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Albertas Schatten

Albertas Schatten

Titel: Albertas Schatten
Autoren: Amanda Cross
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unstet. Er hatte sie nicht ins Exil getrieben. Wonach Alberta auch immer suchen mochte, man konnte sie nicht ins Exil treiben. Sie gehörte an keinen bestimmten Platz. Ich brauche einen Drink, dachte Kate. Einen doppelten Martini. Wo zum Teufel ist Reed?

    17

    R eed hatte den Polizisten in Zivil zur Tür gebracht; dann kam er ins Wohnzimmer und nahm Kate in den Arm. Sie zitterte; er hielt sie fest, bis sie sich beruhigt hatte und sich aus seinen Armen befreite; sie schenkte sich ein großes Glas Club Soda ein, das sie durstig aus-trank. »Wer war der Mann?« fragte sie.
    »Er ist ein alter Freund von der Polizei, mein inoffizieller Begleiter bei irgendwelchen Lauschaktionen. Mach dir keine Gedanken«, sagte er und hielt sie fest, als sie protestieren wollte. »Er vergißt alles, was er heute abend gehört hat, es sei denn, wir müssen ihn aus irgendwelchen unvorhersehbaren Gründen bitten, sich wieder zu erinnern. Ich gebe zu, seine Anwesenheit war nicht erforderlich, wie sich herausgestellt hat, aber erinnere dich bitte daran, liebe Kate, du warst hier allein mit einem Mann, der des Mordes fähig ist und von dem ich glaubte, er habe bereits einen Mord begangen. Wie du vielleicht schon festgestellt hast, bin ich nicht gerade ein James Bond.«
    »Ich habe versprochen, niemandem etwas zu erzählen…«
    »Das hast du auch nicht. Und auch der Polizist wird niemandem etwas sagen. Du machst dir doch nicht wirklich Gedanken wegen dieses Polizisten.«
    »Reed, ich habe da zwei ganz starke und widersprüchliche Ge-fühle, von denen ich noch nicht weiß, wie ich sie unter einen Hut bringen kann.«
    »Daß sie lebt und daß sie verloren ist.«
    »Verloren für uns alle, ja. Findest du es nicht seltsam, daß sie bereit war, so fortzugehen, so plötzlich und so weit fort?«
    »Nein«, sagte Reed, »und du wirst es auch nicht mehr seltsam finden, wenn du den Schock erst einmal überwunden hast. Ich nehme an, seine Forderung ist bei ihr auf ein Bedürfnis getroffen; sie ist eine Sucherin; irgend etwas versucht sie zu ergründen.«
    Kate sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
    »Nein, ich meine nichts Tiefschürfendes oder Mystisches; sie sucht nicht nach einer Antwort; sie ist entschieden zu intelligent, zu weise – wenn du mir diesen Begriff gestattest –, um zu glauben, daß es eine gibt. Aber ich denke, daß sie Erfahrungen machen möchte, die über das hinausgehen, was in unserer ›überentwickelten‹ Zivilisation, wenn man das so nennen kann, möglich ist. Sieh das mal ganz praktisch: Sie ist eine vitale Frau; sie kann Maschinen reparieren und mit dem Vieh auf einer Farm umgehen. Sie ist zur Freundschaft fähig und zur Einsamkeit, eine hervorragende Kombination.
    Ich habe festgestellt, daß viele Leute gerne von sich sagen, sie hätten die Fähigkeit zur Einsamkeit, sie aber nicht wirklich haben. Entweder sind sie nicht so einsam, wie sie glauben, oder sie sind nur einfach allein. Alberta wird es gutgehen. Sie kann sogar glücklich sein.
    Vielleicht fügte sie sich seiner Forderung, aber ich glaube nicht, daß sie es nur tat, um ihn zu besänftigen. Das hätte keinen Sinn gehabt, und was Alberta tut, hat Sinn.«
    »Du hast recht«, sagte Kate. »Ich sehe das ein. Ich bin einfach kindisch. Als ich nun wußte, daß sie nicht tot ist, wollte ich, daß sie auf der Stelle erscheint oder wenigstens ihr Erscheinen in den nächsten Tagen zusagt. Charlie wird genauso empfinden. Ich muß ihnen sagen, daß Alberta fort ist, aber am Leben; ich muß es Charlie, Toby und Lillian sagen und sicher auch Biddy. So, das war es also.«
    »Was du jetzt brauchst, ist etwas zu essen«, sagte Reed. »Du hast keinen Hunger? Wie steht’s mit einem Drink? In einer Situation wie dieser mußt du normalerweise einen Brandy eingeflößt bekommen.
    Das Ganze ist ein Schock, mein Liebes, und du kannst nicht erwarten, daß du dich davon in ein paar Minuten erholst. Trink das hier und lehn dich an mich.«
    Kate lehnte sich auf der Couch an ihn. »Was wird mit dem Geld geschehen, das ihr nach Sinjins Testament zusteht? Wie wird sie es erhalten? Sie wird es doch brauchen, nicht wahr?«
    »Entweder sie wird jemandem mitteilen, wohin sie es geschickt haben möchte, oder es sammelt sich an, bis es abgeholt wird. Sie wird wissen, daß es da ist, wenn sie es braucht. Das ist ohnehin die beste Funktion von Geld. Ich bin froh, daß du Fragen stellst; das zeigt, daß du auf dem Wege bist, dich zu erholen. Vorhin habe ich einen Moment lang Angst gehabt.«
    Toby,
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