeit, Zeit und Mühe investiert; hatte mit Liebe und Hingabe versucht, innerlich zu wachsen, und nichts passierte. Jahrelang ist nichts passiert.«
    »Was soll das heißen, es ist nichts passiert? Hast du vergessen, wer du bist?«
    Das Taxi kommt. Der russische Verleger hält Monica die Tür auf.
    »Es geht um meine spirituelle Seite. Ich glaube, ich bin wie dieser chinesische Bambus und dass gerade mein fünftes Jahr begonnen hat. Der Zeitpunkt, wieder zu wachsen. Du hast mich gefragt, ob ich verrückt geworden sei, und ich habe dir flapsig darauf geantwortet. Die Wahrheit aber ist, dass ich tatsächlich dabei war, verrückt zu werden. Ich begann zu glauben, dass alles, was ich gelernt hatte, keine Wurzeln schlug.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich vorhin im Hotel J.s Anwesenheit gespürt, und auf einmal verstand ich seine Worte - auch wenn es erst klick gemacht hatte, als ich gelangweilt ein Gartenmagazin durchblätterte. Mein selbstauferlegtes Exil in meinem Haus in
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