Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Akte X

Titel: Akte X
Autoren: Unruhe
Vom Netzwerk:
gerissen.
    „Mulder!“ schrie sie. „Ich bin hier!“ Mulder mußte schnell handeln. Er kam zu dem Schluß, daß ihm die Hintertür am wenigsten Widerstand entgegenbringen würde, also rannte er wieder auf die Rückseite des Wagens und schlug gegen die Tür.
    „Scully!“ brüllte er, als er die Kampfgeräusche aus dem Inneren wahrnahm. Mit dem Ellbogen hämmerte er gegen die Glasscheibe in der Tür, doch sie bestand aus Sicherheitsglas und es gelang ihm lediglich, einen Sprung hineinzuschlagen. Von drinnen hörte er die Schreie seiner Partnerin.
    „Mulder! Hilfe!“
    Im Winnebago preßte Schnauz Scullys freien Arm auf den Sitz zurück. Ihre Beine und ihr linker Arm waren immer noch gefesselt. Schnauz hielt das Leukotom in der Hand, doch er wollte nicht Scully töten. Er wollte die Heuler töten, die er in ihr Hirn und wieder heraus schwirren sah, die in einem Auge verschwanden und im anderen wieder zum Vorschein kamen. Er wußte, wo sie sich ver-steckten. Sie hockten genau zwischen ihren Augen.
    Wenn er sie nur von ihnen befreien konnte, dann würde sie nie wieder lügen müssen. Warum ...
    warum konnte sie das denn nicht verstehen? Er tat ihr doch nur einen Gefallen. Er allein konnte sie ein für allemal von ihrer Ruhelosigkeit befreien.
    Draußen entdeckte Mulder einen beinahe zwei Meter langen Stahlpfosten, der eigentlich als Halterung für einen Wegweiser zum Friedhof diente.
    Er ergriff ihn und stürmte wie ein Ritter mit Lanze auf das Fenster zu. Augenblicklich gab der ganze Rahmen mit einem häßlichen Kreischen nach. Mit der linken Hand griff Mulder hinein und öffnete die Tür, während seine Rechte bereits die Waffe aus ihrem Holster riß.
    „Mulder!“
    Als er die Tür aufstieß, drang Licht in den Innenraum des Wagens, und Mulder konnte Schnauz klar und deutlich erkennen. Der große Mann wandte sich von Scully ab und stürmte mit erhobenem Leukotom auf Mulder zu - doch noch ehe er drei Schritte tun konnte, hatte Mulder schon geschossen. Der Knall schien den kleinen Innenraum des Wohnmobils zu sprengen, und feiner Rauch kräuselte sich vor den schwarzen Samtvorhängen. Ohne die Mündung von seinem Gegner abzuwenden, betrat er den Winnebago, doch Schnauz rührte sich nicht mehr.

    Scully zerrte immer noch wie wild an ihren restlichen Fesseln, und Mulder vermutete, daß sie einen leichten Schock erlitten hatte. Er bückte sich, um ihr zu helfen.
    „Scully, sind Sie in Ordnung?“ fragte er sanft.
    Sie nickte hastig. Von draußen hörten sie die anderen Cops auf den Winnebago zukommen.
    Mulder drehte sich um und erkannte Corning, der zu ihnen hereinstarrte.
    „Rufen Sie einen Krankenwagen“, ordnete Mulder an und deutete mit einer dezenten Kopfneigung in Richtung Scully.
    Corning tat wie ihm geheißen, und als Mulder sich wieder zu Scully umwandte, hatte sie sich bereits befreit.
    Nach einem langen, stumpfen Blick auf Schnauz' reglosen Leib erhob sie sich und stolperte zur Tür des Wohnwagens. Dort blieb sie einen Moment stehen, bis sich ihre Augen an das Sonnenlicht gewöhnt hatten, jenes Licht, von dem sie geglaubt hatte, sie würde es nie wiedersehen.
    Mulder bückte sich und tastete nach Schnauz'
    Puls. Der Mann war tot. Jetzt erst bemerkte Mulder die Polaroidaufnahmen, die um den Leichnam herum lagen. Er hob eine auf und betrachtete sie eingehend. Was er sah, überraschte und betrübte ihn gleichermaßen.
    Dann blickte sich Mulder zur Tür um und mußte feststellen, daß Scully den Wagen verlassen hatte. Er schüttelte mitfühlend den Kopf.
    Vermutlich konnte er sich noch nicht einmal annähernd vorstellen, welchen Alptraum sie durchgemacht hatte.

    Epilog
    Zwei Tage später saß Scully in ihrem abgedunkelten Appartement vor dem Computer. Ihre Versuche, zur Ruhe zu kommen, waren vergeblich gewesen, also hatte sie sich ein Sweatshirt übergeworfen, sich an ihren Schreibtisch gesetzt und den Laptop aufgeklappt. Neben dem Computer lagen die Bestandteile von Schnauz' Akte auf dem Schreibtisch ausgebreitet. Obwohl ihr Mulder und Lieutnant Deputy Skinner nahegelegt hatten, einige Tage Urlaub zu nehmen, hatte sie den Papierkram bereits am Vortag im Büro erledigt. Sie hatte den beiden nicht erzählen wollen, daß sie noch nicht so weit war, allein in einem dunklen Appartement zu bleiben. In der zweiten Nacht - so hatte sie geglaubt - würde sie schon besser zurechtkommen, doch statt dessen hatte sie sich stundenlang im Bett hin- und hergewälzt.
    Die erste Zeile ging ihr leicht von der Hand.
    Nachtrag
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher