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Albert Schweitzer

Albert Schweitzer

Titel: Albert Schweitzer
Autoren: Peter Muenster
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durch Beaufsichtigung und Verordnungen soweit als möglich eingeengt. Wie unfrei ist in manchen Ländern der Volksschullehrer von heute, verglichen mit dem von früher! Wie unlebendig und unpersönlich ist sein Unterricht durch diese Beschränkung geworden! ... Das normale Verhalten von Mensch zu Mensch ist uns erschwert. Durch die Hast unserer Lebensweise, durch den gesteigerten Verkehr und durch das Zusammenarbeiten und Zusammenwohnen mit vielen auf engem Raum kommen wir fortwährend und in mannigfachster Weise als Fremde mit Fremden zusammen ... Die Affinität zum Nebenmenschen geht uns verloren. Damit sind wir auf dem Wege zur Inhumanität. Wo das Bewusstsein schwindet, dass jeder Mensch uns als Mensch etwas angeht, kommen Kultur und Ethik ins Wanken.“ – Schweitzer hat damit, so scheint mir, einen Nerv auch unserer Zeit getroffen.
    Die Liste der Problembereiche, in denen wir die Frage nach der Aktualität der Schweitzerschen Ethik stellen sollen, ließe sich mühelos verlängern: Wie etwa sieht es aus mit dem ethischen Problem des Abbruchs von Schwangerschaften; wie mit der Frage nach aktiver und passiver Sterbehilfe? Was bedeutet die Haltung der Ehrfurcht vor dem Leben im Hinblick auf unser Verhältnis zu den Tieren? Noch immer gibt es Massentierhaltung; noch immer werden Tiere in unnötigen Experimenten gequält, getötet; noch immer rotten wir Jahr für Jahr ungezählte Tierarten auf diesem Planeten aus. Und weiter: Wie steht es mit dem großen Bereich der sogenannten Unterhaltungsindustrie? Und nicht zuletzt: Was bedeutet die Ehrfurcht vor dem Leben ganz konkret für
meinen
Umgang mit den Mitmenschen, Mitgeschöpfen? Es ist ja so leicht, die Verantwortung für die großenglobalen Probleme an die Politiker, an die Experten, an die Mächtigen zu delegieren. Doch nach Schweitzer ist, wie ausgeführt, ein jeder gefordert, „denkend zu werden“, seinen Verstand zu gebrauchen, sich selbst zu hinterfragen, in Dialog mit anderen zu treten. Seine Ethik war zunächst und vor allem Individualethik; er hat darauf gehofft, über die Veränderung des Bewusstseins beim Einzelnen die Veränderung bei vielen Mitmenschen zu bewirken.
    Es gibt eine ganze Reihe von Publikationen, die sich mit der Frage nach Schweitzers Aktualität beschäftigen, so die inzwischen zehnbändige Reihe „Beiträge zur Albert-Schweitzer-Forschung“. Hinweisen möchte ich insbesondere auf den zehnten Band, „Leben nach Maß – zwischen Machbarkeit und Unantastbarkeit“, in dem es um die Biotechnologie im Licht des Denkens von Albert Schweitzer geht, und auf den ersten Band („Albert Schweitzer heute“), in dem eine Vielzahl ausgewiesener Sachkenner zu Wort kommen. Der 2001 verstorbene große Schweitzer-Kenner Richard Brüllmann hat eine andere Buchreihe initiiert: die Albert-Schweitzer-Studien (seit 1991). Auch hier finden sich zahlreiche Informationen zur Aktualität Schweitzers. Ganz aktuell ist das umfangreiche Grundlagenwerk des Freiburger Theologen Eberhard Schockenhoff „Ethik des Lebens – Grundlagen und neue Herausforderungen“ (2009); es enthält auf mehr als zwanzig Seiten eine kritische Auseinandersetzung mit der Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben. Zu guter Letzt sei das ermutigende Werk „Projekte der Hoffnung“ (hg. von Geseko von Lübke und Peter Erlenwein) genannt. Zwölf Träger des „Alternativen Nobelpreises“ (Right Livelihood Award) stellen ihre Projekte vor und zeigen damit eindrucksvoll, wie durch engagiertes Eintreten für Umwelt, Frieden, Menschenrechte menschenwürdige Wege der Globalisierung begangen werden können.

Ausklang
    Zu Beginn dieses Buches haben wir uns auf den Menschen Albert Schweitzer einzustimmen versucht. In der Rückschau haben wir sein Leben mit seinen Höhen und Tiefen betrachtet, sein Lebenswerk Lambarene angeschaut. Wir haben seine beiden zentralen Botschaften, die Ehrfurchtsethik und die Friedensappelle, vernommen und den ernsthaften Denker auch als humorvollen Menschen kennengelernt. Schließlich haben wir gefragt, was uns Albert Schweitzer heute zu sagen hat. Es sei mir erlaubt, das Buch mit einem persönlichen Wort ausklingen zu lassen.
    Beim Schreiben hatte ich auch Leserinnen und Leser im Blick, die zuvor noch nicht viel von Albert Schweitzer gehört haben; Menschen, die offen sind für die kraftvolle Güte und Liebe, wie sie Schweitzer ausstrahlte; Menschen, die auf der Suche sind nach glaubwürdigen ethischen Konzepten; Menschen, die sich nicht abfinden wollen mit der
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