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Alcatraz und die Ritter von Crystallia: Band 3 (German Edition)

Alcatraz und die Ritter von Crystallia: Band 3 (German Edition)

Titel: Alcatraz und die Ritter von Crystallia: Band 3 (German Edition)
Autoren: Brandon Sanderson
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hineinzusteigen.
    »Was hat er denn verbrochen?«, flüsterte ich Grandpa Smedry zu.
    »Hä? Ach so, ich glaube, er wurde wegen Jungfernfresserei verurteilt. Das war vor etwa vierhundert Jahren. Eine tragische Geschichte. Achte auf die erste Stufe.«
    Ich folgte den anderen in die Gondel. Drinnen war ein komplett eingerichteter Raum mit bequem aussehenden Liegesofas. Draulin kam als Letzte herein und schloss die Tür. Sofort begann der Drache sich zu bewegen– das sah ich, weil ich aus dem Fenster schaute. Aber ich konnte die Bewegung nicht spüren. Ganz gleich, in welche Richtung der Drache sich bewegte oder wo »oben« war, in der Gondel schien die Schwerkraft immer in dieselbe Richtung zu wirken.
    (Wie ich später erfahren sollte, lag das, wie viele Dinge in den Freien Königreichen, an einem bestimmten Glas– dem Orientierungsglas. Wenn man das in einen Kasten einbaut, kann man eine bestimmte Richtung als »unten« festlegen. Dann wird alles in diesem Kasten in diese Richtung gezogen, ganz gleich, in welche Richtung er gedreht wird.)
    Ich stand lange da und schaute aus dem Fenster, das ich durch meine Okulatorenlinsen als schwach glühend wahrnahm. Seit dem Chaos der Explosion und meinem beinahe tödlichen Absturz hatte ich noch keine Gelegenheit gehabt, die Stadt genauer zu betrachten. Sie war fantastisch. Wie ich schon gesehen hatte, war sie voller Burgen. Und ich meine nicht nur imposante Bauwerke aus Backstein oder Naturstein, sondern richtige Burgen mit hohen Mauern und Türmen, und jede war anders.
    Einige sahen aus wie Märchenschlösser mit schmucken Torbogen und schmalen Spitztürmen. Andere wirkten sehr rustikal und nüchtern, so wie man sich vielleicht Festungen von bösen, blutrünstigen Kriegsherrn vorstellen würde. (An dieser Stelle sollte angemerkt werden, dass die Ehrenwerte Gesellschaft der Bösen Kriegsherren sich sehr bemüht hat, das negative Image ihrer Mitglieder zu verbessern. Nach einigen Dutzend Kuchenverkäufen und Versteigerungen für wohltätige Zwecke schlug jemand vor, das Wort »böse« aus dem Namen ihrer Organisation zu streichen. Doch der Vorschlag wurde letztendlich abgelehnt, weil Gurstak der Gnadenlose sich gerade ein ganzes Paket geprägter Visitenkarten bestellt hatte.)
    Die Burgen säumten die Straßen wie Wolkenkratzer in einer schweigeländischen Großstadt. Auf der Straße unten waren Leute unterwegs– einige in Pferdekutschen–, doch unser Drache glitt weiterhin wie eine Eidechse über die Mauern der Burgen, die so dicht beieinanderstanden, dass er sich nur strecken musste, um die Lücken zwischen ihnen zu überwinden.
    »Beeindruckend, oder?«, fragte Bastille. Ich wandte mich um. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass sie sich zu mir ans Fenster gestellt hatte.
    »Allerdings«, sagte ich.
    »Es ist immer ein gutes Gefühl, zurückzukommen«, sagte Bastille. »Es gefällt mir, wie sauber hier alles ist. Ich liebe das funkelnde Glas, die stattlichen Burgen und die Steinmetzkunst überall.«
    »Ich dachte, diesmal würde die Heimkehr für dich eher unangenehm«, sagte ich. »Immerhin bist du als Ritter aufgebrochen und musst als Knappe zurückkehren.«
    Sie verzog das Gesicht. »Du bist ein echter Charmeur, Smedry. Hat dir das schon mal jemand gesagt?«
    Ich lief rot an. »Ich meinte nur… äh…« Verdammt. Ich nahm mir vor, diese Zeile unbedingt zu ändern, wenn ich meine Memoiren schreiben würde.
    (Zu blöd, dass ich das vergessen habe. Ich muss meine Notizen besser im Auge behalten.)
    »Ach, was soll’s«, sagte Bastille. Sie lehnte sich gegen das Fenster und schaute hinab. »Ich schätze, ich habe mich schon mit meiner Strafe abgefunden.«
    Verfall bloß nicht wieder in Trübsinn, dachte ich besorgt. Bastille war sehr geknickt gewesen, nachdem ihre Mutter sie heruntergeputzt hatte, weil sie ihr Schwert verloren hatte. Dabei war das meine Schuld gewesen. Das war das Schlimmste daran. Ich hatte Bastilles Schwert bei einem Kampf gegen belebte Liebesromane zerbrochen. Doch Draulin schien finster entschlossen, zu beweisen, dass Bastille es wegen dieses einen Missgeschicks nicht mehr verdiente, ein Ritter zu sein.
    »He, schau mich nicht so an«, knurrte Bastille. »Versplittert noch mal! Denk bloß nicht, dass ich völlig aufgebe, nur weil ich mich mit meiner Strafe abgefunden habe. Ich will trotzdem noch herausfinden, wer mir so übel mitgespielt hat.«
    »Bist du dir sicher, dass das jemand wollte?«
    Sie nickte. Ihre Augen verengten sich in einem Anflug von
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