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Akte X

Titel: Akte X
Autoren: Unruhe
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wirbelten um Scully herum, und ihre Positionen waren gegenüber dem Bild von Lefante nur leicht verändert. Mulder war überzeugt, daß Schnauz glaubte, die Heuler würden auch seine Partnerin heimsuchen.
    Mulder kniff die Augen zusammen und konzentrierte sich. Schließlich fiel ihm auf, daß einer der Heuler auf diesem Foto nicht ganz so verschwommen eingefangen war wie auf dem Paßfoto von Mary Lefante. Er hob sich deutlicher von den anderen ab: Er thronte auf Scullys Kopf, und Mulder konnte seine glühenden Augen erkennen, ebenso wie seine knochigen Finger, die sich wie schwere Spinnweben über Scullys Haare legten.
    Mulder brütete weiter über der Aufnahme und bemühte sich mit letzter Anstrengung, den Tumult des halben Dutzend Polizisten an den Telefonen aus seinen Gedanken auszublenden. Er war sich der Tatsache bewußt, daß er seine eigene Panik kaum noch in Schach halten konnte.
    In diesem Augenblick übertönte eine Stimme das Getöse in dem Großraumbüro.
    „Sir?“
    Geistesabwesend blickte Mulder auf. Officer Corning stand mit einem Telefonhörer am Ohr vor ihm und hielt die Hand über die Sprechmuschel.
    „Agent Scullys Explorer wurde gerade gefunden. Man hat ihn verlassen auf einem Park-and-Ride-Parkplatz entdeckt, etwa zwanzig Meilen von hier.“

    „Irgendwelche Zeugen?“
    Corning schüttelte den Kopf. „Aber auf demselben Parkplatz wurde ein Audi gestohlen.“
    „Er hat das Fahrzeug gewechselt. Das wird er noch zwei- oder dreimal machen“, meinte Mulder matt. Noch ehe er den Satz beendet hatte, ruhte sein Blick schon wieder auf dem Foto. Blinzelnd betrachtete er ein Detail, das ihm zuvor entgangen war.
    „Sechs Finger“, murmelte er.
    Corning wußte nicht recht, ob Mulder noch immer mit ihm sprach.
    „Sir?“
    „Es hat sechs Finger“, wiederholte Mulder.
    Mulders Fingerspitzen glitten über das Foto und stoppten vor der Hand des Dämons, die in Scullys Haaren lag. Erneut zählte er. Es waren tatsächlich sechs Finger, nicht fünf. Mulder hatte keine Ahnung, warum Schnauz' Phantasie solch bizarre Wege ging, doch er war davon überzeugt, daß diese Abweichung etwas zu bedeuten hatte.
    Erneut blickte er auf und bemerkte einen der Cops, den Mann, den Corning zu Schnauz'
    Wohnung geschickt hatte. Der Polizist stand auf der anderen Seite von Trotts ehemaligem Schreibtisch und machte einen unglücklichen Eindruck.
    „Also, was ist nun mit der Wohnung?“ fragte Mulder gereizt.
    Der Polizist räusperte sich. „Wir haben eine Einheit bei seiner Pension postiert, aber er ist nicht zurückgekommen.“
    Diese Antwort reichte Mulder nicht. „Was sonst noch? Freunde, Verwandte, Kollegen? Hat er vielleicht ein Sommerhaus? Hat er ein Winterhaus?“ Officer Corning mischte sich ein, in dem Bemühen, seinen Kollegen schützen zu können.
    „Er scheint überhaupt nicht viel zu haben. Wir haben die Telefonnummern überprüft, die wir in seiner Brieftasche gefunden haben, aber bis jetzt...“
    „Zeigen Sie mir seine Brieftasche“, unterbrach ihn Mulder.
    Mit einer lässigen Bewegung warf Corning die Brieftasche über die drei Meter Distanz zwischen den beiden Schreibtischen. Mulder fing sie auf und begann, darin herumzuwühlen. Ihm fiel auf, daß das Leder schon alt und brüchig war. Die Brieftasche enthielt nicht viel - drei Ein-Dollar-Noten, ein Rosenkranzbild, einen Auszahlungsbeleg von Iskendarian Construction. Mulder befand nichts davon für wichtig. Lediglich ein alter Zeitungsausschnitt, den er vorsichtig auseinanderfaltete, faszinierte ihn auf der Stelle.
    „Das ist der Nachruf auf seinen Vater“, warf Corning ein.
    Neben dem Text war ein Foto von der Beerdigung in der Familiengruft auf einem großen Friedhof abgebildet. Es zeigte, wie die Urne in einem

    Feld gleichartiger Grabsteine versenkt wurde. Vor der bescheidenen Anzahl Trauergäste war eine Ehrengarde der Marine mit dem zeremoniellen Falten der amerikanischen Flagge beschäftigt, was die Bildunterschrift mit dem pompösen Wort
    „Heldenbestattung“ kommentierte.
    Den nächsten Abschnitt las Mulder laut vor.
    „Gerald Schnauz senior, Doktor der Zahnmedizin und Empfänger des Bronzesternordens für seinen Einsatz im Koreakrieg, war ein ...“ Mulders Stimme verlor sich. Entgeistert blickte er zu Corning und dem anderen Polizisten auf.
    „Schnauz war Zahnarzt“, sagte er langsam.
    Nun wußte Mulder, wo sie suchen mußten.

    13
    Staub bedeckte das helle Rechteck aus Milchglas, doch als Mulder seine Lampe darauf richtete, konnte er
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