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Alarm! Das Weiberschiff

Alarm! Das Weiberschiff

Titel: Alarm! Das Weiberschiff
Autoren: Heinz G. Konsalik
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alles auf, bis wir an Land sind. Dann präsentiert er uns die große Rechnung. Sehen wir doch klar. Wir haben alle unsere Aufgaben erfüllt, und trotzdem haben wir auf der ganzen Linie versagt! Es wird bei gewissen Leuten liegen, wie man uns ansieht – wie sture Soldaten oder wie Menschen, die ab und zu auch ein Herz besitzen, trotz Uniform!«
    »Das ist bei Ihnen ein ganz neuer Ton, Jack«, sagte Collins. Außerhalb des Dienstes sprachen sie miteinander wie Freunde, das steife ›Sir‹ kam nur auf, wenn aus Nicholson der Commander wurde. »Sie wissen, was man von Ihnen in der Navy sagt?«
    »Ein Kerl aus Schrauben, Hebeln, Transistoren und elektronischen Impulsgebern.«
    »So ähnlich, Jack. Auf keinen Fall traut man Ihnen eine Gemütsregung zu. Darum steht das Boot auch geschlossen hinter Ihnen, wenn wir wieder in Norfolk sind. Wenn es zu einer Marinegerichtsverhandlung kommt, werden die ihr blaues Wunder erleben.«
    »Man wird euch gar nicht fragen«, sagte Nicholson und hielt seinen Pappbecher wieder hin. McLaren goß ihn dieses Mal voll.
    »Das werden wir ihnen zeigen!« rief er dabei. »Wir sind dreihundert Mann!«
    »Victor, seien Sie doch vernünftig.« Nicholson lächelte schwach. »Die Navy hat Plätze genug, um dreihundert Mann so zu verteilen, daß jeder für sich dasteht wie ein Wüstenprediger so einsam. Ich danke euch … aber die Geschichte fresse ich allein aus!«
    Nach vierundsiebzig Tagen Tauchfahrt, von Grönland aus gerechnet, passierten sie die Baffin-Bay und liefen in die Labrador-See ein. Der Rückweg nach Norfolk lag fast frei vor ihnen. Der Kontakt mit der Basis war jetzt täglich häufiger und so klar, als säße man sich gegenüber. Die POSEIDON I fuhr nur auf Sehrohrtiefe und konnte so die feinen Antennen ausfahren, mit denen es eine Freude war, sich zu verständigen. Manchmal saß ein Commander Hecker in Norfolk am Gerät, einer der wenigen, die über die POSEIDON orientiert waren. Nicholson kannte Hecker von verschiedenen Lehrgängen her, sie waren so etwas wie Freunde und hatten manchmal sogar die Mädchen unter sich ausgeknobelt: Wer kriegt die Schwarze, wer die Blonde? Erlebnisse für eine Nacht. Aber unter Männern festigt so etwas die Freundschaft.
    »Sag mal, Hecker«, fragte Nicholson in Abständen von drei Tagen siebenmal. »Gibt es bei euch nichts, was du mir ins Ohr sagen könntest?«
    »Nichts, Jack!« Commander Heckers Stimme klang ehrlich. »Was soll ich dir flüstern? Daß in der Kantine sechs neue Mädchen sind, scharf wie Rasierklingen? Das regt dich in deinem Stahlkasten doch nur unnötig auf.«
    »Sonst nichts?« fragte Nicholson und kaute an seiner Unterlippe. »Wenn du nicht reden kannst, dann sag nur ja oder nein. Ist was aus Grönland gekommen?«
    »Grönland? Wieso Grönland? Was ist denn mit Grönland?« fragte Hecker verwundert zurück. »Hast du 'n Paket Inlandeis unterwegs zur Erinnerung?«
    Also nichts, dachte Nicholson. Gar nichts. Hecker würde es mir sagen, er würde es umschreiben, aber ich würde es verstehen. Was war passiert? Waren sie alle auf Grönland umgekommen? Hatten die Männer von VENUS XI sie nicht gefunden oder waren sie zu spät gekommen? Aber auch dann mußte man etwas wissen, mußte eine Meldung hinausgegangen sein. Es sei denn, die Kerle von VENUS XI hatten den Funkspruch nicht ernst genommen und waren mit ihren Motorschlitten gar nicht losgezogen. Auch das war möglich. Dann habe ich sie alle auf dem Gewissen, dachte Nicholson. Die Mädchen, Bernie Cornell, Dr. Blandy, Hendricks, Slingman, Tamaroo, Puckray, Yenkins und wie sie alle heißen. Kann man mit einem dergestalt belasteten Gewissen weiterleben? Kann man so etwas noch jahrzehntelang mit sich herumtragen?
    Es waren die stillen einsamen Abende, da Nicholson in seinem Commanderraum saß – vor seinen geschlossenen Augen Monikas Bild und Gericht mit sich selbst haltend. Er war ein strenger Richter. Er verurteilte sich zum Tode.
    Nachdem er das getan hatte, war ihm plötzlich gleichgültig, was später an Land mit ihm geschehen würde.
    Pünktlich um drei Uhr fünfzehn morgens, am 19. des Monats, lag die POSEIDON I im inneren Becken V der Basis vor der Einfahrt zu dem nach allen Seiten gesperrten U-Bunker. Im Boot war vorher rein Schiff gemacht worden. Es glänzte bis zur letzten Ecke, als sei es gerade aus einer Poliermaschine gerutscht. Die Mannschaft hatte die Paradeuniform angelegt und wartete auf das Auftauchen. Was hinter ihnen lag, die Monate unter Wasser, die bis zur Grenze
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