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Airport-Klinik

Airport-Klinik

Titel: Airport-Klinik
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Lukrezia Bonelli. Sie schnitt kleine Strips von einer Pflasterrolle und warf die Stücke in einen vernickelten Kasten.
    »Sehen wir uns morgen, Liebling?« fragte sie. »Morgen früh um halb acht kann ich bei dir sein. Du hast doch morgen deinen freien Tag.«
    »Und den sitze ich in Bad Homburg bei einem Kongreß der Intensivmediziner ab.«
    Er trat neben sie, legte den Arm um ihre Schulter und küßte sie in den Nacken. Sie beugte den Kopf zurück, schloß die Augen und seufzte leise. Obwohl sie einen italienischen Namen trug und aussah wie eine glutäugige Schönheit aus Neapel oder Palermo, war sie Deutsche, in München geboren. Mit der Airport-Klinik kam sie in Verbindung, als sie sich auf eine ausgeschriebene Schwesternstelle meldete.
    Daß es zwischen ihr und Dr. Hansen zu einem Liebesverhältnis kommen würde, hätte man fast voraussehen können. Vom Temperament, von der Lebensauffassung und von der Genußfreude her schienen sie sich so ähnlich, daß eine intime Beziehung geradezu zwangsläufig war. Von der Stewardeß Evi Borges, die es außerdem im Leben von Dr. Hansen gab, mit ihren leuchtend roten Haaren genau das Gegenteil der schwarzmähnigen Lukrezia, ahnte sie nichts. Es hätte sonst ohne Zweifel ein sizilianisches Drama gegeben. Dies gehörte zur Kunst von Dr. Hansen, seinen Zeitplan so zu jonglieren, daß es zwischen Evi und Lukrezia nie zu Überschneidungen kam. War Evi beruflich unterwegs nach Australien, Singapore, Hongkong oder flog sie nach San Francisco, ließ er sich von Lukrezias sexueller Wildheit hinreißen. Befand sich Evi hingegen für zwei oder drei Tage ›auf dem Boden‹, war er für Lukrezia nicht erreichbar. Er wies dann auf seine große Verwandtschaft hin und daß er sich reihum mal sehen lassen müsse. Wie alle Verliebten glaubte ihm auch Lukrezia diese Ausreden. Es war ja immer nur für drei Tage. Danach konnte sie erneut wie eine Raubkatze über ihn herfallen.
    Bewundernswert war dabei nur Dr. Hansens Durchstehvermögen. Aber wer erst Ende Dreißig ist … na ja.
    »Ich liebe dich«, flüsterte Lukrezia jetzt im Untersuchungszimmer und drängte sich an ihn. »Jeder Tag, jede Nacht ohne dich macht mich verrückt.«
    »Du übertreibst, mein Schatz!« Dr. Hansen blickte auf seine Armbanduhr. In wenigen Minuten würde Evi landen, falls die Maschine pünktlich war. Er mußte sofort in die Wohnung fahren und alles für ihren Empfang vorbereiten. Eine Flasche Champagner, Hummer thermidor, Schinkenröllchen mit Spargel – alles schon besorgt, – um dekorativ auf dem Tisch angerichtet zu werden. »Mach's gut …«
    »Ist das alles, Liebling?«
    »Du hast einen anstrengenden Nachtdienst vor dir.«
    »Ist dir nie der Gedanke gekommen, daß ich dir untreu werden könnte?«
    »Nie. So etwas wie mich findest du nie wieder.«
    »Eingebildeter Affe!« Sie lachte, als er sie wieder küßte und bog sich in seiner Umarmung. »Aber du hast ja recht … wie meist. Schlaf gut!«
    »Danke, mein Schatz.«
    Dr. Hansen ging noch einmal hinüber zur Bettenstation, um nach Herta Frieske zu sehen. Sie saß im Bett und lächelte ihm entgegen.
    »Uns geht's jetzt gut, nicht wahr?« sagte Dr. Hansen.
    »Mein Kopf brummt und sticht.«
    »Ein bißchen Strafe muß sein bei soviel Unsinn! Schwester Britte wird Ihnen ein Schmerzmittel geben. Und dann bringt Sie ein Krankenwagen in die Nord-Klinik.«
    »Warum das denn, Doktor?« Ihre blauen Augen wurden wieder groß und rund.
    »Wo wollen Sie denn sonst hin?«
    »Nach Hause.«
    »In diesem Zustand?«
    »Ich habe keinen Zustand.«
    »Sie wollten sich das Leben nehmen, das ist ›Zustand‹ genug. Wer garantiert mir, daß Sie nicht hier rausmarschieren und sich vors nächste Auto werfen?«
    »Ich verspreche es Ihnen, Doktor.«
    »Versprechungen von Selbstmördern sind gleich Null.«
    »Man kann mich ja zu meinen Kindern bringen, zu meiner Mutter – ist das keine Garantie?«
    »Ich … ich habe Zweifel, Herta.«
    »Sie wollen mich in eine Klapsmühle einweisen, nicht wahr?«
    »Ein hartes Wort. Sie sollen psychiatrisch beobachtet werden.«
    »Das ist das gleiche. Als Reporterin hab ich mal so eine Klinik besichtigt … es war die Hölle! Nächtelang konnte ich nicht mehr schlafen. Mir war der Hals wie zugeschnürt.«
    »So sehen sie das, die Gesunden. Für die Kranken ist es eine Geborgenheit.«
    »Und da wollen Sie mich hinbringen? Doktor, eher springe ich wirklich vor ein Auto.«
    »Nach den gesetzlichen Vorschriften muß ich Sie einweisen. Ein Suizidversuch
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