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Al Wheeler und die Callgirls

Al Wheeler und die Callgirls

Titel: Al Wheeler und die Callgirls
Autoren: Carter Brown
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Wirklichkeit
wird, sich rapide zu einem Alptraum zu entwickeln pflegt.
    »Mord«, sagte ich verzweifelt,
»darüber wollte ich mit Ihnen sprechen. Über einen Mord.«
    »Hinterher«, sagte sie munter.
»Das ist die beste Zeit zum Reden, Al. Hinterher.«
    Ich sprang von der
Zweisitzer-Couch empor und hörte nicht auf zu gehen, bis etwa fünf Meter
zwischen ihr und mir lagen. Dann zündete ich langsam und mit kunstvoller
Präzision eine Zigarette an, bevor ich schließlich wieder zur Couch
zurückblickte. Lisa Landau saß noch dort, betrachtete mich mit ausdruckslosem
Gesicht, die dunklen Augen kalt und aufmerksam.
    »Was hat Ihnen Nicholas Kutter
bedeutet?« fragte ich.
    »Er war eben ein Freund.«
    »Sie wissen, daß er gestern
nacht ermordet worden ist?«
    »Ja. Es tut mir leid, aber wenn
zwischen uns etwas war, so ist es vor ein paar Wochen zu Ende gegangen.«
    »Wer hat ein Ende gemacht?«
    »Ich. Nick nahm es schwer, aber
ich wußte, daß er darüber wegkommen würde.« Sie zuckte anmutig die Schultern.
»Alle Leute kommen darüber weg.«
    »Wie steht es mit Mike
Donovan?«
    »Er ist ein Freund von mir.«
    »Ein Freund mit einem kurzen
Gedächtnis«, sagte ich. »Ich fragte ihn, ob er jemanden mit den Initialen L. L.
kenne, aber er sagte nein.«
    »Ich glaube nicht, daß Mike
mich vergessen kann.« Um ihre Mundwinkel bildeten sich Grübchen. »Vielleicht
war er nur einfach ritterlich und wollte mich nicht in Mordermittlungen
hineinziehen lassen? Unter dem rauhen Äußeren schlägt das Herz eines
Gentlemans.«
    »Ich frage mich, was unter
Ihrem schönen Äußeren schlägt?«
    »Ich habe es einmal mit einer
Ehe versucht, wie ich Ihnen schon erzählt habe, Al«, sagte sie gelassen. »Es
hat nicht geklappt. Einem einzigen Mann treu zu sein war schrecklich langweilig.
Das Schwierige bei einer Ehe ist, daß man den richtigen Mann finden muß, und
meiner Erfahrung nach weiß ich, daß er für mich einfach nicht existiert.
Seither habe ich also vorgezogen, mir meine Freiheit zu bewahren, den Mann zu
nehmen, den ich im Augenblick haben möchte, und ihn loszuwerden, sobald er
anfängt, mich zu langweilen.«
    Ich drückte meine Zigarette in
einem herzförmigen Kristallaschenbecher aus, ging zu einem der kleinen Sessel
und setzte mich ihr gegenüber. »Erzählen Sie mir von Nick Kutter?«
    »Was wollen Sie wissen? Wie er
im Bett war?«
    »Wie Sie ihn kennengelernt
haben, seit wann Sie ihn gekannt haben — solche Dinge.«
    »Ich traf ihn bei Mike Donovan.
Manchmal fahre ich hinaus und sehe Mike bei seinen Arbeiten im Gelände draußen
zu. Es ist etwas so herrlich Elementares an ihm — all diese schönen Muskeln.«
Für eine Sekunde glomm ein schwacher Schimmer in ihren Augen auf und verblaßte
dann langsam. »Ich glaube, es war vor etwa vier Monaten. Die beiden
unterhielten sich, als ich zum Bauplatz hinauskam; und so stellte Mike uns vor
und fragte mich, ob ich etwas dagegen hätte, Mr. Kutter mit in die Stadt
zurückzunehmen. Irgend etwas an Nick unterschied ihn von anderen Männern, die
ich kannte, und es faszinierte mich. Bei Mike ist alles physisch bedingt —
seine Stärke, meine ich —, aber bei Nick kam alles aus dem Inneren. Ein
angeborener Sinn für Macht, nehme ich an. Diese zuversichtliche Erwartung, daß
jedermann immer das tun wird, was er befiehlt, ohne zu fragen. Ich spürte das
in ihm während dieser Rückfahrt in die Stadt, und es erregte mich. Anstatt ihn
in der Stadt abzusetzen, brachte ich ihn geradewegs hierher.«
    Während ich ihr zuhörte,
überlegte ich, daß ich in der falschen Branche gelandet war. Ich hätte
Psychiater statt Polyp werden sollen, so daß ich fünfzig Dollar pro Stunde
hätte verlangen können. So, wie ihr Mundwerk lief, mußte sie jedwede
Zuhörerschaft für ihre Selbstanalyse genießen, oder vielleicht — wie mir
plötzlich klar wurde — war das Ganze nur ein Rauchschirm, der ein paar harte
Tatsachen verdeckte, die sie für sich zu behalten wünschte.
    »Damals wurde Nick mir nach
diesem ersten Tag zur Gewohnheit«, fuhr sie fort. »Oder vielleicht wurde ich
auch eine Gewohnheit für ihn. Jedenfalls sahen wir uns zwei Monate lang sehr
oft. Dann begannen sich die Dinge zu ändern.«
    Sie stand von der Couch auf und
entfernte sich langsam von mir. Ich richtete den Blick mit äußerster
Anstrengung an die Decke, anstatt auf das wippende schwarzseidene Hinterteil,
bis sie um die Bar herumgegangen war.
    »Ich brauche was zu trinken.«
Sie blickte zu mir herüber. »Wie steht’s
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