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Albertas Schatten

Albertas Schatten

Titel: Albertas Schatten
Autoren: Amanda Cross
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Charlie und Biddy nahmen die Neuigkeiten ähnlich wie Kate auf – erleichtert, wenn auch gleichzeitig enttäuscht. Natürlich stellten sie endlos Fragen, und Kate reagierte darauf so gut wie möglich, ohne sie zu beantworten. Es gab nicht viel zu erklären, da sie Martin aus dem Bericht über Albertas plötzlichen Entschluß, so weit fortzugehen, aussparen mußte. Aber Reeds Meinung nach schien jedem, der Alberta gekannt oder auch nur von ihr gehört hatte, dieser Entschluß nicht atypisch, und so war Kates Aufgabe leichter als befürchtet.
    Im Gegensatz zu den anderen schwieg Lillian, als sie die Neuigkeiten hörte; nach ein paar Minuten oberflächlicher Konversation, die Kates Bericht gefolgt waren, legte sie auf. Einige Tage später rief sie an und wollte sich mit Kate zum »Brunch« treffen – es war Sonntag, und »Brunch«, das ist die Mahlzeit, die in den New Yorker Restaurants sonntags in der Mittagszeit serviert wird.
    »Aber ich möchte nicht in so ein Schickeria-Lokal gehen«, sagte Lillian. »Ich kenne da ein Restaurant mit kleinen Tischen, wo man Rührei mit Schinken bekommt und richtige hausgemachte Bratkar-toffeln, nicht diese vorfabrizierte Imitation. Wollen wir uns dort treffen?« Kate sagte zu, verriet aber Reed, bevor sie ging, daß sie mit gemischten Gefühlen darauf warte, was Lillian zu sagen habe.
    »Ich weiß, das kommt aus dem Bauch heraus«, sagte er. »Aber deine Gefühle haben sich bei Alberta geirrt; Alberta ist nicht tot.«
    »Ich hoffe, sie irren sich diesmal auch«, sagte Kate. »Aber am Telefon habe ich aus jeder Silbe, die sie sprach, Probleme heraushö-
    ren können, die auf mich warten. Als Tante sollte man nur eine oberflächlich-muntere Beziehung zur Jugend in der Familie haben.«
    »Unsinn«, sagte Reed. »Das glaubst du doch selbst nicht. Ich mag Lillian, und du wirst sehen, es wird keine wirklichen Probleme mit ihr geben.«
    Lillian saß schon in einer Art Koje, als Kate in dem Coffee Shop ankam, wie es sich nannte,- es ähnelte den Lokalen aus Kates Jugend; ihre Familie hatte sich nie dazu überreden lassen, dort zu essen. Die Folge davon war, daß Kate sie heiß und innig liebte, was sie Lillian auch sagte, als sie ihr gegenüber auf die Bank rutschte. »Ich bin sogar bereit, das zu essen, was du vorgeschlagen hast; darin ist anscheinend alles enthalten, was heutzutage als absolut tödlich gilt.
    Wenn wir dann noch Salz über alles schütten, können wir Weltmeister der Diätsünden werden.« Lillian gab bei der Bedienung ihre Bestellung auf. »Etwas zu trinken?« fragte die Bedienung. Sie be-stellten Kaffe, mit Koffein. »Und Sahne«, fügte Kate hinzu; man konnte ihr das ›Wenn schon, denn schon‹ direkt ansehen.
    »Ich glaube, die Watson-Rolle war doch nicht ganz das richtige für mich«, sagte Lillian.
    »Natürlich nicht. Du möchtest deine eigene Geschichte erzählen und nicht das Tonbandgerät spielen.«
    »Kate«, sagte Lillian in dem Tonfall, in dem man einen Kranken auf eine notwendige Operation vorbereitet.
    »Ja, Lillian? Was ist los? Sag es mir schnell, damit ich dieses wundervoll ungesunde Essen verdauen kann.«

    »Ich fliege nach Indien. Ich werde Alberta suchen.« Kate starrte sie an. Welche Möglichkeiten ihr auch immer durch den Kopf ge-schossen waren, diese war nicht dabei gewesen. »Vielleicht ist sie gar nicht in Indien geblieben, Lillian. Außerdem ist Indien ein riesiges Land. Und was willst du dort machen?«
    »Das Flugzeug macht eine Zwischenlandung in London. Ich werde aussteigen und versuchen herauszufinden, wer ihr das Geld auszahlt und wohin es geschickt wird. Vielleicht hat Charlie eine Vorstellung. Und wenn das nicht funktioniert, fliege ich einfach nach Neu Delhi und fange dort an.«
    »Und du bist ganz sicher, daß du nicht nur irgend etwas tun willst, irgendeine Aufgabe suchst, um deine unstrukturierte Zeit auszufüllen?«
    »Diese Gefahr besteht«, sagte Lillian, als die Bedienung die Teller auf den Tisch stellte. »Das sehe ich schon. Aber ich glaube nicht, daß das der eigentliche Grund ist. Ich möchte Alberta finden, leib-haftig, meine ich, und ich will einen anderen Teil der Welt kennenlernen. Mach dir keine Sorgen, Kate; ich komme schon zurecht.«
    Kate begann zu essen. Es war köstlich. Wie Kartoffelbrei mit So-
    ße, dachte sie; und das haben wir gegen gesunde Ernährung und Gourmet-Kochkünste eingetauscht. Es fiel ihr schwer, auszudrücken, was sie empfand. »Darf ich ehrlich sein, Lillian?«
    »Darf ein Stachelschwein
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