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Al Wheeler und die Nackte

Al Wheeler und die Nackte

Titel: Al Wheeler und die Nackte
Autoren: Carter Brown
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nur beipflichten.
     
    Am Ende dieses dritten Tages
machte ich auf dem Heimweg vor einem Spirituosenladen halt und erstand mir eine
Flasche zwölf Jahre alten Scotchs. Wenn ich schon vorhatte, mich zu betrinken,
so war es nur angemessen, dies in gutem Stil zu tun. Außerdem kaufte ich eine
Flasche Wein, der zu meiner tiefgekühlten Fertigmahlzeit paßte — vorausgesetzt, ich kam überhaupt dazu, sie zu mir zu nehmen. In meiner
Wohnung angekommen, suchte ich die melancholischsten Blues-Platten, die ich
finden konnte, und stapelte sie ins Stereogerät. Dann goß ich mir das erste
Glas teuren Scotchs ein, lehnte mich auf meiner einsamen Doppelcouch zurück und
hörte mir > Mood Indigo< an, das durch meine
fünf Lautsprecher drang. Aber das war erst der Anfang.
    Es klingelte an der
Wohnungstür, als ich beim zweiten Glas teuren Scotchs angelangt war und einer
munteren kleinen Melodie lauschte, deren erste Zeile >Nach dem Grabe zieht mich’s hin< lautete. Ehrlich gesagt handelte es sich um
reine Instrumentalmusik, aber ich improvisierte meinen eigenen Text dazu.
    Ich öffnete die Tür in der
Annahme, es handle sich vermutlich um meinen freundlichen Nachbarn, den
Leichenbestatter, der eben mal vorbeikam, um für später die nötigen
Vereinbarungen zu treffen.
    Es war Annabelle Jackson, und
auf ihrem Gesicht lag ein deutlich bekümmerter Ausdruck. Sie trug eine durch und
durch durchsichtige Bluse, wie ich nebenbei feststellte, und einen langen Samtrock , der schamlos ihre Hüften umklammerte.
    »Das ist unfair«, sagte ich.
»Sie können mich im Büro auslachen.
    »Ich bin nicht gekommen, um Sie
auszulachen, Al«, sagte sie mit zaghafter Stimme. »Ich wollte mir Rat bei Ihnen
holen.«
    »Ich muß die ganze Zeit darüber
nachdenken«, sagte ich. »Die Lösung wäre eigentlich ganz einfach gewesen. Wenn
ich Gloria Van Heuten umgebracht hätte, nachdem sie Donna Barnes ko geschlagen hatte, hätte nie jemand von der Sache
erfahren.«
    »Ich bin verzweifelt«, sagte
sie. »Ich werde mich wohl in den Fluß stürzen müssen.«
    »In Pine City gibt’s keinen Fluß.«
    »Na schön.« Annabelle funkelte
mich böse an. »Dann werfe ich mich eben unter einen Bus. Behaupten Sie bloß
nicht, in Pine City gäbe es keine Busse.«
    »Zu dieser Nachtzeit müßten Sie
hübsch lange auf einen warten«, sagte ich. »Wollen Sie nicht lieber
hereinkommen und was trinken?« Ich geriet plötzlich in großzügige Stimmung.
»Sie können sogar meine tiefgefrorene Fertigmahlzeit bekommen, wenn Sie
wollen.«
    »Ich habe gerade eine Mahlzeit
von fünf Gängen, komplett mit drei verschiedenen Weinsorten hinter mir«, sagte
sie. »Und wenn Sie mir jetzt nicht gleich diesen Drink zukommen lassen, gehe
ich zum hiesigen Fernsehen und erzähle dort ganz genau, was Ihnen neulich
zugestoßen ist.«
    Wie der Wind war ich in der
Küche und goß ihr etwas zu trinken ein. Als ich ins Wohnzimmer zurückkehrte,
war meine Stereoanlage vollends verrückt geworden und schluchzte irgendwas Gefühlsduseliges
vor sich hin.
    »Ich glaube, ich bin völlig
übergeschnappt«, sagte Annabelle mit gequälter Stimme, während sie mir das Glas
aus der Hand riß. »Und Sie sind ganz eindeutig schuld daran.«
    »Sie waren schon ein bißchen
verrückt, bevor Sie mich kennen lernten«, sagte ich. »Verraten Sie mir mal was.
Lacht Sergeant Peterson vielleicht irgendwo über mich, wo ich ihn nicht sehen
kann?«
    »Es war der ganz große Abend«,
flüsterte sie. »Das beste Restaurant in der Stadt. Das Essen war exquisit, der Wein
fabelhaft. Ich wußte, daß es nun so weit kommen
würde.«
    »Er hat Sie ausgelacht«, sagte
ich mitfühlend. »Ich weiß, was man dabei empfindet. Es ist grausam und herzlos.
Man schrumpft innerlich dabei völlig zusammen.«
    »Er sagte, er sei endgültig zu
einem Entschluß gekommen«, fuhr Annabelle fort. » Pine City sei der richtige Ort für die Fabrik, behauptete er. Sein Pappi habe ihm alle Vollmachten übertragen und ihn
angewiesen, sich als erstes ein Haus zu bauen. Kosten spielten dabei keine
Rolle, habe sein Pappi gesagt.« Annabelle schauderte
plötzlich.
    »Fing er dann an zu lachen?«
erkundigte ich mich verständnisvoll.
    »Dann machte er mir einen
Heiratsantrag«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Das hatte ich ja schon die
ganze Zeit über erwartet. Wozu hatte ich schließlich für diesen Abend ein
Vermögen für eine komplett neue Ausstattung angelegt? Weil es die grandioseste
Nacht meines ganzen unglücklichen Lebens werden sollte —
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