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Albspargel

Albspargel

Titel: Albspargel
Autoren: Günther Bentele
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willkommen, noch willkommener war laut Ernst ich – ich, Felix Fideler, von dem das ganze Dorf wusste, dass er Amelie Riegeler umgebracht hatte. Sein Freund Baltes Sauler machte mit.
    Beobachtung, Beschaffung einer Waffe – es fand sich ein Kumpel in Reutlingen, Plan, noch ein Plan, ein weiterer Plan. Bereithalten. Die große Chance: Versammlung in der
Krone
, ich mit dem Klapprad. Fahrt mit Fritz Pocherd, der bei so etwas nie nein sagte, zu einem Gespräch beim Wasserspeicher. Reden über den toten Vater und die Zukunft. Dort in dem Moment, als ich unten im hellen Mondlicht vorbeifuhr, der Schuss aus nächster Nähe.
    »Ich habe den Schuss selbst abgefeuert. Es war viel schwerer, als ich gedacht hatte. Baltes hat den Sack geworfen. Ziel: Genuntersuchung des Sackes. Erster Mord bestätigt sich durch den zweiten Mord und so weiter. Sehr schlau war das Ganze nicht, zugegeben.«
    Die Gedanken jagten sich: Wir hatten nichts wirklich Brauchbares gegen die beiden in der Hand. Sie konnten sich nicht so sehr bedroht von uns fühlen, dass sie jetzt drauf und dran waren, uns zu erschießen. Es ist der Hang zur Inszenierung, schoss es mir durch den Kopf. Ernst hatte ihn uns schon in der Kiesgrube bewiesen. Und irgendwie wollte die Tat ans Licht.
    Dr. Hagenbach hatte mehrfach versucht, sich einzuschalten.
    Zweimal wurde er gewarnt: »Ein Wort und du bist tot. Und ein Schritt und du bist auch tot.«
    Was nun? Ernst hatte ausgeredet.
    »Ich bin kein Mörder, Ernst, du weißt es, seid vernünftig, alle beide. Macht die Schuld nicht noch größer. Das hat doch keinen Sinn.«
    Und was man sonst alles so sagt. Die Worte gingen mir aus auf der trockenen Zunge, die Wirklichkeit war hinter einer weißglühenden Wand verschwunden.
    »Machen Sie das Licht aus, setzen wir uns alle ins Auto und überlegen wir, was die harmloseste Lösung ist. Für Sie beide gilt ja noch das Jugendstrafrecht. Da geht es mehr um Hilfe als um Strafe.« Dr. Hagenbach mahnte zur Vernunft, erstaunlich ruhig.
    »Meint ihr, ich gehe wegen euch ins Zuchthaus? Nur weil ihr uns dauernd nachschnüffelt? Wir haben euch gewarnt, wir haben alles getan, um euer Leben zu retten, aber jetzt ist Abrechnung: Erst der Pocherd, dieser Menschenfresser. Dann ihr, alle beide. Du, Fideler, als Mörder von Amelie Riegeler, weil die Behörden versagen. Du, Hagenbach, weil du uns sonst verrätst.«
    Die eigenartige Verwirrung Ernsts zeigte sich auch darin, dass ich nun plötzlich für ihn bedingungslos der Mörder Amelies war.
    Das Herz hämmerte. Das Leben stand plötzlich vor einer Lichtmauer – ein greller Tod, ein Lichthöllentod, der jeden Augenblick auf uns loszucken konnte. Wir würden ihn vielleicht nicht einmal merken. Recht auf einen bewussten Tod? Das alles fuhr mir irgendwie durch das Hirn.
    »Ihr kommt doch nie davon«, sagte Dr. Hagenbach, dessen Ruhe bewundernswert blieb.
    »Nur ihr beide wart uns auf der Spur. Über die Kripo lacht die ganze Welt, die wird doch bloß noch ausgelacht.« Das war zum ersten Mal die Stimme von Baltes Sauler. Er war daran zu erkennen, dass er nicht »Welt« sagte wie ein Tigerfelder, sondern »Wjalt« wie einer aus Kettenacker.
    »Ausgelacht! Jetzt hat es sich ausgelacht!«, schallte da plötzlich die Stimme von Hauptkommissar Steinhilber. »Jetzt nehmen wir schön die Hände nach oben, und Hauptkommissar Hohwachter, der bereits hinter euch steht, legt euch Handschellen an. Er ist übrigens nicht allein.«
    Der Schuss krachte, als hätte er mich getroffen. Nacht. Dann das Licht aus den Scheinwerfern der Polizei.
    Hauptkommissar Hohwachter kniete am Boden. »Ernst Graßner ist tot«, sagte er. Seine Stimme klang, als weine er. »Er hat sich erschossen.«
    Baltes Sauler wurde abgeführt. Er hatte nicht die Pistole gehalten, sondern die Lampe.

»Glück gehabt«, meinte Hohwachter in der
Rose
in Pfronstetten. »Wir waren immer auf Ihrer Fährte, vom ersten Tag an. Beobachtung, Befragung, Vernehmung, Schlüsse – das ganze Programm. Gehen wir bitte nicht in die Einzelheiten.«
    Wir stießen die Gläser an.
    Mir war nicht wohl: Ein Junge war tot, Folge auch meines Handelns.
    »Die Soko hat Tag und Nacht daran gearbeitet«, warf Steinhilber ein, strahlend vor Glück.
    »Die wichtigsten Hinweise kamen von euch: Glückwunsch und Dank. Die Spielbank, die war entscheidend.« Hohwachter hob das Glas.
    »Die alte Mechthild«, sagte ich.
    »Es war gut arbeiten in eurem Schatten«, plauderte der Hauptkommissar weiter. »Natürlich ungewöhnlich,
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