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Airport-Klinik

Airport-Klinik

Titel: Airport-Klinik
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht der eines Chirurgen; denn nach der Volksmeinung hat ein Frauenarzt so auszusehen, daß jedem weiblichen Patienten das Herz und der Puls schneller schlagen. Gerade hatte er jetzt in der Klinik seinen weißen Arztkittel ausgezogen, als das Telefon klingelte.
    »Wär ich bloß schon weg …«, sagte er zu seinem Kollegen Dr. Rolf Gräfe, blickte kurz hinüber zu Schwester Bonelli, spitzte die Lippen, warf ihr einen Kuß zu und zog sein Jackett an. Fritz Wullemann, der Oberpfleger, hatte inzwischen den Hörer abgenommen und lauschte der aufgeregten Stimme am anderen Ende der Leitung.
    »In Ordnung«, sagte er dann. »Kleiner Fisch! Keine Aufregung …«
    Er legte auf und wandte sich zu den Ärzten um.
    »Na, was ist?« Dr. Hansen lachte. »Kleiner Fisch? Ist's eine festsitzende Blähung?«
    »Eine Selbstmörderin!« Oberpfleger Wullemann fuhr sich mit der Zange über die Oberlippe. Er war ein breiter, bulliger Kerl mit Händen, die selbst einem Catcher imponiert hätten – aber diese Hände konnten unglaublich vorsichtig und zart sein; so millimetergenau beim Assistieren, daß sich die Ärzte immer wieder darüber wunderten, wie feinfühlig derartige Pranken sein konnten. Fritz Wullemann war beinahe unentbehrlich in der Airport-Klinik. Was immer auch passierte, wenn zum Beispiel ganze Flugzeugladungen total besoffener Rückkehrer aus den alkoholfeindlichen arabischen Emiraten in die Klinik geschleppt wurden – Wullemann war wie ein Fels in der Brandung. Ihn erschütterte nichts. »Dat is nun mal der Mensch!« war seine Lebensphilosophie. Das konnte niemand widerlegen.
    »Die Frau ist von der Terrasse des Restaurants gesprungen. Mitten auf einen Gepäckkarren … wird gleich hier sein …«
    »Schwer verletzt?« Dr. Gräfe winkte zu den drei Schwestern hinüber, die im OP-Zimmer standen. »Sauerstoff fertig machen, Röntgen vorbereiten, OP-Tisch bereit halten …« Er blickte zu Dr. Hansen, der seinen Trenchcoat überziehen wollte: »Ich mach diese Stunde noch, ehe die Ablösung kommt. Das ist doch was für dich als Unfallchirurg.«
    Dr. Hansen blickte auf seine Armbanduhr. Diese Stunde noch? In einer Stunde würde Evi draußen bei ihm sein in Niddenheim. Na, etwas Zeit war noch drin … für die Erstversorgung der Patientin würde es reichen.
    »Na denn!« sagte Dr. Hansen wohlwollend und zog Mantel und Jacke wieder aus. Schwester Bonelli hielt ihm den Arztkittel hin. »Dann woll'n wir uns die Springerin mal ansehen.«
    Zwei Sanitäter mit einer Rolltrage waren unterdessen aus der Station gelaufen und schoben die Bahre vor die Tür der Klinik. Mit knirschenden Bremsen hielt der Follow Me-Wagen vor ihnen, der Fahrer warf sich fast aus dem Auto.
    »Wir haben nicht gewartet, bis ihr mit eurem Wagen kommt!« schrie er. »Vielleicht geht's hier um Minuten. Verdammt, die versaut mir mit ihrem Blut die ganzen Polster.«
    Schnell, geübt, mit sicheren Griffen zogen die Sanitäter die bewußtlose Frau vom Rücksitz und legten sie auf die Bahre. Das um ihren Kopf gewickelte Hemd war durchgeblutet, ihr Gesicht war, kaum zu erkennen, nur noch ein roter, bizarrer Fleck.
    »Komm mit!« sagte einer der Sanitäter. »Los, komm mit …«
    »Warum denn?« Der Fahrer schüttelte den Kopf. »Was hab ich damit zu tun? Ich muß sehen, wie ich das Blut wieder wegkriege.«
    »Du mußt den Tathergang schildern …«
    »Tathergang! Die saust von der Terrasse herunter und knallt aufs Gepäck. Das ist alles.«
    »Das erzähl mal den Doktors und der Polizei. Los, avanti, avanti …«
    Die Sanitäter liefen mit der Rolltrage los, der Fahrer folgte ihnen fluchend und dachte an die versauten Polster.
    Dr. Hansen, Dr. Gräfe und natürlich Wullemann beugten sich sofort über die Selbstmörderin. »Tot isse nich!« war das erste, was Wullemann sagte.
    Dr. Gräfe, der den Puls fühlte, nickte: »Puls flatternd und sehr schwach.«
    Dr. Hansen, der das blutige Hemd von ihrem Kopf wickelte, beugte sich tief über sie. »Platzwunde an der Stirn. Das ist harmlos. Lukrezia: Sauerstoff! Britte: Cordalin! Strophanthin!«
    Ein anderer Sanitäter wusch der Frau jetzt das Blut vom Gesicht. Zwei Schwestern begannen die Bewußtlose vorsichtig auszuziehen. Dr. Hansen kontrollierte Arme und Beine. »Gebrochen ist nichts. Hat Glück gehabt. Röntgen fertig?«
    »Ja, Herr Doktor.«
    »Dann rüber mit ihr. Vorsichtig, Leute! Sie kann innere Verletzungen haben. Was meinst du, Rolf?«
    »Nach inneren Blutungen sieht sie nicht aus. Vielleicht hat sie wirklich
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