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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin
Autoren: Tamora Pierce
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Ritterprüfung unterzogen. Falls du überlebst, wirst du zum Ritter von Tortall ernannt. Doch nicht jeder überlebt.« Er hielt seine linke Hand hoch und zeigte, dass dort ein Finger fehlte. »Den habe ich im Prüfungssaal eingebüßt«, sagte er und seufzte. »Aber im Augenblick solltest du dir wegen dieser Prüfung noch keine Gedanken machen. Vorerst wirst du im Pagenflügel wohnen.
Coram wird bei dir untergebracht, doch ich hoffe, dass er in seiner freien Zeit bei der Palastwache dienen kann.«
    Coram nickte. »Gern, Euer Gnaden.«
    Herzog Gareth verzog die Lippen zu einem dünnen Lächeln. »Ausgezeichnet. Einen Mann mit deinen Fähigkeiten können wir gebrauchen.« Er sah wieder zu Alanna. »Einer der älteren Pagen wird dich betreuen und dir zeigen, wie die Dinge hier ablaufen. Er wird für dich verantwortlich sein, bis du mit dem Palast und mit deinen Pflichten vertraut bist. Wenn du folgsam bist und hart arbeitest, wirst du mich nicht oft zu Gesicht bekommen. Benimmst du dich daneben, wirst du merken, wie streng ich sein kann. Sofern du es verdient hast, wirst du Freizeit erhalten, um in die Stadt zu gehen. Aber täusche dich nicht – du wirst dir jedes Vorrecht dreifach erarbeiten müssen. Du bist hier, um das Rittertum zu erlernen, und nicht, um dir eine schöne Zeit zu machen. Timon« – Alanna merkte erst jetzt, dass der Diener die ganze Zeit über im Raum gewesen war –, »bring die beiden in ihre Zimmer. Kümmere dich darum, dass der Junge ordentlich eingekleidet wird. Und besorge auch eine Wachtpostenuniform für Meister Smythesson.« Der Herzog sah Alanna prüfend an. »Ich erwarte, dass du in fünf Tagen deinen Dienst bei Tisch antrittst. Du wirst mich bedienen. Hast du noch irgendwelche Fragen?«
    Sie musste ihre ganze Kraft zusammennehmen, um zu antworten: »Nein, Eure Lordschaft.«
    »Ein Herzog wird mit ›Euer Gnaden‹ angesprochen.« Der ältere Mann lächelte und hielt ihr die rechte Hand hin. »Es ist ein hartes Leben, aber du wirst dich daran gewöhnen.«
    Alanna küsste ihm schüchtern die Hand. »Ja, Euer Gnaden.« Sie und die beiden Männer verneigten sich und verließen
den Raum. Der Pagenflügel erstreckte sich an der Westseite des Palasts und befand sich in der Nähe der Mauer, von der aus man auf die auf die Stadt hinunterblicken konnte. Hier zeigte Timon Alanna und Coram zwei kleine Zimmer, die sie für die Zeit, in der Alanna als Page diente, bewohnen würden. Jemand hatte hier schon ihr Gepäck abgestellt.
    Ihr nächster Weg führte zum Palastschneider. Alanna wurde schlecht, als ihr klar wurde, dass man ihr eine Pagenuniform anpassen würde. Ihr gingen Befürchtungen durch den Kopf, man könnte sie zwingen sich auszuziehen, man könnte sie ertappen und in Schmach und Schande nach Hause schicken, noch bevor sie Gelegenheit hätte überhaupt anzufangen.
    Stattdessen wand ihr ein missmutig wirkender Mann hastig eine mit Knoten versehene Kordel um Schultern und Hüften und rief seinem Gehilfen die Zahl der Knoten zu, die nötig waren, um Alanna zu umspannen. Dann maß er mit der Kordel die Länge ihres rechten Armes und ihres rechten Fußes ab. Er scheuchte den verängstigt dreinschauenden Lehrling in einen Lagerraum, während er Coram ebenso hastig vermaß. Der Lehrling kehrte mit einem Arm voll Kleider zurück und wurde sogleich beauftragt, nach passenden Stiefeln und Schuhen zu suchen. Inzwischen schüttelte der missmutige alte Schneider einen goldenen Waffenrock aus und hielt ihn Alanna hin. Das Kleidungsstück hätte ohne Weiteres einem wesentlich größeren Jungen gepasst.
    Coram gab sich Mühe ein Grinsen zu unterdrücken. »Ist der nicht ein kleines bisschen zu groß?«
    Der Schneider warf dem Diener einen bösen Blick zu. »Jungs wachsen«, bellte er und lud Alanna unsanft den Kleiderhaufen und die Stiefel auf die Arme. »Das liegt in ihrer
Natur.« Er wandte sich mit finsterer Miene Alanna zu. »Wenn du die Sachen kaputt machst, dann flickst du sie auch«, sagte er. »Ich will dich mindestens drei Monate lang nicht mehr sehen.«
    Alanna folgte Coram und Timon nach draußen. Sie hatte ganz weiche Knie vor Erleichterung. Ihr Geheimnis war nicht entdeckt worden!
    Timon brachte sie zum Mittagessen in die riesige Küche. Den Nachmittag verbrachte er damit, sie im Palast herumzuführen. Alanna hatte im Nu jegliche Orientierung verloren. Sie glaubte Timon nicht, als er ihr sagte, sie würde sich schnell zurechtfinden. In den königlichen Palast hätten ohne Weiteres etliche
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