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Albertas Schatten

Albertas Schatten

Titel: Albertas Schatten
Autoren: Amanda Cross
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den Rücken Kate zugewandt. Dann sagte er:
    »Als ich Biddy und Alberta entdeckt hatte und sah, wie sie miteinander lachten – ein Lachen, das für lange bestehende Zuneigung sprach –, dachte ich, ich würde wahnsinnig, buchstäblich wahnsinnig. Später ging ich dann zu Alberta. Es ging mir mehr um sie, wissen Sie, nicht um Biddy – natürlich nahm ich es beiden übel, daß sie einander so gut kannten-, aber von Alberta fühlte ich mich betrogen: Sie war hinter meinem Rücken zu meiner Frau gegangen; sie war eine Spionin im Land des Feindes; es gab keinen Vergleich, der schrecklich genug war. Ich sage Ihnen, ich war dem Wahnsinn nahe.
    Ich stellte Alberta zur Rede… Schon kurz darauf, als ich glaubte, genügend Selbstkontrolle wiedergewonnen zu haben, um sie wenigstens nicht umzubringen – geschlagen habe ich sie, wissen Sie, ich habe sie so heftig geschlagen, daß sie fast gefallen wäre; das hat mir Angst gemacht. Sie sagte, es sei Zufall gewesen, sie hätten sich durch Zufall getroffen, aber das hat mich nicht besänftigt, ganz und gar nicht. ›Na und?‹ habe ich gesagt. ›Aber als du erfahren hattest, daß Biddy meine Frau ist, als du hörtest, daß sie Heffenreffer heißt –
    ein Name, der schließlich nicht allzu häufig vorkommt –, hättest du einfach verschwinden müssen, hättest einen falschen Namen nennen und sagen müssen: ›Es war nett, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben.‹ Dann hättest du verschwinden müssen. Der Himmel weiß, daß du eine Menge Übung im Verschwinden hast. Du bist bestimmt nicht der Weltmeister im Aufrechterhalten von Kontakten. Warum mußtest du sie weiter treffen?‹« Martin lebte jetzt völlig in seiner Geschichte, er hatte Kate vergessen. Wie lange hatte er wohl warten müssen, bis er sie jemandem erzählen konnte, und wie oft hatte er sie wohl sich selbst erzählt?
    »Sie hat mich natürlich einfach verlassen; sie hat einen Job auf irgend so einer Farm angenommen. Ich wußte nicht, wo sie war; auch sonst wußte es niemand. Ich sage Ihnen, die Wut hat mich fast verrückt gemacht. Fragen Sie mich nicht, warum. Ich weiß es nicht, obwohl ich versucht habe, mir darüber klarzuwerden. Ich wollte sie für mich allein, verstehen Sie? Ich habe sie geliebt, wie ich nie zuvor jemanden geliebt habe – nicht einmal Biddy und auch nicht die Kinder. Es war eine Besessenheit, aber eine unterschwellige. Ich meine damit, daß ich nichts von meiner Besessenheit wußte, bevor ich das über sie und Biddy herausgefunden hatte. Ich dachte ganz einfach, ich sei glücklich. Ich dachte: Das Leben ist wunderbar – so wunderbar, wie es überhaupt nur sein kann. Fragen Sie mich nicht, wer diesen Maßstab festgesetzt hat. Ich muß unterschwellig gewußt haben, daß es eine gefährliche Situation war: Biddy mußte es zwangsläufig eines schönen Tages entdecken; Ehefrauen entdecken es immer. In Wirklichkeit habe ich mir immer vorgestellt, wie ich mit ihr diskutieren würde, nachdem sie es herausgefunden hätte: ich ruhig, vernünftig, um Verzeihung bittend, aber unnachgiebig, sie flehend.
    Ich sollte mich dafür schämen, aber genau so habe ich es mir vorgestellt. Und dann mußte ich erfahren, daß sie alles voneinander wuß-
    ten; daß ich beiden nützlich gewesen bin. Daß Alberta mich liebte, aber daß sie auch Biddy liebte; Biddy liebte mich, aber sie liebte auch Alberta. Können Sie sich vorstellen, wie das war?«
    Er schien sich der Zuhörerin bewußt geworden zu sein und wandte ihr sein Gesicht mit dieser – wenn auch rhetorischen – Frage zu.
    Er unterstellte, daß kein Zuhörer sich etwas derartiges vorstellen konnte.
    »Alberta ging fort, und Biddy und ich versuchten, die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Welch absurdes Unterfangen. Jedesmal, wenn ich sie ansah, fühlte ich mich betrogen, so, als hätte sie eine Affäre mit meinem besten Freund gehabt. Die Kinder waren das einzige, was mich aufrechterhielt, obwohl auch sie nicht glücklich waren. Sie spürten die Probleme – ach, Unsinn, sie hörten sie. Ich hatte mir angewöhnt zu schreien, und nach einer gewissen Zeit fing auch Biddy an zu schreien. Wer wollte ihr das vorwerfen? Ich haßte sie so sehr dafür, daß sie Alberta gefunden hatte, Alberta liebte, Albertas Freundin war. Ich konnte ihr das nicht verzeihen, niemals. Es wurde nur allzu deutlich, daß es besser war, wir trennten uns, Biddy und ich, den Kindern zuliebe, so heißt das doch immer, oder?« Er seufzte.
    »Biddy behielt schließlich das Haus; ich hätte es
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