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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin
Autoren: Tamora Pierce
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Trebonds hineingepasst, und hier lebten mehr Leute, als Alanna jemals gesehen hatte. Sie erfuhr, dass viele Adelige hier im Palast über Suiten verfügten. Außerdem gab es Unterkünfte für ausländische Besucher, einen Bedienstetenflügel, Thron- und Ballsäle, Küchen und Bibliotheken. All das bewirkte, dass sie sich sehr sehr klein vorkam.
    Als sie schnell ihre Sachen auspackten, ging gerade die Sonne unter. Coram zog sich in seinem Zimmer frische Kleider an, während Alanna bedächtig ihre neue Uniform ausbreitete. Sie bemerkte, dass ihre Finger zitterten.
    »Alan!«, rief der Diener.
    Sie öffnete ihre Tür. Coram war bereit loszugehen. »Na, – Mäd... Junge?«, begann er. Seine dunklen Augen blickten freundlich. »Wie sollen wir es machen? Die Jungs ziehen sich gerade für das Abendessen um.«
    Alanna versuchte zu lächeln. »Geh nur voraus.« Sie bemühte sich, ganz locker zu klingen. »Ich komme schon zurecht.«

    »Bist du sicher?«
    »Natürlich«, entgegnete sie entschlossen. »Würde ich es sagen, wenn es nicht der Wahrheit entspräche?«
    »Ja«, antwortete er ruhig.
    Alanna seufzte und rieb sich die Stirn. Sie wünschte sich, er würde sie nicht so gut kennen. »Am besten machen wir es gleich von Anfang an so, Coram. Ich schaffe es schon. Wirklich. Geh nur.«
    Er zögerte einen Augenblick. »Viel Glück – Alan.«
    »Danke.« Sie sah zu, wie er ging, und fühlte sich plötzlich ganz verlassen. Dann schloss sie die Tür ab – es ging nicht an, dass irgendeiner unangemeldet hereinkam – und nahm ihr Hemd.
    Als sie fertig angezogen war, starrte sich Alanna im Spiegel an. Nie hatte sie so gut ausgesehen. Das weitärmelige Hemd und die Kniehosen hoben sich leuchtend scharlachrot von dem goldenen Waffenrock ab. Ihre Füße steckten in derben Lederschuhen; an einem schmalen Ledergürtel hingen ihr Dolch und ihr Beutel. Die Kleider waren wirklich etwas groß, aber sie war so von den Farben geblendet, dass sie sich daran nicht störte.
    Ein so leuchtendes Rot und ein noch strahlenderes Gold hatten etwas für sich: In der königlichen Uniform fasste sie Mut, die Tür aufzuschließen und in den Flur hinauszutreten. In ihren schäbigen alten Kleidern hätte sie das nicht gewagt. Mehrere Jungs sahen sie und verbreiteten sofort die Nachricht: Es gibt einen neuen Pagen im Palast! Plötzlich war es vollkommen still geworden im Pagenflügel. Alle kamen herbei, um den Neuankömmling zu mustern.
    Jemand packte sie von hinten. Sie wirbelte herum. Ein hoch aufgeschossener, knapp vierzehnjähriger Junge starrte
sie an. Sein Mund war zu einem höhnischen Grinsen verzogen. Er hatte kalte blaue Augen und sandfarbenes Haar, das ihm über die Stirn fiel.
    »Wen haben wir denn da?« Er spuckte beim Sprechen. Alanna wischte sich etwas Spucke von der Wange. »Vermutlich ist es ein Junge aus dem Hinterland, der sich für einen Edlen hält.«
    »Lass ihn in Ruhe, Ralon!«, warf jemand ein. »Er hat doch gar nichts gesagt.«
    »Das würde ich ihm auch nicht raten!«, gab Ralon barsch zurück. »Ich wette, er ist ein Bauernsohn, der so tun will, als sei er einer von uns.«
    Alanna wurde tiefrot. »Man hat mir gesagt, dass die Pagen hier lernen sollen, wie man sich benimmt«, murmelte sie. »Derjenige, der mir das gesagt hat, hat sich offensichtlich geirrt.«
    Der Junge packte sie am Kragen und hob sie hoch. »Du hast zu tun, was man dir befiehlt«, zischte er, »bevor du dir das Recht verdienst, dich Page zu nennen. Wenn ich sage, du bist der Sohn eines Ziegenhirten, dann antwortest du : ›Ja, Lord Ralon!‹«
    Alanna keuchte vor Empörung. »Da küss ich noch eher ein Schwein! Das ist es wohl, womit du so deinen Spaß hast, was? Schweine küssen? Oder dich von ihnen küssen zu lassen?«
    Ralon schleuderte sie gegen die Wand. Alanna ging zum Angriff über, rammte ihn in den Magen und warf ihn zu Boden. Ralon stieß einen Schrei aus und schob sie von sich weg.
    »Was ist denn hier los?«
    Die junge, männliche Stimme war klar und kraftvoll.
Ralon erstarrte; Alanna stand langsam auf. Die anderen Jungs machten einem dunkelhaarigen Pagen und seinen vier Begleitern Platz.
    Ralon sprach als Erster. »Hoheit, dieser Junge hat sich aufgeführt, als gehörte ihm der Palast«, sagte er mit weinerlicher Stimme. »Als wäre er der König hier. Und er hat mich beleidigt, wie kein Ehrenmann einen anderen beleidigt ...«
    »Ich glaube nicht, dass ich dich angesprochen habe, Ralon von Malven«, sagte der Junge, den Ralon ›Hoheit‹ genannt
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