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Al Wheeler und die geborene Verliererin

Al Wheeler und die geborene Verliererin

Titel: Al Wheeler und die geborene Verliererin
Autoren: Carter Brown
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über mich
Bescheid wissen«, erklärte sie in kaltem Ton. »Das Bordell gehörte einem
Syndikat, und den Leuten dort wurde klar, daß ich nicht nur eine tüchtige
Madame war, sondern auch leidlich intelligent und außerdem vertrauenswürdig. Im
übrigen zogen es die großen Bosse vor, anonym zu bleiben. Also machte ich
stetig Karriere und wurde schließlich Mitglied des Aufsichtsrats, wenn man das
so bezeichnen will. Zu diesem Zeitpunkt heiratete ich dann auch, und Carol
wurde geboren.«
    Sie schwieg kurz und fuhr dann
fort: »Der große Knatsch kam neunzehnhundertachtundfünfzig. Zu dem Zeitpunkt
stand ich fast für alle Aktivitäten des Syndikats ein, und ein von Berufseifer
erfüllter Distriktstaatsanwalt hatte ein Team zusammengestellt, das zwei Jahre
lang sondierte, bevor er anfing, Anklage zu erheben. Ich war die Schlüsselfigur
des ganzen; ich kannte die Namen, die Geheimkonten, die Bestechungslisten,
alles. Ich brauchte also seiner Ansicht nach nur zu kooperieren, dann wollte er
dafür sorgen, daß ich mit einer leichten Strafe davonkäme. Ich erklärte ihm, er
könne mich... es sei mir völlig egal, was passierte.«
    Sie zuckte flüchtig mit den
Schultern. »Eines konnte er allerdings wirklich tun. Wenn meine Weigerung, mit
ihm zusammenzuarbeiten, ihn einesteils daran hinderte, irgend jemanden sonst
vor den Kadi zu bringen, konnte ihn andererseits nichts davon abhalten, mich
dementsprechend hineinzutauchen. Im Herbst achtundfünfzig wanderte ich ins
Kittchen und kam erst im Sommer einundsiebzig wieder heraus. In den ersten acht
Jahren tauchte jeden Frühling und Herbst ein Bursche aus dem Büro des
Staatsanwalts auf, regelmäßig wie ein Uhrwerk, und fragte mich, ob ich nicht
meine Meinung geändert hätte. Er versprach mir jeweils sofortigen Straferlaß,
wenn ich bereit sei, die gewünschten Namen und die Einzelheiten preiszugeben.
Ich teilte ihm jedesmal mit, er solle sich zum Teufel scheren, und so kehrte er
in sein Büro zurück, und ich blieb, wo ich war. Währenddessen bekam ich vom
Syndikat jährlich zehntausend Dollar, damit ich den Mund hielt.
    Der Dreckskerl, den ich
geheiratet hatte, ließ sich von mir scheiden, nachdem ich ins Gefängnis
gewandert war, und verschwand. Kurz bevor ich festgenommen worden war, hatte
ich Carol zu meiner Schwester nach Denver geschickt, denn obwohl sie damals
erst fünf Jahre alt war, fand ich doch, sie sei bereits in dem Alter, in dem an
einem Kind etwas von dem Schmutz hängen bleibt. Meine Schwester zog sie auf,
und ich versorgte sie mit einer Menge Geld, damit die Kleine die bestmögliche
Erziehung erhielt. Meine Schwester erzählte ihr, ihre beiden Eltern seien bei
einem Autounfall ums Leben gekommen, als sie fünf Jahre alt gewesen sei, und
als ich aus dem Gefängnis kam, hielt ich es für das beste, es dabei zu
belassen. Welche Achtzehnjährige hätte schon gern eine urplötzlich aufkreuzende
Mutter gehabt, die die letzten dreizehn Jahre im Kittchen zugebracht hat?
    Ich war ziemlich reich, als ich
herauskam. Kalifornien hatte ich immer gern gemocht, aber es wäre nicht klug
gewesen, wenn ich in Los Angeles geblieben wäre. Also zog ich nach Pine City,
kaufte das Haus hier und ließ mich sozusagen nieder. Dann, nach einer Weile,
besuchte ich meine Schwester in Denver. Wir hatten vereinbart, sie solle Carol
erzählen, ich sei ihre Kusine aus Kalifornien, die zu Besuch käme. Ich kam mit
der Kleinen gut aus und forderte sie auf, während ihrer Sommerferien vom
College zu mir zu kommen. Während der ersten drei Wochen klappte alles
großartig. Dann schickte ihr irgendein Schweinehund per Post ein anonymes
Päckchen; es enthielt Zeitungsausschnitte aus der Zeit des Prozesses.«
    »Wie hat Carol reagiert?«
fragte ich.
    »Ich konnte nichts ableugnen«,
antwortete sie. »Die Ausschnitte enthielten zu viele Einzelheiten. Sie weinte,
schrie und begann gegen mich anzutoben. Sie behauptete, ich hätte ihr ganzes
Leben ruiniert. Nie könnte sie wieder Achtung vor sich selbst haben, jetzt,
nachdem sie wisse, wie ihre Mutter gewesen sei. Auf diese Weise ging es
unentwegt weiter, und schließlich sagte sie, sie würde sich umbringen. Ich war
der Ansicht, es bliebe mir nichts weiter übrig als abzuwarten, bis sie sich
beruhigt hätte, und dann zu versuchen, ihr vernünftig zuzureden. Aber sie selbst
wartete nicht. Als ich eines Morgens aufstand, stellte ich fest, daß ihr Bett
unberührt geblieben und Carol verschwunden war. Bis ich heute früh an den
Swim-ming-pool
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